Für die Händler, deren Geschäfte an die Baustelle des Bülow-Carrés grenzen, sind die Bauarbeiten eine Belastung.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

S-Mitte - Die Lautenschlagerstraße soll zu einer Nebenachse der Haupteinkaufsmeile Königstraße werden. Derzeit sind aber noch die Bagger am Werk. Bereits am frühen Vormittag ist der Baulärm nicht zu überhören. Die Hälfte der Straße wird von Baufahrzeugen eingenommen, entsprechend weniger Platz hat der normale Autoverkehr dort. Fußgänger können nur noch auf einer Straßenseite gehen. Für die Geschäfte vor Ort ist dies ein Graus.

 

In der Lautenschlagerstraße wird aber nicht erst seit gestern gebaut, einiges ist schon fertig: Im neuen Postquartier am Anfang der Lautenschlagerstraße sind inzwischen Mieter eingezogen, gegenüber hat die Hotelkette Motel One bereits die Betten aufgeschüttelt. Jetzt sind die Bauarbeiter am Bülow-Carré, wie das entstehende Einkaufszentrum heißen soll, zu Gange. Im Frühjahr 2013 soll die Lautenschlagerstraße dann aus ihrem Dasein als Aschenputtel geholt werden. Darauf hoffen auch einige Geschäfte, die in der Straße schon länger ansässig sind. „Als anfangs das Haus gegenüber abgerissen wurde, hat uns der Lärm schon sehr gestört“, sagt eine Mitarbeiterin der Friseurkette Toni & Guy. „Allerdings profitieren wir jetzt schon davon, weil wir viel mehr Laufkundschaft haben“, sagt die Friseurin. Da es nur noch einen Fußgängerweg gibt, gehen die Passanten direkt am Laden vorbei. Dadurch komme eher mal der eine oder andere rein.

Fehlende Information und Umsatzeinbruch

Das ist bei anderen Geschäften nicht der Fall. Horst Bansemer ist die Baustelle vor seinem Geschäft „1000schön“ eher ein Dorn im Auge. „Jede Baustelle stört. Das ist aber eine Geschichte, gegen die ich mich nicht wehren kann“, sagt der Ladenbesitzer. Die Baustelle kann er akzeptieren, aber dass die Geschäfte nicht darüber informiert wurden, dass dabei die Straße verengt wird, das ärgert ihn. „Wir können vor allem im Sommer unsere Ware nicht mehr draußen stehen lassen“, sagt Bansemer. Auch die Türe müsse er wegen des Lärms und des Staubs immer geschlossen halten. Im Sommer müsse er einen großen Umsatzeinbruch hinnehmen. Doch im Vergleich zur Baustelle während des Hotelbaus und während des Abbruchs des Gebäudes gegenüber halten sich für ihn die Ärgernisse insgesamt im Rahmen. „Während des Hotelbaus hatten wir den ganzen Tag Stau vor unserer Tür“, sagt er.

Auch Domenico Sorice aus dem Modeladen The flashgib spürt die Auswirkungen der Baustelle. „Anfangs konnte ich alle fünf Minuten den Boden wischen, weil die Kunden immer den Dreck von der Baustelle reingebracht haben“, sagt der Geschäftsführer der Boutique. Viele Fußgänger haben aus seiner Sicht die Straße anfangs wegen der Baustelle gemieden.

Angst vor Erhöhung der Mietpreise

Einkaufsfreudige stört der Lärm der Baustelle aber oft eher weniger, Restaurantbesucher dagegen sehr. Keiner will beim Essen im Baustellenlärm sitzen. Besonders das asiatische Restaurant ist betroffen, da es erst vor kurzem aufgemacht hat. „Ich hoffe, dass die Baustelle so schnell wie möglich fertig ist“, sagt der Geschäftsführer des Asia 5 Stars. Bisher gehe sein Lokal durch die Baustelle völlig unter. Nebenan im El Chico ist es ähnlich. „Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob es tatsächlich am Lärm liegt. Im Sommer waren in allen Restaurants hier in der Straße die Tische voll“, berichtet ein Kellner. Lediglich das Problem mit dem Staub sei ihnen auch bekannt gewesen. Die Baustelle bereitet ihm deshalb kein wirkliches Kopfzerbrechen: „Die Stuttgarter lassen sich von so etwas nicht vom Essen abhalten.“

Die Baustelle sorgt aber bei den Geschäften und Restaurants nicht nur für Ärger. Viele hoffen auch auf das neue Einkaufszentrum. „Der Vorteil ist, dass wir ganz sicher mehr Laufkundschaft haben werden, wenn gegenüber auch Geschäfte sind“, sagt 1000schön-Besitzer Bansemer. Auch Domenico Sorice erträgt dafür den Baustellenlärm: „Die Hoffnung auf Besserung danach macht den Ärger wieder wett.“ Doch auch diese Hoffnung wird auf der Straßenseite, auf der sich die kleinen Geschäfte befinden, durch andere Ängste getrübt: „Die Mietpreise werden anschließend sicherlich an den neuen Standard angeglichen werden“, so die Befürchtung Bansemers. Ob sich der Zuwachs an Kunden mit den höheren Mieten rechnet, bleibt für die Händler abzuwarten.