Beim ersten Treffen der Steuerungsgruppe, die die Aufarbeitung der Heimgeschichte und die schweren Missbrauchsvorwürfe koordinieren soll, fliegen die Fetzen zwischen einem Vertreter der Heimopfer und der Brüdergemeinde. Dabei waren beide Seiten vor zwei Monaten vielversprechend mit ihrem Projekt gestartet.

Korntal-Münchingen - Es ist viel von Einigung die Rede – doch ganz so einmütig, wie es sich in dem Entwurf der Pressemitteilung liest, soll das erste Treffen der Steuerungsgruppe, die die Aufarbeitung der Heimgeschichte der Brüdergemeinde koordinieren soll, nicht verlaufen sein. Im Gegenteil, von heftigen Streits ist die Rede. Auch inhaltlich habe es gleich in mehreren Punkten Uneinigkeit gegeben, sagt Detlev Zander, der den erlebten Missbrauch öffentlich gemacht hatte. Eine für Montag angekündigte gemeinsame Pressemitteilung sei deshalb noch nicht versandt worden.

 

Daraufhin gab Zander, der mit zwei weiteren Heimopfern an dem Treffen teilnahm, die Entwürfe weiter – auch weil er die zuvor „vielfach beschworene Transparenz“ nicht sehe. Der Vorsteher der Brüdergemeinde, Teil der dreiköpfigen Delegation dieser Seite, war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

Zander wirft der Brüdergemeinde erneut Alleingänge vor – dabei sei bei den vorangegangenen Sondierungsgesprächen eine enge Zusammenarbeit vereinbart worden. Und es gebe „nach wie vor große Unterschiede hinsichtlich der Umsetzung der festgelegten Eckpunkte“, schreibt er in seinem eigenen Entwurf für die Pressemitteilung über das Treffen.

Denn laut Zander wolle die Brüdergemeinde den Zeitraum, der aufgearbeitet werden soll, schon 1980 enden lassen – viel früher als vereinbart. Auch gebe es Überlegungen, die von beiden Seiten mit der Gesamtleitung beauftragte Professorin Mechthild Wolff für die Aufarbeitung von der Uni Landshut freistellen zu lassen und bei der Brüdergemeinde anzustellen. „Wo bleibt dann ihre Unabhängigkeit?“

Auch eine andere Personalie sieht er kritisch: Joachim Fritz, der heute für die Kinderheime verantwortlich ist. Das Treffen sei „fast eskaliert“, sagt Zander. Schon zuvor hatte er Kritik daran geäußert, dass Fritz Mitglied der Steuerungsgruppe sei, weil dieser sich herablassend gegenüber Betroffenen verhalten habe. Fritz habe ihn dann bei dem Treffen angeschrien, erst eine Intervention des Diakonie-Geschäftsführers Veit-Michael Glatzle und eine Unterbrechung habe die Situation beruhigt. Der Streit soll deshalb eskaliert sein, weil Fritz im Gegenzug Zanders Mitwirkung in der Steuerungsgruppe infrage gestellt habe. Begründet habe er das mit dessen Festhalten an einer möglichen Klage.

Zander sieht es darüber hinaus kritisch, dass die Brüdergemeinde für die Betriebskosten des gesamten Aufarbeitungsprozesses „Verantwortung übernehmen“ wolle, wie es in der Mitteilung heißt. Ihm wäre ein Fonds lieber, über den alle Beteiligten bestimmen könnten. Auch die Gründung der Stiftung sei infragegestellt worden. Aus deren Mitteln sollten die Entschädigungen an die Betroffenen kommen, die keine Zahlungen aus dem bundesweiten Fonds erhalten – weil sie sich zu spät gemeldet haben oder ihre Fälle nach 1975 passiert waren.

Nach der SWR-Talksendung Nachtcafé, bei der Zander eingeladen war, hat dieser Hoffnung auf eine erste Geldgeberin für den Korntaler Fonds geäußert. Das selbsternannte Starlet Tatjana Gsell, auch Gast, habe ihm Hilfe zugesichert. Auf Anfrage sagte deren Management jedoch, dass diese derzeit über kein großes Budget verfüge. „Aber für die Zukunft ist das eine Option.“