An diesem Donnerstag ist die Anhörung: Was kommt in den Bundesverkehrswegeplan? Das Verfahren zur Aufstellung der Bedarfsliste ist langwierig – und die Finanzierung der einzelnen Vorhaben beileibe nicht sichergestellt.

Stuttgart - Mehr Geld für große Verkehrsachsen, weniger Mittel für die klassische Ortsumgehung – das ist ein Grundsatz des neuen Bundesverkehrswegeplans, der im Jahr 2015 in Kraft treten soll. Bis September muss das Land die Projekte an das Bundesverkehrsministerium melden, dafür finden momentan in den vier Regierungsbezirken öffentliche Anhörungen statt – an diesem Donnerstag um 18 Uhr im Regierungspräsidium Stuttgart. Dazu werden neben Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) mehr als 200 Vertreter von Kreisen und Kommunen, von Umwelt- und Verkehrsverbänden, aus Wirtschaft und Politik erwartet. Aber auch interessierte Bürger seien eingeladen, betont der Regierungspräsident Johannes Schmalzl: „Es geht um ein für unsere Region wichtiges Thema“.

 

Der Bundesverkehrswegeplan ist so etwas wie die Rezeptsammlung für die Straßenplaner – nur die darin aufgenommenen Projekte an Autobahnen und Bundesstraßen haben eine Chance, in den Jahren bis 2030 verwirklicht zu werden. Ob sie wirklich gebaut werden, ist aber nicht sicher – das hängt von der Finanzierung ab, und darüber sagt der Bundesverkehrswegeplan nichts aus. Zumal der Entwurf nach der Anhörung noch überarbeitet wird. „Es ist offen, ob zusätzliche Projekte dazukommen und andere herausfallen“, sagt die Ministeriumssprecherin Julia Pieper.


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Die Finanzierung ist nicht gesichert

Hermann weist zudem auf die unsichere Finanzierung hin: Um die 160 Projekte aus dem Südwesten, die im Entwurf stehen, zu bauen, müsste der Bund jährlich 600 Millionen Euro nach Baden-Württemberg fließen lassen, zuletzt waren es durchschnittlich nur 230 Millionen Euro – Tendenz fallend. Dabei sind 230 Projekte aus dem aktuellen Bundesverkehrswegeplan mit Kosten von mehr als zehn Milliarden Euro noch gar nicht begonnen worden.

Das wirkt sich auch auf die Vorschlagsliste des Ministeriums aus, die jetzt vorgestellt wird. Im Regierungsbezirk Stuttgart sind lediglich drei von 48 Projekten neu, alle anderen wurden aus dem Bundesverkehrswegeplan 2003 übernommen. Für die Region Stuttgart gibt es dennoch wesentliche Änderungen.

Nord-Ost-Ring

Die jahrelang geplante und politisch heftig umstrittene Verbindung der B 27 bei Kornwestheim (Kreis Ludwigsburg) mit der B 14 bei Waiblingen (Rems-Murr-Kreis) ist in der Vorschlagsliste nicht enthalten. Befürworter der Strecke wie die Region Stuttgart und die IHK kritisieren dies. Stattdessen setzt das Ministerium mit einem der neuen Projekte auf einen vierspurigen Ausbau zwischen Backnang und der A-81-Anschlussstelle Mundelsheim, die dortige Landesstraße 1115 soll zur B 29 werden. Dieser Ausbau wird vom Rems-Murr-Landrat Johannes Fuchs begrüßt, es wird aber auch zunehmender Verkehr befürchtet. Manch einer sieht gar die in den 70er Jahren diskutierte Neckar-Alb-Autobahn von der A 81 über die B 29, B 14 und B 10 zur A 8 auferstehen.

Autobahnen

Alle bereits diskutierten zentralen Ausbauprojekte der A 8 und A 81 sind enthalten. Dazu zählen der achtspurige Ausbau von Leonberg bis Wendlingen, die mit knapp 400 Millionen Euro teuerste Einzelmaßnahme Albaufstieg und die Verbreiterung der A 81 zwischen Böblingen-Hulb und Sindelfingen-Ost. Getreu der Priorisierung zentraler Achsen betreffen auch zwei der drei neuen Projekte Autobahnen in der Region Stuttgart: der Ausbau der Staufalle A 81 zwischen Pleidelsheim und Zuffenhausen im Norden von sechs auf acht Spuren und zwischen dem Kreuz Stuttgart und Sindelfingen-Ost im Westen.

Bundesstraßen

Hier tauchen im Entwurf nur Maßnahmen auf, die bereits seit dem Jahr 2003 im Bundesverkehrswegeplan stehen. Im Kreis Ludwigsburg der Ausbau der B 10 zwischen Enzweihingen und Schwieberdingen mitsamt der Verlegung/Untertunnelung in Enzweihingen, auf den Fildern neue Spuren für die B 27, im Neckartal für die B 10 und im Filstal der Weiterbau der B 10 bis Geislingen und Amstetten. Im Rems-Murr-Kreis geht es um den Weiterbau der B 14 bis Backnang – eine Voraussetzung für die neue Nordostumfahrung.

Ortsumgehungen

Die Zahl der klassischen Ortsumgehungen im Entwurf ist geringer geworden. In der Region Stuttgart sind noch die Umfahrungen Oppenweiler (B 14, Rems-Murr-Kreis), Neckartailfingen (B 297, Kreis Esslingen), Holzgerlingen (B 464, Kreis Böblingen), Owen (B 465, Kreis Esslingen) und Süßen-Donzdorf (B 466, Kreis Göppingen) enthalten.

Der lange Weg zur Ausbauliste

Anhörung
Die Anhörung beginnt an diesem Donnerstag um 18 Uhr im Europasaal des Regierungspräsidiums, Ruppmannstraße 21, in Stuttgart-Vaihingen. Verkehrsminister Hermann wird zunächst die Konzeption des Landes vorstellen, danach nehmen Vertreter von Verbänden und Kommunen dazu Stellung. In der Pause, der auf drei Stunden terminierten Veranstaltung, können Teilnehmer an Stellwänden schriftlich zum Konzept Stellung nehmen. Nach der Pause ist eine offene Diskussion der Pläne vorgesehen.

Konzept
Grundlage des Konzepts ist die Einteilung der Straßen in verschiedene Klassen: Achsen der transeuropäischen Netze, großräumige Hauptverbindungen zwischen Oberzentren, hochbelastete Achsen mit Spitzen von mehr als 15 000 Fahrzeugen pro Tag, einzelne Projekte mit hohem Entlastungspotenzial. Diese Kriterien erfüllen die vom Land in dem Entwurf vorgeschlagenen Maßnahmen.

Verfahren
Die jetzt auf der Vorschlagsliste stehenden Projekte sind vom Land noch nicht priorisiert. Mit den Ergebnissen der Anhörung wird dies dann im Ministerium erfolgen. Dabei spielen die Kosten, die Dringlichkeit, das Kosten-Nutzen-Verhältnis, aber auch mögliche alternative Lösungen – etwa durch Verkehrsbeeinflussungsanlagen, Nutzung von Standstreifen oder geringeren Ausbaustandard, eine Rolle. Die priorisierte Liste schickt das Land dann an den Bund, der diese erneut bewertet. Er nimmt dann auch die Einteilung vor in vordringlichen und in wichtigen Bedarf. Projekte des vordringlichen Bedarfs haben eine höhere Chance auf Realisierung.