Reportage: Frank Buchmeier (buc)
Sie waren insgesamt vier Jahre im Auslandseinsatz. Was hat Sie am meisten beeindruckt?
Die verkrüppelten sudanesischen Jungen, die immer hergekrabbelt kamen, wenn wir im Flüchtlingslager El-Sherif auftauchten. Abu Shena und Sabre, ich nenne sie „die Polio-Brüder“, wuchsen mir ans Herz. Ich brachte die beiden in ein Rehazentrum, wo sich herausstellte, dass nur der zwölfjährige Abu Shena tatsächlich an Polio erkrankt ist. Der zehnjährige Sabre konnte nicht laufen, weil er seinem Bruder von klein auf hinterhergekrabbelt war. Sabre trainiert nun mit einer Gehhilfe, und für Abu Shena ließen wir einen Rollstuhl anfertigen. All diese kleinen Hilfsprojekte, auch der bereits erwähnte Kindergarten, sind nur durch den Verein „Lachen Helfen“ möglich geworden.
Wenn ich Sie von Ihren Auslandseinsätzen erzählen höre, frage ich mich, ob Sie Ihr jetziger Job am Stuttgarter Flughafen ausfüllen kann.
Wir haben genug zu tun, aber ich würde gerne meine im Kosovo, in Afghanistan und dem Sudan gewonnenen Erfahrungen noch stärker in den Dienstalltag einbringen können. Es ist ja nicht nur so, dass ich mein Englisch massiv verbessern konnte, ich habe auch – wie es im Behördendeutsch heißt – „interkulturelle Kompetenz“ erworben: Ich habe gelernt, mit sehr unterschiedlichen Menschen klarzukommen.
Sie stammen aus prekären sozialen Verhältnissen. Haben Sie eine Erklärung dafür, warum Sie nicht auf die schiefe Bahn geraten sind?
Das habe ich mich auch schon oft gefragt, weil ich weiß, dass mancher Junge kriminell wurde, der mit mir im Kinderheim war. Grundsätzlich glaube ich, dass jeder Herausforderungen braucht. Als Jugendliche haben wir uns Mutproben ausgedacht, um einen Kick zu spüren. Seit ich bei der Polizei bin, kann ich meinen Elan positiv nutzen. Ich hatte allerdings das große Glück, dass mich mein Berliner Vormund auf diese Bahn gelenkt hat. Vermutlich benötigt jeder Jugendliche jemanden, der zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Worte für ihn findet.