Reportage: Akiko Lachenmann (alm)
Was können Sie hier dagegen tun?
Ich allein kann nichts bewirken. Aber ich unterstütze im Rahmen meiner Möglichkeiten jene Organisationen und Gruppen, die das können. Ich kann beispielsweise sehr gut Englisch. Also helfe ich dabei, Artikel ins Deutsche zu übersetzen. Oder ich übernehme administrative Aufgaben auf ihren Webseiten.
Wem helfen Sie zurzeit?
Seit ein paar Jahren mache ich viel für die Internetseite „Skeptical Science“ des australischen Wissenschaftlers John Cook. Er hat Einfluss auf die Meinungsbildung führender Politiker. Er hat unter anderem im Journal „Environmental Research Letters“ eine viel beachtete Studie veröffentlicht, die zeigt, dass nahezu alle Klimaexperten der Meinung sind, dass die globale Erwärmung von der Menschheit verursacht wird. Präsident Obama und Außenminister John Kerry haben die Studie mehrfach zitiert. Seit der Veröffentlichung wird John Cook von den Klimaskeptikern heftig attackiert. Der Brite Christopher Monckton, ein Verschwörungstheoretiker, hat sogar unterstellt, Cook habe das Journal, das es seit 2006 gibt, eigens ins Leben gerufen, um seine Studie zu veröffentlichen.
Wie haben Sie John Cook konkret unterstützt?
Ich habe – wie weitere 60 weltweit verstreute Mitglieder des Teams – Aufgaben übernommen, die er unmöglich hätte allein bewältigen können. Zum Beispiel habe ich unsere Widerlegungen der Argumente, die gegen einen Klimawandel sprechen sollen, ins Deutsche übersetzt und koordiniere auch die Übersetzungen in andere Sprachen. Für unsere Konsensstudie habe ich die E-Mail-Adressen der Wissenschaftler – an die 2500 von insgesamt mehr als 8000 – herausgesucht und in einer Datenbank gespeichert. Ein simpler Kopieren-und-Einfügen-Job, der mich einige Wochenenden kostete.
Ist das nicht auf Dauer eine recht unbefriedigende Arbeit?
Nein. Wir wissen ja genau, wofür es gut ist. Wären alle richtig informiert, hätten wir längst die richtigen Maßnahmen ergriffen. Es ist bei der ganzen Informationsflut wichtiger denn je, sich vor Irreführung und Falschinformationen zu schützen. Das gilt für alle Themen, nicht nur für den Klimawandel.
Wie kann man sich davor schützen?
Man könnte zum Beispiel den Online-Kurs besuchen, den wir gemeinsam mit der Universität Queensland entwickelt haben. Der Kurs deckt die Methoden auf, mit denen versucht wird, die Meinungsbildung zu manipulieren. Zum Beispiel das „Rosinenpicken“, wenn also nur Beweise aufgeführt werden, die eine angestrebte Meinung untermauern, aber jene Fakten ignoriert werden, die nicht ins Bild passen. Der Kurs legt auch offen, wie sich der Mensch die Welt zu erklären versucht: Lieber eignet er sich ein vollständiges, aber falsches Verständnis an, als ein unvollständiges, aber eher richtiges Verständnis. Er neigt dazu, sich zu merken, was er zuerst gehört hat, und Beiträge zu lesen, die seine eigene Meinung nur bestätigen. Ich habe den Kurs mit vorbereitet, aber auch selbst daran teilgenommen – wie mehr als 15 000 andere. Macht man sich diese Verhaltensmuster bewusst, wirkt das wie eine Impfung gegen Irreführung.
In Europa stellt die Mehrheit der Bürger die Erkenntnisse der Klimaforscher gar nicht in Frage. Gehandelt wird aber trotzdem nicht. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?
Der Klimawandel wird häufig in Form von Katastrophenberichten kommuniziert. Angst ist allerdings ein schlechter Ratgeber. Viele verdrängen die Folgen oder glauben, es werde schon nicht sie, sondern irgendwann irgendwo ganz andere Menschen betreffen. Besser wäre, sachlich zu berichten und im selben Atemzug praktikable Vorschläge zu machen, wie man den Klimawandel aufhalten könnte.
Haben Sie welche parat?
Das Mindeste, was man tun sollte, ist wählen zu gehen, und zwar die Partei mit dem richtigen Programm. Man könnte sich auch der Bürgerlobby Klimaschutz anschließen, die einem genau sagen kann, wo Unterstützung benötigt wird. Diese Lobby ist in Deutschland noch sehr jung, aber in den USA hat sie bereits einiges an Gewicht. Ihr Strategiechef Joseph Robertson spricht direkt mit den Mächtigen dieser Welt, zum Beispiel mit der IWF-Chefin Christine Lagarde. Oder man macht es wie ich und sucht sich sein Einsatzgebiet im Internet.