Region: Verena Mayer (ena)
Mutter zu sein ohne Partner bedeutet in Deutschland meist den Abstieg in die Armut. Das belegen viele Studien. Ist das auch Ihre Erfahrung?
Ich glaube nicht, dass man zwingend in die Armut abrutschen muss. Meines Erachtens kommt viel auf das Umfeld an. Wenn es Großeltern gibt, die sich um die Enkel kümmern, können die Mütter länger arbeiten. Und wenn es einen Vater gibt, der Unterhalt bezahlt, ist auch schon viel geholfen. Außerdem gibt es auch Frauen, die einen Job haben, der gut bezahlt ist. All dies trifft auf mich nicht zu, sonst hätte ich nicht die Sorgen, die ich habe.
Müssen Sie auf vieles verzichten?
Nach dem Abzug von Miete und Strom haben wir 900 Euro pro Monat zur Verfügung. Das ist wenig, aber ich kann sehr schwäbisch sein. Es darf allerdings nichts Unvorhergesehenes passieren. Vor Kurzem ging meine Spülmaschine kaputt. Jetzt spüle ich eben von Hand.
Sie haben sich auch extra eine günstigere Wohnung gesucht?
Ja. Die Miete für meine frühere Wohnung in Degerloch war laut den amtlichen Maßstäben zwar angemessen und tatsächlich nicht schrecklich teuer, aber im Winter schimmelte sie, und ich fand die Nebenkosten sehr hoch. Und man muss ja weiter denken. Die neue Wohnung ist 200 Euro günstiger.
War es schwierig, die neue Wohnung zu finden?
Sehr schwierig! Ich habe zweieinhalb Jahre gesucht. Eine Dreizimmerwohnung für 600 Euro ist so gut wie nicht zu finden. Oder es sind Bruchbuden, die man Kindern nicht zumuten will. Und wenn man doch mal was Passendes entdeckt, dann scheitert es eben, wenn man sagt: „Ich bin alleinerziehend mit zwei Kindern und lebe vom Amt.“ Doch dann hatten wir Glück: Über den Vater eines Freundes kam ich an diese tolle, neue Wohnung hier.
Haben Sie sich in den vergangenen drei Jahren sehr verändert?
Ich bin ein anderer Mensch geworden. Ich bin viel selbstbewusster als früher, viel offener und auch offensiver. Ich habe gelernt zu kämpfen. Wenn zum Beispiel jemand vom Amt einen Fehler macht und ich ihn ausbaden muss, dann kann ich ungemütlich werden.
Können Sie ein Beispiel schildern?
Als wir im Juli nach Leinfelden-Echterdingen gezogen sind, hatten Sofia und Henri noch keinen Platz in ihrem neuen Kindergarten. Also wurden sie noch einen Monat in Degerloch betreut. Die Gebühren bezahlte nun nicht mehr die Stadt Stuttgart, sondern das Jugendamt des Landkreises Esslingen. Wie sich herausstellte, überwies das Jugendamt die Gebühren aber für drei Monate. Und bis Degerloch das Geld zurücküberwiesen hatte, sollte ich die Kindergartengebühren selber bezahlen. Aber das kann ja nicht sein! Mir wurde sehr viel Geld, das ich nicht habe, vom Konto abgebucht – obwohl dieser Überweisungsirrtum nicht mein Fehler gewesen ist.
Ist die Sache inzwischen geklärt?
Ja, aber ich musste heftig streiten. Klar passiert jedem mal ein Fehler, aber man kann ihn doch nicht einfach auf andere abzuwälzen. Manchmal denke ich, dass man sich nicht wundern muss, wenn Leute lieber in Hartz IV bleiben, statt wieder zu arbeiten. Das ist doch kein Wunder, wenn man ständig Steine in den Weg gelegt bekommt.