Obwohl die Bühne von Tänzern und Statisten reichlich zugestellt ist, leidet die szenische Sprache unter Auszehrung. Von konventioneller Personenregie ausgeleiert, ergibt sich kein Magnetismus zwischen den Figuren: Erotik, Eifersucht, Liebe, Hass – alles nur gespielt. Jonas Kaufmann als Don José ist in bester stimmlicher Verfassung, seine Arie im zweiten Akt beschließt er mit einem Pianissimo-B, wie es sein soll, er lässt den Ton an- und abschwellen. Wen sein gaumiges Timbre nicht stört, wird ihn den besten Rollenvertreter diesseits des romanischen Schmalzroutinetums nennen. Als Darsteller hält er sich an Oberstufen-Theater-AG-Gestik. Die Regie führende Choreografin Aletta Collins ist mehr damit beschäftigt, ihre Tänzer zu arrangieren, die Vor- und Zwischenspiele mit einem Drittaufguss von Flamenco-Gestampfe-und-Juchhe zu stören.

 

Zuwendung hätte Kostas Smoriginas als Escamillo gebrauchen können, einen Tipp, wie die erotische Invasion eines Toreros aussehen könnte – so blieb eine auch vokale Leerstelle. Von allgemeiner Gedankenarmut der Produktion unbeschädigt blieb Micaëla, Bizets Kontrabild zu Carmen. Gegenüber der Femme fatale ist sie eine geklärte Seele von Frau, gleichwohl Genia Kühmeier zeigt, dass in ihr Passion schlummert, grandios in der großen Arie im dritten Akt entäußert – vokal die überzeugendste Leistung des Abends. Diese in der dramaturgischen Konstellation passive Figur hat es leicht, gegen die Verhärtung der Theaterpraxis Kontur zu gewinnen, während Carmen selbst in Klischeekunstharz gegossen scheint.

Dieses Spiel funktioniert nicht auf großer Bühne

Magdalena Kožená tat bei ihrem Rollendebüt viel, um sich aus diesem Gefängnis zu befreien: gegen die Regisseurin, die ihr schlecht geraten hatte, die Hände an die Hüften zu pressen (lasziv!), sich die Brüste zu kneten (sexy!) und im Schritt herumzufummeln (heiß!); auch gegen die Natur ihrer nicht großen Mezzosopranstimme und gegen eine fragile Körperlichkeit. Barfuß kommt sie daher, die Zehen rot lackiert, eher niedlich als frech. Schlicht das blaue knielange Kleid, die Haare karottenrot. Auratische Kälte umgibt sie erst im Schlussduett, wenn sie – nun auf hohen Absätzen – Don José und damit dem Tod entgegentritt.

Mehr einer Skizze gleicht Koženás Coolness am Anfang, das Spiel mit dem Herzen der Männer ist auch eines mit den Tonhöhen, die den Klangfarben, dem gar nicht so falschen Chansonton geopfert werden. Solche Absicht, so eine Darstellerin aber braucht Intimität, die auf der Salzburger Riesenbühne kaum entsteht. Kožená hätte wunderbar zu Peter Brooks genialer „Carmen“-Kammerversion gepasst, die vor mehr als einem Vierteljahrhundert der Oper die Lakonie und Härte von Mérimées Novellenvorlage implementierte.

Die Regisseurin ist nur an den Tänzern interessiert

Obwohl die Bühne von Tänzern und Statisten reichlich zugestellt ist, leidet die szenische Sprache unter Auszehrung. Von konventioneller Personenregie ausgeleiert, ergibt sich kein Magnetismus zwischen den Figuren: Erotik, Eifersucht, Liebe, Hass – alles nur gespielt. Jonas Kaufmann als Don José ist in bester stimmlicher Verfassung, seine Arie im zweiten Akt beschließt er mit einem Pianissimo-B, wie es sein soll, er lässt den Ton an- und abschwellen. Wen sein gaumiges Timbre nicht stört, wird ihn den besten Rollenvertreter diesseits des romanischen Schmalzroutinetums nennen. Als Darsteller hält er sich an Oberstufen-Theater-AG-Gestik. Die Regie führende Choreografin Aletta Collins ist mehr damit beschäftigt, ihre Tänzer zu arrangieren, die Vor- und Zwischenspiele mit einem Drittaufguss von Flamenco-Gestampfe-und-Juchhe zu stören.

Zuwendung hätte Kostas Smoriginas als Escamillo gebrauchen können, einen Tipp, wie die erotische Invasion eines Toreros aussehen könnte – so blieb eine auch vokale Leerstelle. Von allgemeiner Gedankenarmut der Produktion unbeschädigt blieb Micaëla, Bizets Kontrabild zu Carmen. Gegenüber der Femme fatale ist sie eine geklärte Seele von Frau, gleichwohl Genia Kühmeier zeigt, dass in ihr Passion schlummert, grandios in der großen Arie im dritten Akt entäußert – vokal die überzeugendste Leistung des Abends. Diese in der dramaturgischen Konstellation passive Figur hat es leicht, gegen die Verhärtung der Theaterpraxis Kontur zu gewinnen, während Carmen selbst in Klischeekunstharz gegossen scheint.

Dieses Spiel funktioniert nicht auf großer Bühne

Magdalena Kožená tat bei ihrem Rollendebüt viel, um sich aus diesem Gefängnis zu befreien: gegen die Regisseurin, die ihr schlecht geraten hatte, die Hände an die Hüften zu pressen (lasziv!), sich die Brüste zu kneten (sexy!) und im Schritt herumzufummeln (heiß!); auch gegen die Natur ihrer nicht großen Mezzosopranstimme und gegen eine fragile Körperlichkeit. Barfuß kommt sie daher, die Zehen rot lackiert, eher niedlich als frech. Schlicht das blaue knielange Kleid, die Haare karottenrot. Auratische Kälte umgibt sie erst im Schlussduett, wenn sie – nun auf hohen Absätzen – Don José und damit dem Tod entgegentritt.

Mehr einer Skizze gleicht Koženás Coolness am Anfang, das Spiel mit dem Herzen der Männer ist auch eines mit den Tonhöhen, die den Klangfarben, dem gar nicht so falschen Chansonton geopfert werden. Solche Absicht, so eine Darstellerin aber braucht Intimität, die auf der Salzburger Riesenbühne kaum entsteht. Kožená hätte wunderbar zu Peter Brooks genialer „Carmen“-Kammerversion gepasst, die vor mehr als einem Vierteljahrhundert der Oper die Lakonie und Härte von Mérimées Novellenvorlage implementierte.

Die Ahnung des Möglichen bekam man in der Auseinandersetzung mit Don José, der zurück in die Kaserne gerufen wird. Wie Kožená den in der Zwinge zwischen Pflicht und Neigung sich Verteidigenden im Gesangston nachäfft – „Au quartier! Pour l’appel!“ –, hatte den ätzenden Ton, über den sich der Charakter der Carmen aufschließen ließe. Die Tür aber blieb ungeöffnet, die Frage unbeantwortet, ob diese Oper wirklich ein „tragische Liebesgeschichte“ ist, wie der Salzburger Musikwissenschaftler Jürg Stenzl behauptet, oder diese Figur jedwede (romantische) Vorstellung von tragischer Liebe unterläuft. Carmen bewahrt sich eine emotionale Unversehrtheit, die sie im männlichen Blick des 19. Jahrhunderts (der vom heutigen nicht so sehr verschieden ist, so ist zu befürchten) zum Skandal werden lässt – zu viel weibliche Selbstbestimmung und Freiheit! Das hätte man gerne gesehen.

Vorstellung Ostermontag, 9. April, sowie bei den Festspielen am 14., 17., 19. und 25. August, dann mit den Wiener Philharmonikern