Region: Verena Mayer (ena)
Warum war das Theater derart ramponiert?
Das hat sich meines Wissens in mehreren Etappen zugetragen. Um 1976 zum Beispiel wurde die Bühnenrampe zerstört, damit mehr Platz für ein größeres Orchester war. Einmal, das war 1977 für einen Besuch des spanischen Königs, wurde das Theater so stark aufgeheizt, dass das Holz Risse bekam und die Bespannungen und Bemalung Schaden nahmen. Am schlimmsten aber war ein Eingriff Mitte der 80er Jahre: Für eine einzige Inszenierung wurde die gesamte Kulissenmaschinerie ausgebaut. Mit Äxten und Motorsäge. Das war brutal.
Tut Ihnen das weh?
Die Vorstellung schmerzt mich wirklich. Wobei man den Künstlern keinen Vorwurf machen darf. Wahrscheinlich haben die Leute einfach nicht gedacht, dass die Maschinerie eine Zukunft haben kann. Das Schlosstheater hat ja damals nicht mehr hundertprozentig funktioniert. Es war schon über 200 Jahre alt und lange Zeit ungenutzt gewesen. Erst in den 1970er Jahren war es für die Schlossfestspiele reaktiviert worden.
Am 23. Mai 1758 fand die erste Aufführung auf der Bühne statt. Wie sahen die Inszenierungen in der damaligen Zeit aus?
Herzog Carl Eugen war nach seinem Theater süchtig, so wie heutzutage manche Menschen fernsehsüchtig sind. Deshalb gab es jeden zweiten Tag eine Aufführung. Ich stelle mir also vor, dass nicht jede Inszenierung besonders hochwertig war. Aber selbstverständlich gehörten zum Theater ein Orchester und ein professionelles Ensemble. Bezeichnend finde ich die Form des Zuschauerraums: Die Ränge haben die Form einer Lyra. Sie sind also zueinander ausgerichtet, nicht auf die Bühne, wie es heutzutage üblich ist. Es ging also eher um sehen und gesehen werden.
Waren immer alle 308 Plätze besetzt?
Ich denke nicht. Viele Aufführungen waren nur für den Herzog und eventuell noch seinen Hofstab. Carl Eugen ist gerne auch selbst als Akteur eingesprungen, wenn ihm ein Schauspieler oder Sänger nicht gut genug war.
Gehen Sie selbst viel ins Theater?
Seit das Schlosstheater restauriert ist, bin ich bei jeder Inszenierung dabei. Egal, ob eine große Oper gegeben wird oder ein kleines Ein-Mann-Stück. Schon allein, um aufzupassen, dass nichts zerstört wird.
Zerstört?
Oh ja! Zum Beispiel waren hier mal drei Damen, die ein Konzert mit einem Flügel und zwei Celli gespielt haben. Schon beim Aufbau habe ich gesehen, dass sie eine Nebelanlage benutzen wollen. Aber das ist verboten. Die darin enthaltenen Chemikalien würden die kostbaren Bemalungen im Theater angreifen. Also habe ich den Gebrauch der Anlage untersagt. Doch die jungen Damen meinten wohl, wenn das Programm erst läuft, werde schon nichts passieren. Von wegen! Als ich während der Aufführung den Nebel gesehen habe, dachte ich, es brennt. Zum Schutz der Zuschauer habe ich vorschriftsmäßig den Brandschutzvorhang heruntergelassen. Und die Feuerwehr rannte auf die Bühne, um die Ursache zu lokalisieren. Es war die Nebelmaschine! Die drei Damen haben natürlich einen ordentlichen Schrecken bekommen.
Hat die Arbeit am Theater Sie verändert?
Definitiv! Sie hat meinen Horizont im kulturellen Sinne erweitert. Als ich hier angefangen habe, war klassische Musik nicht meine Welt. Ich hatte keinen Draht dazu. Da ich dann aber ja immer bei den Proben und Veranstaltungen dabei war, hat sich mein Herz dafür geöffnet. Heute gefällt mir klassische Musik ganz gut. Und wenn ein Stück doch mal nicht meinen Geschmack trifft, kann ich das begründen. Früher habe ich halt gesagt: Das gefällt mir nicht.