In Burundi läuft seit Mittwoch eine umstrittene Präsidentschaftswahl. Seit April wird das afrikanische Partnerland Baden-Württembergs von schweren Unruhen erschüttert. Der Karlsruher Entwicklungshelfer Philipp Ziser berichtet über die Lage im Land.

Stuttgart - Am Mittwoch wurde in Burundi eine umstrittene Präsidentschaftswahl durchgeführt – Amtsinhaber Pierre Nkurunziza kandidierte entgegen der Verfassung für eine dritte Amtszeit. Seit April wird das afrikanische Partnerland Baden-Württembergs von schweren Unruhen erschüttert. Das ruft Erinnerungen an den zwölfjährigen Bürgerkrieg wach, der 2005 endete und 300 000 Tote forderte. Der Karlsruher Entwicklungshelfer Philipp Ziser berichtet über die Lage im Land.
Im Frühjahr hatte die Regierung versucht, Mobilfunk und soziale Medien zu blockieren. Wie hat sich das ausgewirkt?
Philipp Ziser: Im Laufe des Mai, als die Demonstrationen zunahmen, hatte die Regierung versucht, diese Kanäle zu stören, weil sie natürlich merkten, dass sich der Protest über Twitter, Facebook und Whatsapp organisierte. Was auch mal zwei oder drei Tage lang geklappt hat, da war dann wirklich ein schwarzes Loch. Gewiefte Informatiker hatten den Burundern aber schnell gezeigt, wie sie die Sperren umgehen können.
Das Regime hat im Mai mehrere Radiostationen in Brand gesetzt. Viele Journalisten flohen ins Ausland. Gibt es da ein Zurück zur Normalität?
Die Zerstörung der Radios ist fatal für Burundi. Radio ist das am meisten konsumierte Medium, das ganze Land hing zu bestimmten Uhrzeiten am Empfänger oder Mobiltelefon und hörte die Nachrichten. Deswegen gab es auch erste große Kundgebungen, nachdem der Direktor des meistgehörten Radiosenders RPA, Bob Rugurika, aus dem Gefängnis entlassen wurde. Nun sind alle Radiostationen kaputt – bis auf die staatliche. Das macht Platz für Gerüchte in ihrer schlimmsten Form.
Wie sieht die Arbeit der Journalisten derzeit aus?
Die geflohenen Journalisten nutzen nun in erster Linie soziale Netzwerke. Aber seit Kurzem gibt es auch wieder ein neu gegründetes Internet-Radio. Das ist wohl eine Kooperation burundischer Journalisten der zerstörten Radiostationen. Unter großen persönlichen Risiken arbeiten die Kollegen der von Europa aus geförderten Wochenzeitung „Iwacu“ dagegen weiterhin im Land selbst.
Frage: Was haben die anhaltenden Unruhen mit den ethnischen Konflikten und vielen Jahren Bürgerkrieg zu tun?
Der Bürgerkrieg ist von Bedeutung, die ethnischen Konflikte nicht. Wir haben heute nicht mehr die Situation manipulierter Massen, wo die eine Seite gegen die andere aufgehetzt wird. Wir haben eine Jugend, die sich durch neue Kanäle informiert. Die Menschen sind heute bereit, für ihre Rechte einzustehen, und dafür auch auf die Straße zu gehen. Ob es da nun um die Ethnien der Hutu oder der Tutsi geht, das ist gar nicht die Frage. Die Menschen haben aus der Zeit des Bürgerkriegs gelernt, und sagen, das wollen wir nicht mehr.
Ist der aktuelle Konflikt lösbar?
Wir haben es inzwischen mit einer Radikalisierung auf allen Seiten zu tun. Die ostafrikanische Gemeinschaft hat jetzt den Präsidenten Ugandas als Vermittler eingesetzt, die UN will vermitteln. Ich hoffe, dass es zu einer Einigung kommt.
Wie geht es Ihrer Familie in Burundi?
Sie machen sich natürlich große Sorgen um das Land. So wie die ganze Nation.