Abhängig vom Handy? Das geht mit den neuen Funktionen auf dem Smartphone ganz schnell. Unser Campuskind erzählt, wie es dazu kommen konnte.

Ein ganz normaler Morgen in meinem Leben: Der Wecker auf meinem Handy klingelt. Ich schalte ihn aus und dann der erste Klick auf WhatsApp. Mal schauen, wer mir in der Nacht oder heute Morgen schon so geschrieben hat. Seitdem WhatsApp die blauen Haken hat, muss ich dann natürlich auch sofort antworten. Ich will meine Freunde ja nicht in Gelegenheit bringen, zu denken, ich würde nicht antworten wollen. Dann also ab unter Dusche. Und vielleicht nehme ich da mein Handy mit, ein bisschen Musik beim Duschen sorgt immer für gute Laune. Wann kommt eigentlich nochmal meine Bahn? Ich schaue in meiner App nach. Was habe ich heute nochmal für Vorlesungen? Ich schaue in der App meiner Hochschule nach. Mein ganzes Leben: Gesammelt in meinem Smartphone.

 

Noch bis vor drei Wochen hatte ich ein Smartphone, was all das auch konnte, wenn es denn mal wollte. Da hat dann mal der Wecker nicht geklingelt, weil sich das komplette Handysystem aufgehängt hat. Oder ich konnte ewig nicht bei Whatsapp zurückschreiben weil ich zwar tippen konnte, aber keine Buchstaben auf dem Display erschienen. Dieses Smartphone hat zwei Dinge getan: Erstens, nie richtig funktioniert, und Zweitens, mich an die Grenzen meiner Geduld gebracht. Und ich bin durch den täglichen Umgang mit dem Handy schon wirklich geduldig geworden. Aber irgendwann, da reicht es mal. Wie oft hätte ich es gerne gegen die Wand geworfen. Und habe es nur aus dem Grund nicht getan, weil ich dann gar kein Handy gehabt hätte. Besser ein schlechtes und nicht funktionsfähiges Smartphone als gar keins.

Das Smartphone & Ich: Der Anfang

Was ist nur aus mir und meiner Generation geworden? Ich meine, den Generationen im Anschluss ist sowieso nicht mehr zu helfen. Die können auf dem IPad wischen, bevor sie sprechen können. Aber wir, deren erstes Handy womöglich noch einen kleinen Stab als Antenne hatte. Wir, die stundenlang auf dem Handy Snake gespielt haben. Wir, denen ein grün-schwarzes Display genug war und die keinen Schnickschnack auf dem Handy brauchten. Wann haben wir uns verloren?

Bei mir war es mein Geburtstag vor zwei Jahren. Und da war ich schon eine Ausnahme, weil ich noch kein Smartphone besaß. Aber als dann mein geliebtes Handy kaputt ging, musste es eben ein neues sein. Dieses Mal in grün und mit Wlan-Funktion. Ich wusste davon nicht mal was, bis mein bester Freund mir sagte: „Dann kannst du ja jetzt auch WhatsApp installieren.“ Gesagt, getan. Und jetzt habe ich den Salat. Ich habe meine Seele verkauft. Liebes erstes Handy, ich danke dir für die schöne Zeit. Ich werde Snake und dich nie vergessen. Aber ich muss jetzt weitergehen, ohne dich. Mit farbigem Display, mit Apps und mit Touchscreen.

Das eigene Umfeld verändert sich

Monatelang habe ich meine beste Freundin für eine Sache geliebt und gleichzeitig ein bisschen gehasst: Sie hatte kein Smartphone. Was unsere Kommunikation nicht erleichterte. Wir schrieben SMS – 19 Cent/SMS und aus dem Ausland war das dann natürlich wieder teurer. Aber für seine beste Freundin, da geht das mal. Auch wenn ich es vermisste, ihr Handybilder über WhatsApp schicken zu können. Eine MMS mit 49 Cent war nicht immer drin. Irgendwie ätzend. Aber gleichzeitig habe ich es geliebt, dass es noch Menschen gibt, die ohne all das auskommen. Denn einmal angefangen, kommt man aus der Sache nicht mehr raus. Und ich hab es geliebt, dieses kleine bisschen Nostalgie, dass sie uns damit erlaubte. Doch auch das war einmal. Mein letzter Funken Hoffnung ist erloschen, als sie sich ein Smartphone gekauft hat. Es ist eben doch einfacher und damit hat sie Recht. Jetzt schreiben wir öfter übers Handy und ich kann ihr Bilder schicken. Bilder, die ich mit meinem ersten Handy nicht mal hätte machen können. Und irgendwie ist es ja auch immer wieder eine Freude. Wenn selbst die eigenen Eltern irgendwann Smartphones besitzen. Mit meiner Mutter hatte ich beispielsweise zu Beginn ihrer Smartphonezeit einige lustige Unterhaltungen, weil die Autokorrektur ihre Nachrichten abstrahierte. Ich habe Tränen gelacht. Mittlerweile ist sie wirklich professionell im Umgang mit dem Handy – zumindest meistens. Und auch meinen Stiefvater hat sie angesteckt. Der besaß bis vor wenigen Wochen noch ein aufklappbares  Handy (Wann sind diese Handys eigentlich ausgestorben?) mit extragroßen Tasten. Immer wieder ein Genuss dieses Handy zu sehen, das fast schon als Antiquität durchgehen konnte. Jetzt hat er das gleiche Handy wie meine Mutter und als sie mir dann schrieb, dass er nun WhatsApp auch hat, da sendete ich ihm eine Nachricht: „Willkommen im neuen Zeitalter.“

Apps für alles

Willkommen in der Abhängigkeit von deinem neuen Handy. Dein Handy ist ab sofort das Allround-Talent deines Lebens. Es kann fast alles und du wirst all diese Funktionen in Anspruch nehmen. Und dann, irgendwann, wirst du sie wirklich brauchen. Weil du dich daran gewöhnt hast. Und weil es das Leben einfacher macht. Meine Fernbeziehung zum Beispiel ist mit einem Smartphone viel lebendiger, auch in Zeiten, in denen man sich leider nicht sehen kann. Ebenso wie der Kontakt mit Eltern und Freunden, die eben noch in Hannover wohnen. Diese Smartphones verbinden über unendlich viele Apps und davon zahlreiche, die eigentlich kein Mensch braucht. Aber wenn mich mal die Sehnsucht überkommt, dann spiele ich wieder Snake auf meinem Handy. Den Retro-Klassiker von damals. Denn auch dafür gibt es eine App.