Die ersten Autos mit Brennstoffzelle fahren durch die Stadt. Kaufen kann man sie jedoch noch nicht. Insgesamt jedoch schnurren bisher nur wenige Pkws mit alternativem Antrieb durch Stuttgart – trotz stark steigender Tendenz.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Läuft das Auto jetzt – oder nicht? Da die neue B-Klasse mit eingebauter Brennstoffzelle keinerlei Motorgeräusche von sich gibt, ist Helmuth Haag, der Sprecher der Wirtschaftsförderung der Region Stuttgart, zunächst etwas verunsichert. Erst der Blick auf das Armaturenbrett schafft Klarheit: Dort zeigt ein Display an, dass es losgehen kann. Der Anzug ist nicht ganz so kraftvoll wie bei einem Diesel, aber ansonsten deutet bei Komfort, Spritzigkeit oder Aussehen nichts darauf hin, dass in diesem Auto Wasserstoff als Energiequelle für einen Elektromotor dient und dass aus dem Auspuff nichts strömt außer Wasserdampf.

 

Seit Kurzem gehört das „F-Cell“-Auto zum Fuhrpark der regionalen Wirtschaftsförderung; jeder Mitarbeiter kann es bei Dienstfahrten ausleihen, ebenso wie drei Elektroautos und zwei Elektroroller. Als Partner beim millionenschweren Förderprogramm „Schaufenster Mobilität“ geht Wirtschaftsförderer Walter Rogg (CDU) mit gutem Beispiel voran. Ein eindrückliches Erlebnis bestärkt ihn übrigens darin: Als er zum ersten Mal per E-Smart unterwegs war, blieb im Wald ein Eichhörnchen direkt vor dem Auto sitzen. „Da der Smart keine Geräusche machte, hatte das Tier keinerlei Angst. Ich musste aussteigen und es regelrecht wegscheuchen“, erzählt Rogg.

Abgerechnet wird in Kilogramm

Insgesamt sind laut Thomas Schwarz, dem Leiter des Statistischen Amtes der Stadt Stuttgart, derzeit 27 Autos mit Brennstoffzelle angemeldet – die meisten davon dürften Testfahrzeuge bei Daimler sein. Die Vorteile der Brennstoffzelle gegenüber der Strombatterie liegen auf der Hand: Die Autos haben eine Reichweite von bis zu 350 Kilometern, und das Tanken dauert lediglich ein paar Minuten. An einer der beiden Wasserstoff-Tankstellen in Stuttgart am Flughafen demonstriert Helmuth Haag den Tankvorgang: Wie bei jedem Auto wird ein Stutzen eingefüllt – nur tankt man nicht Benzin, sondern minus 253 Grad kalten Wasserstoff, und das unter 700 bar Druck. Abgerechnet wird in Kilogramm, das je neun Euro kostet. Auf bekannte Größen übertragen, verbraucht das Auto 3,1 Liter Diesel auf 100 Kilometer – das ist günstig, aber finanziell kein Quantensprung. Reine Stromautos sind da im Vorteil.

Wer sich als Privatmann ein solches F-Cell-Auto anschaffen will, ist sowieso chancenlos: Daimler hat 200 Stück produziert, 100 davon würden in Deutschland unterwegs sein, sagt Daimler-Sprecher Matthias Brock. Die Serie soll, nach mehreren Verschiebungen, jetzt 2017 starten; dann hofft man darauf, dass ein Fahrzeug mit Brennstoffzelle nicht teurer sein wird als ein Elektrohybridauto. Im Moment sind die wenigen Fahrzeuge kaum erschwinglich, das ist der große Nachteil – über die Kosten schweigt sich Daimler aber aus.

Zahl der reinen Elektroautos hat stark zugenommen

Insgesamt surren und schnurren derzeit 3169 Pkws mit alternativem Antrieb durch Stuttgart (siehe Grafik) – das ist im Vergleich zu den sonstigen 283 058 Autos (ohne Lkws) in der Stadt weiterhin eine verschwindend geringe Zahl. Aber es geht vorwärts. Dabei machen die Gasautos, die entweder allein mit Gas oder im Wechsel mit Benzin angetrieben werden, fast zwei Drittel aus. Ihre Attraktivität nimmt eher ab – Strom ist in. Die Zahl der reinen Elektroautos hat, von niedrigem Niveau, deshalb stark auf 431 zugenommen. Das hängt zum einen wiederum an Daimler; mit dem Carsharing-Angebot Car2go sind im November 300 E-Smarts auf einen Schlag auf den Stuttgarter Markt gekommen. Die Minute Leihgebühr kostet 29 Cent.

Zum anderen gibt es mittlerweile ein gewisses Angebot an reinen Elektroautos, die jeder auf dem freien Markt kaufen kann. Renault, Citroën, Mitsubishi, Nissan, Peugeot oder Tesla bieten E-Autos an; das günstigste ist der Smart Fortwo ab 18 910 Euro. Er hat eine Reichweite bis zu 145 Kilometer; dann muss er wieder für einige Stunden ans Netz. Wie man an den genannten Autobauern ersehen kann, ist Daimler mit dem Smart – und dem Vito-Transporter – fast der einzige deutsche Hersteller. Opel hat den Ampera (ab 45 900 Euro) im Programm, der ein anderes Prinzip besitzt: Rein elektrisch fährt man nur 40 Kilometer weit; dann springt ein benzingetriebener Generator an, der den Strommotor weiter mit Energie beliefert. So kommt man laut Opel mehr als 500 Kilometer weit. Volkswagen will den Up und den Golf noch in diesem Jahr in einer Elektrovariante anbieten.

Bund, Land und Region haben Förderprogramme aufgelegt

Die Elektrohybridautos, die einen Elektro- und einen Verbrennungsmotor besitzen, sind ebenfalls auf dem Vormarsch – mehr als 600 davon gibt es mittlerweile in Stuttgart. Auch deutsche Hersteller haben Modelle in ihrem Programm, Audi zum Beispiel den A6 (ab 53 750 Euro) oder BMW den ActiveHybrid 3 (ab 52 300 Euro). Toyota ist aber weiter führend – den Kleinwagen Yaris gibt es ab 16 950 Euro.

Damit die alternativen Antriebe weiter zulegen und insgesamt die nachhaltige Mobilität vorankommt, haben Bund, Land und Region Förderprogramme aufgelegt. Insgesamt rund 60 Millionen Euro fließen daraus in den nächsten Jahren in den Stuttgarter Großraum. Die Landesagentur für Elektromobilität und Brennstoffzellentechnologie Baden-Württemberg, kurz e-mobil, ist die zentrale Anlaufstelle in Stuttgart. 19 Projekte seien mittlerweile bewilligt, sagt Sprecher Wolfgang Fischer. Dazu gehört: die SSB werden ihre Versuche mit Hybridbussen fortsetzen; oder DHL will in Stuttgart umweltschonend Post ausfahren.

Vor der Tür von e-mobil im Stuttgarter Westen steht übrigens ebenfalls ein F-Cell-Fahrzeug. Die Mitarbeiter seien begeistert, sagt Fischer. Nur das Tanken bereite manchmal noch Probleme: „Wenn mal eine Tankstelle ausfällt, steht man schnell auf dem Schlauch.“ Denn trotz der revolutionären Technologie haben Elektro- und Brennstoffzellen-Fahrzeuge eines mit herkömmlichen Autos gemeinsam: wenn der Sprit ausgeht, bleiben sie einfach stehen.