Auf der Elektronikmesse CES in Las Vegas zeigen Autobauer wie Daimler, BMW oder Audi eine ganze Reihe von selbstfahrenden Wagen. Experten allerdings sind skeptisch.

Stuttgart - Auf der Elektronikmesse CES in Las Vegas sind autonom fahrende Autos in diesem Jahr eines der wichtigsten Themen. Besonders die deutschen Autobauer, aber nicht nur sie, versuchen sich auf dieser Neuheitenschau gegenseitig zu übertrumpfen. Audi hat einen wie von Geisterhand gesteuerten A7 die 900 Kilometer lange Strecke vom Silicon Valley nach Las Vegas absolvieren lassen, Daimler verspricht mit der von einem elektronischen Chauffeur gelenkten Fahrzeugstudie F 015 eine „Revolution der Mobilität“, BMW stellt ein Auto ins Rampenlicht, das sich selbst einen Platz im Parkhaus sucht.

 

Das Buhlen um Aufmerksamkeit könnte den Eindruck erwecken, als stehe der Durchbruch für das autonom fahrende Auto demnächst bevor, das ständig Daten mit anderen Fahrzeugen austauscht, selbstständig navigiert und den Passagieren Zeit verschafft sich zu entspannen, im Internet zu surfen oder etwa online Büroarbeit zu erledigen.

Doch eine weltweite Umfrage des Beratungsunternehmens KPMG unter 200 Führungskräften von Autoherstellern, Händlern, Zulieferern sowie Finanz- und Mobilitätsdienstleistern zeigt ein anderes Bild. Die meisten Manager rechnen erst in mehr als zwanzig Jahren mit einem Durchbruch. Besonders skeptisch zeigen sich hier die US-Manager, von denen 60 Prozent diese Einschätzung abgeben. Gut jeder vierte meint hier sogar, dass das autonom fahrende Auto nie ein Renner wird. Die technische Führung bei vernetzten Fahrzeugen und autonomen Autos hat derzeit nach Einschätzung der Befragten BMW mit deutlichem Vorsprung vor Daimler. Der VW-Konzern, zu dem auch Audi gehört, liegt nach General Motors auf Platz vier. Das frühe Vorpreschen der PS-Branche bei dieser offenbar noch fernen Zukunftstechnik ist nicht unproblematisch, urteilt Dieter Becker, der Leiter des globalen Automobilbereichs von KPMG. Der Berater sieht hier eine Parallele zur Elektromobilität, wo Autohersteller vor einigen Jahren auf allen wichtigen Messen eine Fülle von Fahrzeugstudien präsentierten, die zunächst große Erwartungen weckten. Auf den großen Hype folgte indes Ernüchterung, weil deutlich wurde, dass noch viel Entwicklungsarbeit geleistet werden muss, um die Reichweite der Batterie kräftig zu steigern und die Preise der Stromer deutlich zu senken. Diese Ernüchterung dürfte auch die Aufgeschlossenheit für diese Zukunftstechnik in der Bevölkerung nicht gefördert haben.

Die Autobranche steht unter Druck

Die KPMG-Umfrage hat zudem ergeben, dass die Themen Vernetzung und autonomes Fahren derzeit in den Führungsetagen der PS-Branche nicht gerade den höchsten Stellenwert haben. Ganz oben auf der Agenda der kommenden Jahre steht für 56 Prozent der Befragten das Wachstum in aufstrebenden Ländern wie China. Große Bedeutung misst jeweils die Hälfte der Manager auch der Verbesserung des Verbrennungsmotors sowie einer zunehmenden Verwendung von Plattformen und Standardmodulen bei, mit denen die Entwicklungs- und Produktionskosten gesenkt werden können. Innovationen wie Mobilitätsdienstleistungen, vernetzte und selbstfahrende Fahrzeuge spielen dagegen nach Ansicht der wenigsten Fachleute bis 2025 eine wichtige Rolle für die Geschäftsstrategie, wobei der Anteil gegenüber der letzten Befragung zurückgegangen ist.

Nach Einschätzung des KPMG-Experten Becker steht die Autobranche von zwei Seiten mächtig unter Druck. „Zum einen erlassen Regierungen immer strengere Klimaschutzauflagen, sodass die Hersteller viel Geld in die Optimierung der Verbrennungsmotoren und die Entwicklung neuer Antriebstechnologien stecken müssen“, so Becker. Auf der anderen Seite verlangten die Kunden beim Thema Mobilität immer mehr Angebote rund um das vernetzte Auto. Hier gerieten die Fahrzeugbauer und Zulieferer durch Google, Apple, Microsoft & Co. unter Druck, berichtet Becker. Mit ihren Pilotprojekten und Forschungsfahrzeugen wollen die Autobauer nach Einschätzung des Beraters nun beweisen, dass sie auch bei dieser Zukunftstechnik die Innovationstreiber sind.