In den Dossiers waren laut Hechelhammer Einzelerkenntnisse des Dienstes notiert, die bei der Aufklärung angefallen und quasi für den Chef Gehlen aussortiert worden waren. „Intime Details“, sagte der BND-Chefhistoriker, wurden in den Akten jedoch „bislang nicht gefunden“.

 

Inhaltlich unterschieden sich die Dossiers nach bisherigem Kenntnisstand erheblich. In den Ordnern über Strauß und Globke etwa, denen Gehlen besonders zugetan war, fanden sich vor allem Unterlagen zu Diffamierungskampagnen aus Ostdeutschland und kritische Presseberichte. In der Akte Globke spielt auch der Prozess in Israel gegen Adolf Eichmann eine Rolle. Hier hatte der BND mit Rückendeckung Adenauers in Tel Aviv durchgesetzt, dass Globke – der als Chefkommentator der Nürnberger Rassegesetze eine Mitverantwortung für den Holocaust trug – im Prozess nicht als Zeuge auftreten musste.

Über den „Spiegel“ gab es ein Sammel-Dossier

In der 37 Dokumente umfassenden Akte Wehner sind Berichte über einen Besuch des SPD-Politikers beim jugoslawischen Präsidenten Tito abgelegt. Noch bis zuletzt sammelte Gehlen zudem Informationen über Wehners Zeit im kommunistischen Widerstand. In dem Dossier findet sich der Vermerk, man werde das Kanzleramt über den Politiker informieren, um Rednerauftritte Wehners zu Wiedervereinigungsfragen im Bundestag zu verhindern. Anlass war eine Ende 1958 von Wehner angestoßene Initiative zur Wiedervereinigung. Augsteins Dossier schließlich enthielt laut Hechelhammer insgesamt 11 Dokumente. Darin ging es unter anderem um dessen möglichen Ausschluss aus der FDP, um einen Auftritt in der Redaktionskonferenz der „Süddeutschen Zeitung“ sowie angebliche finanzielle Probleme.

Untergebracht war die Sonderkartei in einem Raum unmittelbar unter dem Dienstzimmer des BND-Präsidenten in Pullach. Nur er selbst und seine langjährige Vertraute Annelore Krüger hatten dort Zugang. Hechelhammer spricht von einem „kontrollierten Zugriff“ auf sensible Informationen, mit denen Gehlen „seine politische Position in der innenpolitischen Landschaft festigen“ wollte. Der BND-Präsident habe Strauß, vor allem aber Globke – mit dem er fast täglich Kontakt hatte – mit nachrichtendienstlichen Informationen versorgt, um sich selbst unentbehrlich zu machen. Hechelhammer zitierte in diesem Zusammenhang den 1961 enttarnten KGB-Spion im BND, Heinz Felfe. Der hatte in seinen Erinnerungen den Dienst als „Privatdetektivinstitut von Globke“ bezeichnet.

Hechelhammer zufolge sei man bei der Auswertung von Archivdokumenten auf „verstreute Akten“ aus der Sonderkartei gestoßen. Auch habe man einzelne Dossierinhalte rekonstruieren können. Anhand der Übergabe- und Vernichtungsprotokolle 1969/70 konnte man zudem einen, wenn auch vermutlich nicht vollständigen Überblick des Umfangs der Kartei erhalten. Danach seien in der Gehlen-Kartei insgesamt 210 Persönlichkeiten erfasst gewesen, deren Dossiers zwischen einer und 500 Seiten stark waren. Erfasst waren Politiker aller Bundestagsparteien – die meisten von der SPD (39 Prozent), gefolgt von CDU (36), FDP (14) und CSU (9). Den dicksten Ordner hatte der CSU-Politiker Franz Josef Strauß; aber auch Adenauers rechte Hand, Kanzleramtschef Hans Globke, sowie Herbert Wehner (SPD), Wolfgang Döring (FDP) und Jakob Kaiser (CDU) waren in der Kartei vertreten. Neben Politikern enthielt die Kartei auch Informationen über „Spiegel“-Gründer Rudolf Augstein und die – von Adenauer kurzzeitig als Kommunistin (!) verdächtigte – Meinungsforscherin Elisabeth Noelle-Neumann. Darüber hinaus gab es auch Ordner über den Springer Verlag und den „Spiegel“.

Die dickste Akte war über Franz-Josef Strauß

In den Dossiers waren laut Hechelhammer Einzelerkenntnisse des Dienstes notiert, die bei der Aufklärung angefallen und quasi für den Chef Gehlen aussortiert worden waren. „Intime Details“, sagte der BND-Chefhistoriker, wurden in den Akten jedoch „bislang nicht gefunden“.

Inhaltlich unterschieden sich die Dossiers nach bisherigem Kenntnisstand erheblich. In den Ordnern über Strauß und Globke etwa, denen Gehlen besonders zugetan war, fanden sich vor allem Unterlagen zu Diffamierungskampagnen aus Ostdeutschland und kritische Presseberichte. In der Akte Globke spielt auch der Prozess in Israel gegen Adolf Eichmann eine Rolle. Hier hatte der BND mit Rückendeckung Adenauers in Tel Aviv durchgesetzt, dass Globke – der als Chefkommentator der Nürnberger Rassegesetze eine Mitverantwortung für den Holocaust trug – im Prozess nicht als Zeuge auftreten musste.

Über den „Spiegel“ gab es ein Sammel-Dossier

In der 37 Dokumente umfassenden Akte Wehner sind Berichte über einen Besuch des SPD-Politikers beim jugoslawischen Präsidenten Tito abgelegt. Noch bis zuletzt sammelte Gehlen zudem Informationen über Wehners Zeit im kommunistischen Widerstand. In dem Dossier findet sich der Vermerk, man werde das Kanzleramt über den Politiker informieren, um Rednerauftritte Wehners zu Wiedervereinigungsfragen im Bundestag zu verhindern. Anlass war eine Ende 1958 von Wehner angestoßene Initiative zur Wiedervereinigung. Augsteins Dossier schließlich enthielt laut Hechelhammer insgesamt 11 Dokumente. Darin ging es unter anderem um dessen möglichen Ausschluss aus der FDP, um einen Auftritt in der Redaktionskonferenz der „Süddeutschen Zeitung“ sowie angebliche finanzielle Probleme.

Untergebracht war die Sonderkartei in einem Raum unmittelbar unter dem Dienstzimmer des BND-Präsidenten in Pullach. Nur er selbst und seine langjährige Vertraute Annelore Krüger hatten dort Zugang. Hechelhammer spricht von einem „kontrollierten Zugriff“ auf sensible Informationen, mit denen Gehlen „seine politische Position in der innenpolitischen Landschaft festigen“ wollte. Der BND-Präsident habe Strauß, vor allem aber Globke – mit dem er fast täglich Kontakt hatte – mit nachrichtendienstlichen Informationen versorgt, um sich selbst unentbehrlich zu machen. Hechelhammer zitierte in diesem Zusammenhang den 1961 enttarnten KGB-Spion im BND, Heinz Felfe. Der hatte in seinen Erinnerungen den Dienst als „Privatdetektivinstitut von Globke“ bezeichnet.

Ist Gehlen für den heutigen BND „nicht traditionsfähig“?

Klaus-Dietmar Henke, Vorsitzender der Unabhängigen Historikerkommission, nannte das damalige Vorgehen Gehlens „innenpolitischen Machtmissbrauch“. Allerdings habe der BND nicht eigenmächtig gehandelt. Vielmehr habe Gehlen mit Wissen und Wollen von Kanzler Adenauer so gehandelt, „mit dem ihn eine übereinstimmende ideologische Grundüberzeugung verband“. Gehlen sei „von einem zwanghaften, erratischen Antikommunismus geprägt“ gewesen, der dazu führte, dass er „alles links vom konservativen Mainstream“ als Gegner und potenziellen Ostspion einstufte. Das traf vor allem führende Politiker aus SPD und FDP, aber auch prominente Christdemokraten wie die beiden aus der DDR geflüchteten Politiker Ernst Lemmer und Jakob Kaiser sowie parteiinterne Widersacher von Adenauer. Über alle diese Persönlichkeiten ließ Gehlen für das Kanzleramt sensible politische und persönliche Details in Erfahrung bringen. Henkes Fazit: „Reinhard Gehlen ist für den heutigen BND nicht traditionsfähig.“

Ob der Geheimdienst das auch so sieht und entsprechende Konsequenzen in seinem historischen Selbstbild zieht, wird sich in gut zwei Jahren zeigen. Dann will die Kommission ihren Abschlussbericht über die Frühgeschichte des BND vorlegen.