Der Münchner Versicherungsriese Allianz wagt in einer angespannten Lage überraschend einen Chefwechsel. Der 49-jährige Oliver Bäte beerbt im Mai Michael Diekmann als Vorstandsvorsitzenden. Doch er hat von Anfang an etliche Probleme zu schultern.

München - Der Münchner Versicherungsriese Allianz wagt in einer angespannten Lage überraschend einen Chefwechsel. Zur Hauptversammlung des größten Versicherungskonzerns in Europa Anfang Mai wird der 49-jährige Oliver Bäte den 59-jährigen Michael Diekmann als Vorstandsvorsitzenden und damit einen der mächtigsten Manager in Deutschland beerben. Das hat der Aufsichtsrat des Dax-Konzerns in München entschieden. Der Schritt kommt in einem Augenblick, da die wichtige US-Tochter Pimco einer ungewissen Zukunft entgegensieht. Sie ist das Rückgrat der Allianz-Vermögensverwaltung, dem zweiten Standbein neben dem Geschäft mit Versicherungen, das in besten Zeiten ein Drittel aller Allianz-Gewinne erwirtschaftet hat. Derzeit laufen Pimco aber beschleunigt Kunden davon.

 

Die Allianz-Tochter verwaltet die riesige Summe von zwei Billionen Dollar sowohl für Großanleger wie Pensionsfonds als auch Privatkunden. Ende voriger Woche hat ihr Gründer und Chefinvestor Bill Gross im Streit seinen Hut genommen. Er managt nun für den Wettbewerber Janus Capital.

Allein im September hat Pimco für ihren Flaggschifffond Total Return nach eigenen Angaben 23,5 Milliarden Dollar an Anlagegeldern verloren. Nachdem der größte Anleihefond der Welt in den eineinhalb Jahren zuvor schon um rund 70 Milliarden Dollar an Volumen geschmolzen war, hat sich die Kapitalflucht damit mit dem Abgang von Gross dramatisch beschleunigt. Er ist zwar immer noch ein Riese, managt aktuell aber „nur“ noch ein Anlagevolumen von knapp 200 Milliarden Dollar.

Probleme mit mehreren Allianz-Töchtern

Ob sich die Lage für Pimco und den Total Return Fond, den Gross persönlich geführt hatte, bis zum Eignertreffen kommenden Mai wieder ins Positive verkehrt hat, ist völlig ungewiss. Zudem ist Pimco nicht die einzige US-Tochter, mit der die Allianz Probleme hat. Ein anderes Sorgenkind ist der US-Versicherer Fireman‘s Fund, den die Allianz derzeit aufspaltet, um voraussichtlich einen Teil zu verkaufen.

Bäte trägt damit zu seinem Start an der Spitze der Allianz gehörigen Ballast im Marschgepäck. Im Allianz-Vorstand ist er derzeit für den Bereich globale Schaden- und Unfallversicherung sowie europäische Versicherungsmärkte verantwortlich und hat davor das Allianz-Finanzressort geführt. Der gebürtige Bensberger kam 2008 vom Unternehmensberater McKinsey zu den Münchnern und ist damit im Gegensatz zu Diekmann kein echtes Allianz-Gewächs.

Dieser zieht sich offenbar aus eigenem Antrieb zurück. Der Aufsichtsrat habe dem Wunsch von Diekmann und auch dem seines 60-jährigen Vorstandskollegen Clement Booth entsprochen, ihre Mandate enden zu lassen, erklärten die Aufseher. Bei den Münchnern gilt firmenintern eine Altersgrenze von 60 Jahren für Vorstände. Diekmann erreicht sie dieses Jahr am Tag vor Weihnachten.

Diekmanns Abschied kommt überraschend

Angesichts der Probleme in den USA war aber vielfach spekuliert worden, dass der Mann, der seit gut elf Jahren an der Spitze des Konzerns steht, nochmal um ein oder zwei Jahre verlängert. Bis dahin wäre wohl klar gewesen, ob die seit Jahren anhaltende Misere bei Fireman‘s Fund endgültig gelöst ist und Pimco die Kapitalflucht hat stoppen können.

Insgesamt laufen Ende 2014 die Verträge von sechs Allianz-Vorständen aus. In vier Fällen wurden sie verlängert. Neu ins Gremium kommen Anfang nächsten Jahres Sergio Balbinot, der von Bäte die Verantwortlichkeit für europäische Versicherungsmärkte übernimmt, und Axel Theis für das Versicherungsgeschäft mit Industriekunden. Diekmann wurde von den Allianz-Kontrolleuren gebeten, für den Aufsichtsrat zu kandidieren. Seine Antwort dazu steht aus.

Die Allianz habe dem gebürtigen Bielefelder viel zu verdanken, betonte Oberaufseher Helmut Perlet. Vor allem habe er den Konzern sehr erfolgreich durch die Finanzkrise geführt. Von Diekmann ist bekannt, dass er seinem Privatleben und vor allem auch seinen vier Kindern großen Stellenwert beimisst. Vor wenigen Jahren ist er zum vierten Mal Vater geworden. „Bei meinem Jüngsten, gebe ich mir Mühe“, hatte er erst vor kurzem in einem Interview bekannt. Ab kommenden Mai hat er alle Zeit dafür.