Das ehemalige Heimkind Detlev Zander erhält endgültig keine Prozesskostenhilfe. Für ihn ist die juristische Aufarbeitung damit aber noch nicht erledigt.

Korntal-Münchingen - Die Hoffnungen von Detlev Zander auf eine finanzielle Unterstützung für seine Missbrauchsklage gegen die Evangelische Brüdergemeinde Korntal sind geplatzt. Denn auch das Oberlandesgericht Stuttgart verwehrt ihm die Prozesskostenhilfe. Das geht aus einem am Dienstag veröffentlichten Beschluss hervor. Der Mann fordert von der Diakonie, dem Träger des Kinderheims Hoffmannhaus, wegen schweren sexuellen Missbrauchs und Misshandlungen 1,1 Millionen Euro.

 

Das Gericht hat damit Zanders Beschwerde gegen eine gleichlautende Entscheidung des Landgerichts abgewiesen. „Ich bin nicht überrascht“, sagte der 53-Jährige in einer ersten Reaktion. „Aber ich habe nicht verloren, auch moralisch nicht.“ Es sei „jämmerlich und schäbig“, dass die Brüdergemeinde erneut auf die Verjährung der Taten gepocht. Sie habe damit die gerichtliche Klärung der Vorwürfe verwehrt. „Wie ist das in Einklang zu bringen mit den großen Sprüchen von der Aufarbeitung?“ Anders als im Strafrecht gelten Verjährungsfristen in Zivilverfahren nur, wenn sich eine der Parteien darauf beruft.

„Die juristische Positionen der Diakonie Korntal wurden bestätigt“, sagt hingegen der weltliche Vorsteher der Brüdergemeinde, Klaus Andersen. Er hält daran fest, die extern begleitete Aufarbeitung fortzusetzen. „Zu einer fundierten unabhängigen Aufarbeitung gibt es keine Alternative.“

Zander will dennoch weiter für eine Entschädigung seiner Erlebnisse und seine Zeit im Kinderheim Hoffmannhaus zwischen 1963 bis 1977 kämpfen. „Wir machen trotzdem weiter. Es ist noch nicht vorbei“, kündigte Zander an. Er und seine Mitstreiter wollen nun Spenden sammeln, um doch noch vor Gericht ziehen zu können. Die Kosten für eine Klage bemessen sich nach dem Streitwert, bei der Ursprungsforderung wären das knapp 50 000 Euro gewesen. Zanders Anwalt Christian Sailer ist skeptisch: „Ich rate ihm nicht, ohne Prozesskostenhilfe den Prozess zu führen.“

Unabhängig davon hatte Zander Ende Januar der Brüdergemeinde zudem ein Vergleichsangebot gemacht, in dem er nur noch rund 127 000 Euro forderte. Darauf habe er noch keine Antwort erhalten, so Zander. Die Brüdergemeinde hatte zwar bestätigt, das Schreiben erhalten zu haben, war aber laut ihrem Sprecher vor dem Hintergrund der juristischen Auseinandersetzung nicht darauf eingegangen. „Ich bin denen so weit entgegengekommen, aber von denen kommt nichts“, sagt Zander enttäuscht. Er hatte an dem Vergleich festgehalten, obwohl sein Anwalt ihm auch in diesem Fall abgeraten hatte. Der bezeichnet die im Vergleich genannte Summe „einen Witz“, auch wenn er sich freue, „wenn Zander wenigstens 127 000 Euro bekommt“.

Es ist nicht das erste Mal, dass Zander auf die Brüdergemeinde zugeht. Er habe sich ernsthaft überlegt, das gerichtliche Verfahren zu stoppen, um der Aufarbeitung nicht im Wege zu stehen. „Ich dachte nach dem ersten Gespräch, das wird was“, sagt er über das erste Sondierungstreffen mit der Erziehungswissenschaftlerin Mechthild Wolff. Das Gefühl sei aber nach dem zweiten Treffen am vergangenen Freitag ins Gegenteil gewichen. Die Vertreter der Brüdergemeinde hätten sehr viel dessen relativiert, was sie im Beisein der Presse angekündigt hätten. Er sei nach dem zweiten Treffen „machtlos und irritiert“ gewesen. Die Brüdergemeinde bewertet das Treffen völlig anders. Es sei konstruktiv verlaufen, so der Sprecher Manuel Liesenfeld.