Kultur: Jan Ulrich Welke (juw)

Immerhin: an Schaffenskraft mangelt es Springsteen nicht; „High Hopes“ ist sein bereits viertes Album in den vergangenen fünf Jahren. Seinem Stil bleibt er indes, und da ändert auch Morellos Einsatz nicht wirklich etwas dran, bald schon sklavisch treu. Rocknummern im Viervierteltakt, unterbrochen durch einige Balladen, immer seiner selbst treu bis fast schon hin zum Selbstplagiat – etwa in „Down in the Hole“, das exakt den Schlagzeugrhythmus seines Klassikers „I’m on Fire“ kopiert.

 

Bruce Springsteen ändert sich kein Stück, aber das ist schließlich auch Teil seines immensen Erfolgs. Ketzerisch formuliert hätte jedes der zwölf Stücke auf seinem achtzehnten Album genau so gut auch auf seinem vor vierzig (!) Jahren erschienenen Debütalbum „Greetings from Asbury Park“ zu hören sein können.

Und auch an der Ambivalenz, mit der Springsteen sich einerseits als ehrlicher amerikanischer Patriot und zugleich kritischer Beobachter der Zustände in seiner Heimat sieht, hat sich nichts geändert. Paradigmatisch dafür steht der Song „The Wall“, in dem er einen Besuch in Washington am Gedenkmal für die gefallenen US-Soldaten in Vietnam thematisiert. „Apology and Forgiveness got no Place here at all“ singt Springsteen dort – man könnte lange über diesen Satz nachdenken, noch länger gar, als er es in den Linernotes zu diesem Album selber tut.

Er spiegelt die Wünsche und Sehnsüchte sehr vieler wider

Mit Fundamentalkritik sollte man bei Bruce Springsteen dennoch sparsam sein. Ein junger Kollege hat es in der Online-Ausgabe des Intellektuellenfachblatts „Zeit“ in seiner Rezension dieses Albums gewagt. „So überraschend wie ein Langlaufurlaub“ sei das Werk, heißt es in seiner Suada (was freilich allein durch Angela Merkels diesbezügliche Erfahrungen widerlegt werden könnte), Springsteen sei die „Raufasertapete unter den Stadionrockern“, musikalisch „mit einem Fuß in der Steinzeit und dem anderen in einer überdimensionierten Mehrzweckhalle“ hängen geblieben.

Vierzig Jahre, ein Stil

Immerhin: an Schaffenskraft mangelt es Springsteen nicht; „High Hopes“ ist sein bereits viertes Album in den vergangenen fünf Jahren. Seinem Stil bleibt er indes, und da ändert auch Morellos Einsatz nicht wirklich etwas dran, bald schon sklavisch treu. Rocknummern im Viervierteltakt, unterbrochen durch einige Balladen, immer seiner selbst treu bis fast schon hin zum Selbstplagiat – etwa in „Down in the Hole“, das exakt den Schlagzeugrhythmus seines Klassikers „I’m on Fire“ kopiert.

Bruce Springsteen ändert sich kein Stück, aber das ist schließlich auch Teil seines immensen Erfolgs. Ketzerisch formuliert hätte jedes der zwölf Stücke auf seinem achtzehnten Album genau so gut auch auf seinem vor vierzig (!) Jahren erschienenen Debütalbum „Greetings from Asbury Park“ zu hören sein können.

Und auch an der Ambivalenz, mit der Springsteen sich einerseits als ehrlicher amerikanischer Patriot und zugleich kritischer Beobachter der Zustände in seiner Heimat sieht, hat sich nichts geändert. Paradigmatisch dafür steht der Song „The Wall“, in dem er einen Besuch in Washington am Gedenkmal für die gefallenen US-Soldaten in Vietnam thematisiert. „Apology and Forgiveness got no Place here at all“ singt Springsteen dort – man könnte lange über diesen Satz nachdenken, noch länger gar, als er es in den Linernotes zu diesem Album selber tut.

Er spiegelt die Wünsche und Sehnsüchte sehr vieler wider

Mit Fundamentalkritik sollte man bei Bruce Springsteen dennoch sparsam sein. Ein junger Kollege hat es in der Online-Ausgabe des Intellektuellenfachblatts „Zeit“ in seiner Rezension dieses Albums gewagt. „So überraschend wie ein Langlaufurlaub“ sei das Werk, heißt es in seiner Suada (was freilich allein durch Angela Merkels diesbezügliche Erfahrungen widerlegt werden könnte), Springsteen sei die „Raufasertapete unter den Stadionrockern“, musikalisch „mit einem Fuß in der Steinzeit und dem anderen in einer überdimensionierten Mehrzweckhalle“ hängen geblieben.

Nun ja, am Wochenende hat sich der Jungspund – Stand gestern Nachmittag – 186 Kommentare eingefangen, die positiven lassen sich an einer Hand abzählen. Das liegt gewiss auch daran, dass der nassforsche Hipster in Gedanken vielleicht schon bei der übermorgen angesagten Eintagsfliege war und im Umkehrschluss eine Lebensleistung gering schätzt. Denn auch wenn der „Boss“ gewiss noch nie für die Neuerfindung des musikalischen Rads stand (wobei da wiederum auch an die „Seeger Sessions“ erinnert werden muss, wo Springsteen durchaus zu ganz neuen Ufern aufbrach) und sich auch auf diesem natürlich nicht schlechten, aber gewiss nicht außergewöhnlichen Werk sehr, sehr treu bleibt: Er spiegelt die Wünsche, Sehnsüchte und Hoffnungen sehr vieler Menschen wider. Nicht umsonst trägt Bruce Springsteen seine Konzerte üblicherweise in Stadien aus.

Seine Musik mag man als relativ eindimensional, die Attitüde des „ehrlichen“ Rockers als leidlich abgedroschen empfinden. Abkanzeln sollte man diese Geisteshaltung jedoch nicht. Denn sterben darf die hehre Hoffnung auf bessere Zeiten keinesfalls.