Aylin Arabaci-Pfab ist die erste Muslimin als Chefin eines christdemokratischen Stadtverbands in Baden-Württemberg. Die deutsche Grundschullehrerin mit türkischen Wurzeln wird auch vom früheren CDU-Innenminister Heribert Rech geschätzt.

Waghäusel - Die CDU-Politiker im Kreis Karlsruhe wie der frühere Innenminister Heribert Rech scharen sich gerne um sie: etwa beim Jahresfest des Vereins „Dialog – Integration – Freundschaft“ Anfang Juli. Aylin Arabaci-Pfab aus Waghäusel ist in Baden-Württemberg die erste Vorsitzende eines CDU-Stadtverbands mit türkisch-muslimischem Hintergrund. Der CDU-Kreischef empfindet dies „als eine Selbstverständlichkeit“.

 

Was die Gemeinde Waghäusel seit Kurzem zu bieten habe, sei einmalig, hieß es im Juni in einer Mitteilung des nach Bruchsal und Ettlingen drittgrößten CDU-Stadtverbands im Landkreis Karlsruhe. Seit wenigen Wochen stehe eine junge Muslimin an der Spitze der örtlichen CDU. Man schrieb ihr sogleich „viele untypische CDU-Attribute“ zu: jung und weiblich, mit Doppelnamen und Migrationshintergrund, modern und feministisch. Sie trage Jeans und Tattoo, ordne sich eher links ein, stehe für ökologisch ausgerichtete Politik – und sie stehe auch für eine Frauenquote ein, ließen CDU-Vertreter verlauten.

Das klingt ganz so, als ob die CDU in eher ländlich geprägten Gebieten eine Art Frischzellenkur anbieten könnte. Heribert Rech jedenfalls ließ sich gerne mit Arabaci-Pfab sehen, setzte sogar ein Foto mit ihr und dem örtlichen Bundestagsabgeordneten auf Facebook. Wie die Vorsitzende des Integrationsvereins, Ebru Baz, möchte auch die 37-jährige Grundschullehrerin Aylin Arabaci-Pfab nächstes Jahr für den Gemeinderat kandidieren. Ihr Großvater war der zweite türkische Staatsbürger in Waghäusel, sie selbst ist längst Deutsche.

CDU hat viele muslimische Mitglieder

„Im Kreisverband war das überhaupt kein Thema“, kommentiert der CDU-Kreisvorsitzende Daniel Caspary die Wahl von Arabaci-Pfab zur Stadtverbandschefin. Die CDU habe viele muslimische Mitglieder, er begrüße die Entwicklung ausdrücklich. Der Europaparlamentarier glaubt sogar, die CDU sei insgeheim näher an den Grundauffassungen vieler Muslime als andere Parteien: „Vielleicht machen da andere Parteien mehr Aufhebens, Selbstverständlichkeiten sind aber für uns kein Thema“, sagt Daniel Caspary.

Doch die Aufnahme von Muslimen in CDU-Führungsämter scheint nicht überall unumstritten zu sein. In Internet-Blogs wird die Wahl in Waghäusel durchaus kritisch kommentiert. „Grundsätzlich kann jeder glauben, was er will, aber wenn ich mir anschaue, für was diese junge Dame steht, dann gute Nacht CDU“, heißt es da etwa. Eine Person schrieb: „Jetzt reicht es. Aus Faulheit habe ich bisher meinen CDU-Mitgliedsausweis noch nicht zurückgegeben. Ich werde das jetzt nachholen.“ In der Kreisstadt Pinneberg, im Umland von Hamburg, gab es vor wenigen Jahren eine ernsthafte Diskussion zwischen einem evangelischen Pfarrer und einem CDU-Ratsherrn, ob Muslime auch CDU-Parteiämter übernehmen können. Damals war dies eine Folge der Entscheidung des damaligen CDU-Ministerpräsidenten Christian Wulff, Aygül Özkan, Muslima und CDU-Politikerin, zur Sozialministerin in Niedersachsen zu ernennen.

Trotzdem scheint auch bei den Christdemokraten das Engagement von Menschen mit Migrationshintergrund inzwischen eher zur Normalität zu werden: Özkan, die 2013 aus der Hannoveraner Landesregierung ausscheiden musste, ist seit 2012 Mitglied des CDU-Bundesvorstands, ebenso wie Younes Ouaqasse. Der 1988 in Mannheim geborene ehemalige Bundesvorsitzende der Schüler-Union ist Sohn marokkanischer Eltern. Bei der Bundestagswahl kandidiert mit Cemile Giousouf erstmals eine türkischstämmige CDU-Kandidatin im Wahlkreis 138 Hagen-Ennepe. Bülent Arslan, der Vorsitzende des Deutsch-Türkischen Forums der CDU, war damit – ebenfalls in Nordrhein-Westfalen – 2002 und 2005 noch gescheitert.

Die Botschaft der CDU Waghäusel, Aylin Arabaci-Pfab sei die bundesweit erste muslimische Vorsitzende eines CDU-Stadtverbandes, kann man so bei der CDU-Bundesgeschäftsstelle in Berlin nicht bestätigen. Es gebe eine weitere Person in gleicher Funktion in Rheinland-Pfalz, lässt ein Sprecher auf Anfrage wissen. Den Namen wollte er jedoch aus Datenschutzgründen nicht nennen.

Für CDU-Landeschef Strobl zählt Engagement, nicht die Religion

Das jedoch tut der Freude bei CDU-Landeschef Thomas Strobl freilich keinen Abbruch: „Ich kenne Frau Arabaci-Pfab noch nicht persönlich, aber ich habe gehört, dass sie eine tolle, engagierte Arbeit für unsere CDU macht.“ Das sei es, worauf es ankommt – und nicht so sehr, welche Religion jemand habe, lässt er auf Anfrage mitteilen. Natürlich trage die CDU das C in ihrem Namen. Aber genauso selbstverständlich sei es, „dass sie offen ist für alle Menschen, die unsere Werte und unsere politischen Überzeugungen teilen“, ergänzt er. Arabaci-Pfab selbst zeigt sich als „überzeugte Kemalistin“, sie trete für eine strikte Trennung von Religion und Politik ein. Und sie lässt darüber hinaus klarstellen: „Ich sage ein klares Ja zu christlichen Wertegrundlagen.“