Die Bundesregierung legt weitere Milliarden zur Seite, um die Kosten der Flüchtlingskrise zu schultern. 2015 gab es ein Rekordplus von 12,1 Milliarden Euro im Etat.

Berlin - Das Bundesfinanzministerium spricht von einer historischen Zahl: Der Bund hat im vergangenen Jahr einen geradezu sensationellen Haushaltsüberschuss von 12,1 Milliarden Euro verbucht. So viel Geld lag beim Staat noch nie auf der hohen Kante. An die schwarze Null haben sich die Bürger inzwischen gewöhnt. Erstmals wies der Bund für 2014 einen ausgeglichenen Haushalt aus. Doch an zweistellige Milliardenüberschüsse hatte bis zuletzt kaum jemand in der Regierung geglaubt. Zuletzt gab es im Jahr 1969 ein Etatplus.

 

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) beugt dem Eindruck vor, dass der Staat im Geld schwimmt. In normalen Zeiten hätte die Nachricht von hohen Überschüssen die Fantasien in Ministerien und Verbänden geweckt, das Geld für neue Vorhaben auszugeben. Das will Schäuble verhindern. „Wir werden die Rücklage dringend brauchen, um die zusätzlichen Leistungen zur Unterbringung und Integration der Flüchtlinge zu finanzieren“, erklärte der Minister.

Die schwarze Null ist für Schäuble ein Markenzeichen

Der überraschende Milliardensegen führt dazu, dass die finanziellen Folgen der Flüchtlingskrise zunächst verkraftet werden können. Schäubles Chancen sind gestiegen, mit Hilfe der Überschüsse aus 2015 auch in diesem Jahr eine schwarze Null zu erreichen. Der Finanzminister betrachtet dieses Ziel als Markenzeichen der schwarz-roten Finanzpolitik und hält daran fest. Nach der Lesart des Finanzressorts sei die Konjunktur so robust, dass es für staatliche Programme zur Erhöhung der Nachfrage keinen Bedarf gebe, hieß es in Regierungskreisen. In den internen Verhandlungen beharrt Schäuble darauf, die Überschüsse zu nutzen, um die Belastungen durch die Flüchtlingskrise aufzufangen. Weil Schäuble weiß, dass diese Vereinbarung aus dem abgelaufenen Jahr schnell in Vergessenheit gerät, weist er darauf hin, dass es so im Haushaltsgesetz 2016 festgelegt ist.

Weil bereits im vergangenen Jahr absehbar war, dass die Einnahmen höher sein werden als die Ausgaben, wurde eine Rücklage gebildet. Zunächst plante Schäuble mit einer Rücklage von sechs Milliarden Euro. Zweck der Aktion: die Überschüsse, die im Haushaltsjahr 2015 anfallen, werden auf das laufende Jahr übertragen, um die hohen Flüchtlingskosten zu decken. Getreu dieser Logik wurde das erwartete Plus von sechs Milliarden Euro schon im Bundeshaushalt 2016 verplant. Dass mit der Endabrechnung nun ein doppelt so hoher Betrag zur Verfügung steht, schafft neuen Spielraum. Der Bund ist damit gegen zusätzliche Belastungen in der Flüchtlingskrise gewappnet. Dass unerwartete Kosten anfallen, gilt als sicher. Denn nach wie vor sind die Zuwanderungszahlen hoch.

Wenn die Länder mehr Geld fordern, kommt eine Absage

Das Finanzministerium baut in einem Punkt bereits vor: Wenn die Länder angesichts des Milliardenüberschusses mehr Geld vom Bund fordern, lautet die Antwort aus Berlin: Von den sprudelnden Steuereinnahmen profitieren auch die Länder.

Schäuble verweist darauf, dass die guten Etatzahlen nur möglich waren, weil die Regierung der Versuchung widerstand, das Geld gleich wieder auszugeben. Das zeigt sich daran, dass die Ausgaben im vergangenen Jahr um 2,6 Milliarden Euro unter dem Plan lagen. Insgesamt beträgt das Etatvolumen 299,3 Milliarden Euro – die Rücklage für das laufende Jahr ist hier noch nicht enthalten. In der Haushaltspolitik hatte die Regierung aber auch Glück: Die Zinsausgaben für die Bundesschuld betrugen 2015 nur noch 21,3 Milliarden Euro. Das ist wegen der Niedrigzinsen ein neuer Tiefstand.