Reportage: Robin Szuttor (szu)
Wie sieht die aus?
Er war wie ich Opening Batsman, also der Schlagmann, der das Spiel eröffnet. Am Anfang ist es am gefährlichsten. Der Ball ist noch ganz neu und besonders schnell. Außerdem hat der Bowler, also der Werfer, noch seine ganze Kraft. So kann der Ball mit bis zu 140 Stundenkilometern auf einen zukommen und ist relativ schwer zu kontrollieren. Ein schlechter Beginn kann das ganze Spiel entscheiden. Die Opening Batsmen müssen deshalb gelassen bleiben. Oft wollen die Bowler sie zu riskanten Manövern provozieren. Meine Strategie war immer: erst cool auf Sicherheit spielen und ein Punktefundament schaffen. Wenn du dann richtig ins Spiel gefunden hast, siehst du den Ball so groß wie einen Fußball, dann hast du das Auge dafür. Und dann ist immer noch Zeit für extravagante Schläge.
Wie weit brachten Sie es?
In Sri Lanka gibt es, ähnlich wie in den USA, Collegemannschaften. Ich habe schon auf sehr hohem Niveau gespielt, aber in die Nationalmannschaft schaffte ich es nie. Ich hätte auch nicht die Möglichkeit dazu gehabt, weil ich nicht in der richtigen Schule war. Damals wurden Nationalspieler nur aus den Topschulen rekrutiert. Meine Leistung hätte auch ganz sicher nicht für das Nationalteam gereicht. Mein Vater machte mir außerdem zunehmend Druck, endlich eine berufliche Karriere einzuschlagen und die Cricketkarriere sein zu lassen.
Wofür entschieden Sie sich?
Ich ging auf eine Hotelschule und spielte natürlich Cricket in der Hotelmannschaft. Es gibt bei uns Ligen in jeder Branche, die Cricketliga der Banker, der Modeverkäufer und so weiter. Ich steckte aber meine ganze Kraft in den Beruf. Ich will immer Schritt für Schritt nach oben gehen, das ist meine Art. Ich muss lieben, was ich mache, ich kann nicht acht Stunden am Tag nur absitzen. Nach ein paar Jahren hatte ich es bis ins Management geschafft.
Dann lief Ihnen Ihre Frau über den Weg?
Ich ihr. Yvonne saß an der Bar des Restaurants und wartete auf ihre Reisegruppe. Wir verstanden uns sofort. Als sie weiterreiste, fuhr ich hinterher. Ich entführte sie sozusagen aus ihrer Gruppe und zeigte ihr mein Sri Lanka. Als sie zurückflog, war schon klar, dass es uns ernst ist. Ein Jahr lang haben wir täglich telefoniert. Ich konnte mir eigentlich nie vorstellen, mein Land zu verlassen. Meine Freunde verstehen es heute noch nicht, dass ich gegangen bin. Aber ich zog zu ihr, und wir heirateten. Seit 15 Jahren bin ich hier.
Wie war der Anfang?
Ich lernte gleich Deutsch. Mein erster Job war dann der eines Pagen im Holiday Inn. Zunächst empfand ich es als Schock, wieder ganz unten auf der Karriereleiter zu stehen. Aber ich war bereit dafür. Als nächsten Schritt bewarb ich mich im neuen Le Méridien. Der Direktor wollte mich als Doorman mit Zylinder und Uniform. Das war sehr ungewohnt für mich. Aber ich habe Gas gegeben, schaffte es sogar zum Mitarbeiter des Jahres. Es war eine sehr interessante Arbeit. Ich half Luciano Pavarotti aus dem Auto, die Rolling Stones begrüßten mich per Handschlag, worauf die Fans draußen meine Hand küssten – verrückt. Es folgte die Beförderung zum Junior Concierge, dann zum Concierge. Als Concierge muss man Wünsche möglich machen. Bei Lionel Richie, der in einem Kirchheimer Restaurant essen wollte, war das kein großes Problem. Doch bei einem Scheich, der, um ungestört reisen zu können, gleich einen ICE kaufen wollte, stieß ich an Grenzen.