Korrespondenten: Inna Hartwich

Im vergangenen Winter erreichten die PM-2,5-Werte in Peking mehr als 900, im Dezember husteten sich auch die Menschen in Shanghai und weiten Teilen Zentral- und Ostchinas die Lunge aus dem Leib. Diese Woche lagen auch Peking und Hebei wieder unter einer schweren Smogwolke. Die Luftverschmutzung verursacht etliche Krankheiten. Studien besagen, dass die Menschen in Nordchina fünf Jahre weniger zu leben hätten als in Südchina, dass Kinder an Krebs erkrankten, weil sie schlechte Luft einatmeten, dass Männer unfruchtbar würden. Aus Peking fliehen? Nach Shanghai? Guangzhou? Der Feinstaub holt die Chinesen überall ein. Das Problem ist nicht auf die Metropolen beschränkt. Das beunruhigt die Bevölkerung.

 

Da die KP soziale Instabilität mehr fürchtet als jeden Lungenkrebs oder Herzinfarkt, hat sie mittlerweile 179 Städte mit Luftwertmessern ausgestattet und ein nationales Programm aufgelegt. Bis 2030 sollen die Jahresdurchschnittswerte bei 35 Mikrometern liegen, also um fast 70 Prozent sinken. So steht es im „Aktionsplan Blauer Himmel“. 1,75 Billionen Yuan, das sind umgerechnet 210 Milliarden Euro, seien bis 2017 im Kampf gegen die Luftverschmutzung nötig, rechnete Chinas Akademie für Umweltplanung vor einem Monat vor. „Unqualifizierte Unternehmen“ – 4000 haben die Funktionäre im Land ausgemacht – sollen abgewickelt werden. Viele von ihnen stehen mittlerweile still, auch in Hebei. Was aus den Industrieruinen werden soll, hat die Regierung aber noch in keinem Programm verzeichnet.

„Die Fabriken schließen, die Menschen werden arbeitslos, die Jugend zieht weg. Was soll sie auch hier?“, fragt Herr Du. „Das Werk da vorne raucht schon seit einigen Jahren nicht mehr, das da hinten hat erst vor Kurzem geschlossen“, sagt er und fährt mit der Hand durch die kalte, trübe Luft. Die Menschen hier leben mit den Fabriken. Manche von ihnen Tür an Tür. Sie laufen in ihren Schutzhelmen über die Straße nach Hause, holen sich in zusammengezimmerten Hütten warme Nudeln, radeln später durch den Dunst, durch die Trostlosigkeit, zur nächsten Schicht. In Shuidong genauso wie in Shuihou, in Jiaanzi oder Yougezhuang. Unauffällige Orte, zu Tausenden in Hebei verteilt. „ Früher hatten wir genug Land, um Lebensmittel anzubauen, jetzt gehört alles dem Werk“, sagt Frau Wang.

China will seine Industrieproduktion wegen der Umwelt drosseln. Foto: EPA

60 Jahre alt ist sie, nie aus Yougezhuang herausgekommen, einem Dorf mit rund 100 Familien, 30 Kilometer von Tangshan entfernt. Es sind aufgeräumte, gerade Straßen, mit der Verwaltung vorne und dem Elektrizitätswerk nebenan. Das Dorf endet dort, wo die Fabrik anfängt, seit 30 Jahren bereits. Am Anfang dachten die Betreiber, die Menschen zögen hier weg. Frau Wang aber blieb genauso wie ihre Nachbarn. „Es ist mein Zuhause.“ Wie Geister tauchen die langen Schornsteine aus dem Smog auf. Alle paar Minuten erfüllt Lärm die bräunliche Luft. Es klingt, als holten Dutzende Lastwagen Glascontainer ab. „Nachts ist es schlimmer“, erzählt Frau Wang, die einen Spaziergang um den Spielplatz macht.

Wird die Luft besser, ziehen die Jungen weg: Die Arbeit fehlt

Im vergangenen Winter erreichten die PM-2,5-Werte in Peking mehr als 900, im Dezember husteten sich auch die Menschen in Shanghai und weiten Teilen Zentral- und Ostchinas die Lunge aus dem Leib. Diese Woche lagen auch Peking und Hebei wieder unter einer schweren Smogwolke. Die Luftverschmutzung verursacht etliche Krankheiten. Studien besagen, dass die Menschen in Nordchina fünf Jahre weniger zu leben hätten als in Südchina, dass Kinder an Krebs erkrankten, weil sie schlechte Luft einatmeten, dass Männer unfruchtbar würden. Aus Peking fliehen? Nach Shanghai? Guangzhou? Der Feinstaub holt die Chinesen überall ein. Das Problem ist nicht auf die Metropolen beschränkt. Das beunruhigt die Bevölkerung.

Da die KP soziale Instabilität mehr fürchtet als jeden Lungenkrebs oder Herzinfarkt, hat sie mittlerweile 179 Städte mit Luftwertmessern ausgestattet und ein nationales Programm aufgelegt. Bis 2030 sollen die Jahresdurchschnittswerte bei 35 Mikrometern liegen, also um fast 70 Prozent sinken. So steht es im „Aktionsplan Blauer Himmel“. 1,75 Billionen Yuan, das sind umgerechnet 210 Milliarden Euro, seien bis 2017 im Kampf gegen die Luftverschmutzung nötig, rechnete Chinas Akademie für Umweltplanung vor einem Monat vor. „Unqualifizierte Unternehmen“ – 4000 haben die Funktionäre im Land ausgemacht – sollen abgewickelt werden. Viele von ihnen stehen mittlerweile still, auch in Hebei. Was aus den Industrieruinen werden soll, hat die Regierung aber noch in keinem Programm verzeichnet.

„Die Fabriken schließen, die Menschen werden arbeitslos, die Jugend zieht weg. Was soll sie auch hier?“, fragt Herr Du. „Das Werk da vorne raucht schon seit einigen Jahren nicht mehr, das da hinten hat erst vor Kurzem geschlossen“, sagt er und fährt mit der Hand durch die kalte, trübe Luft. Die Menschen hier leben mit den Fabriken. Manche von ihnen Tür an Tür. Sie laufen in ihren Schutzhelmen über die Straße nach Hause, holen sich in zusammengezimmerten Hütten warme Nudeln, radeln später durch den Dunst, durch die Trostlosigkeit, zur nächsten Schicht. In Shuidong genauso wie in Shuihou, in Jiaanzi oder Yougezhuang. Unauffällige Orte, zu Tausenden in Hebei verteilt. „ Früher hatten wir genug Land, um Lebensmittel anzubauen, jetzt gehört alles dem Werk“, sagt Frau Wang.

China will seine Industrieproduktion wegen der Umwelt drosseln. Foto: EPA

60 Jahre alt ist sie, nie aus Yougezhuang herausgekommen, einem Dorf mit rund 100 Familien, 30 Kilometer von Tangshan entfernt. Es sind aufgeräumte, gerade Straßen, mit der Verwaltung vorne und dem Elektrizitätswerk nebenan. Das Dorf endet dort, wo die Fabrik anfängt, seit 30 Jahren bereits. Am Anfang dachten die Betreiber, die Menschen zögen hier weg. Frau Wang aber blieb genauso wie ihre Nachbarn. „Es ist mein Zuhause.“ Wie Geister tauchen die langen Schornsteine aus dem Smog auf. Alle paar Minuten erfüllt Lärm die bräunliche Luft. Es klingt, als holten Dutzende Lastwagen Glascontainer ab. „Nachts ist es schlimmer“, erzählt Frau Wang, die einen Spaziergang um den Spielplatz macht.

Strom gibt es, aber alle im Dorf – wie auch die Werke – verbrennen Kohle. Ein blauer Himmel? Den Traum hat Frau Wang nie geträumt. Auch Huang Wei ist skeptisch. Seit Jahren ist sie bei Greenpeace für Klima und Energie verantwortlich und sagt: „Ich sehe nicht, dass die Werte besser werden.“ Von 2006 bis 2010 sei der Kohleverbrauch um fast 50 Prozent gestiegen, die Kraftwerkskapazitäten hätten um 80 Prozent zugenommen. Der Dreck in der Luft, sagt Huang, sei gar nicht so schlecht. „Endlich begreifen Regierung und Bürger, dass das Problem existiert, dass jeder dazu beitragen muss, es zu lösen.“ Das hieße: weniger Kohlenbrand, weniger Autoverkehr, mehr erneuerbare Energien.

Bis zu 200 000 Menschen könnten arbeitslos werden, wenn die Provinzregierung von Hebei ihre Pläne umsetzt, die sie mit „Operation Sonnentag“ überschrieben hat. Bis 2015 müsste demnach die Produktionskapazität von Stahl um 17 Millionen Tonnen im Jahr reduziert werden, in den vier Jahren danach noch einmal um 43 Millionen Tonnen. Das sind Dreiviertel des landesweiten Ziels. Wo sollen die jetzigen Stahlarbeiter hin? Die Verwaltung von Hebei hat darauf keine Antwort, das eigens für die Umweltfragen in der Region eingerichtete Ökobüro sei nicht berechtigt, darauf etwas zu sagen. Herr Du glaubt an Verbesserungen. „Wir hätten dann vielleicht auch einen grauen Himmel, aber nur, weil hin und wieder das Wetter einfach trüb ist.“