Im StZ-Interview wirft der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir der CDU in Baden-Württemberg vor, im Wahlkampf unsauber zu agieren.

Stuttgart - Die Wahl in Hamburg vor einer Woche verlief für die Grünen ernüchternd. Trotzdem glaubt Özdemir, dass seine Partei in seinem Heimatland das Wahlziel "zwanzig plus x" erreichen kann.

Herr Özdemir, wie wichtig sind Anstand und Ehrlichkeit für einen Politiker?


Sie sind so wichtig wie für alle anderen. Aber Politiker stehen zusätzlich im Licht der Öffentlichkeit, sie haben eine Vorbildfunktion. Daran werden sie gemessen.

Karl-Theodor zu Guttenberg hat sich fremdes geistiges Eigentum angeeignet, um seinen Doktortitel zu erlangen. Ist das ein Rücktrittsgrund für einen Verteidigungsminister, der ansonsten ordentliche Arbeit macht?


Sein Umgang mit der Kundus-Affäre und den Vorgängen auf der Gorch Fock sind alles andere als "ordentliche Arbeit". In der Plagiatsaffäre geht es um vollständige Aufklärung. Daran beteiligt sich Guttenberg nicht. Er gibt immer nur scheibchenweise zu, was bereits öffentlich ist. Aussitzen reicht nicht.

Welche Fragen sind denn ungeklärt?


Wenn er seine Dissertation wirklich selbst geschrieben hat, muss man sich Sorgen um seinen Zustand machen: er hat im größten Teil seiner Arbeit Plagiate eingebaut und nach eigenen Worten eine Dissertation mit viel "Blödsinn" abgeliefert. Und das soll aus Versehen passiert sein? Auch die Nutzung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags für die Doktorarbeit muss weiter aufgeklärt werden.

Die Opposition ist auffallend zögerlich mit Rücktrittsforderungen. Trauen Sie sich an Guttenberg nicht ran, weil er so populär ist?


Guttenberg muss sich selbst prüfen, ob er mit einer solchen Beschädigung im Amt bleiben kann. Was sagt er jetzt als verantwortlicher Minister den Studenten der Bundeswehruni? Was sagt er dem Offizier, der wegen Schummelei im Studium degradiert wurde? Ich sehe nicht, wie er als Minister Autorität zurückgewinnen will.

Wie wird sich die Affäre Guttenberg auf die Landtagswahlkämpfe im März auswirken?