Der irirsche Sänger Chris de Burgh hat im Beethovensaal alte Hits und neue Songs gespielt. Und dem Stuttgarter Publikum tausendfach den einen Grund genannt, warum er es innig liebt.

Stuttgart - Er scheint ruhiger geworden zu sein. Macht nicht mehr den sympathischen Hampelmann, den Routinier, der wie eine Spieluhruhr aufgezogen seine größten Hits abspult. Der alle Gesten, Reflexe und Posen des Popgeschäfts drauf hat und sie fortwährend einsetzt. Nein, Chris de Burgh kommt jetzt mit schlichtem weißem Hemd und schwarzer Hose herein. Natürlich schmeichelt er dem Publikum, indem er tausendmal erklärt, wie gerne er das Stuttgarter Publikum hat und dass es ihm einst seinen allerersten Auftritt unter eigenem Namen ermöglicht habe. Dass er jetzt gleich zwei Mal in einem nahezu ausverkauften Beethovensaal auftritt, mag zudem ein deutlicher Ausweis der gegenseitigen Sympathie sein. Aber würde er bei seinem Auftritt auch liefern?

 

Seine Stimme mag leicht nachgelassen haben und die Höhen mögen ihr nicht mehr so leicht fallen. Das Markenzeichen aber bleibt, diese typische Chris-de-Burgh-Stimme, diese kumpelhafte Anmutung und diese unzähligen „Lalala“-Refrains, die das Publikum zum Mittun einladen sollen. Der 66-Jährige spielt zusammen an diesem Abend mit seinen vier Begleitern auch den 1975 erschienenen Titel „Spanish Train“, der mit viel musikalischer Dramatik das Schachspiel des Teufels mit Gottes Sohn beschreibt. Dieser Song wurde damals von der alternativen Gemeinde gut aufgenommen, und es wurde spekuliert bis hin zu faustischen Paralelitäten.

Doch später war de Burgh ganz klar auf die Popschiene eingebogen, Erwägungen, Haltungen, scheinbare Ironien hatten sich (wie bei anderen Popstars auch) zugunsten von Mitklatschrefrains und pompösen Sentimentalitäten aufgelöst. Der Popstar selber lebt schon lange auf einem Schloss in Südirland, das als Familiensitz alte und bewährte Dienst geleistet hat. Gleichzeitig lobt er jetzt das schwäbische Essen und lächelt dazu so zuckersüß, dass sich jeder hier im Schwäbischen als heimlicher Küchenkönig fühlen darf. Dass er jetzt wieder mit „Hands of Man“ ein neues Album herausgegeben hat: schön, solange er „Lady in Red“ spielt? Das tut er ausführlich, begibt sich ins Publikum, lächelt, lacht, umarmt, küsst, schüttelt Hände und kommt auf diese Weise bis hinauf in die Empore durch den ganzen Beethovensaal. Jaja, das Publikum sei ihm das Liebste, hat er in unzähligen Interviews gesagt. Es ist so, es mag wohl so sein. Popgeschäft. Und dann „Don’t pay the Ferryman“ und „High on Emotion“. Unschlagbar, klare Wirkungstreffer. Alles steht auf, klatscht, singt und schiebt Richtung Bühne. Es gibt kein Halten mehr.

Doch zuvor schon hat der irische Barde mit den Songs seines neuesten Albums „The Hands of Man“ anzukommen versucht, indem er teilweise allerlei menschliche Konstellationen verarbeitet hat. Nett, im typischen Rhythmus. „Big City Sundays“, „Where would I be“ oder „Candlestick“. Alles gut und gediegen, sauberes Songwriting, das mit seinen Mitteln ganz auf Effekte zielt. Dazwischen Handküsse und ein paar ironische Spiele mit dem Alter: es ist halt nix mehr so, wie es war.

Der Titel „Through these Eyes“ beschäftigt sich denn auch mit dem Blick einer alten Dame, die durch ein altes Fotoalbum blättert. Das Weltall aber, wenigstens das bleibt und existiert in anderen Zeiträumen. Ein Trost. Der Titel „Transmission ends“ aus dem Jahr 1984 führt flugs auf „A Spaceman came travelling“ mit einem Milchstraßenmotiv zu, vor dem der irische Barde in Richtung alter Zeiten lächelt. Im zweiten Teil des längeren Auftritts gibt’s auch noch entlang von Titeln wie „Pure Joy“ oder „There goes my Heart again“ Unplugged-Einlagen, alles ist wohltemperiert und clever. Am Ende muss da nicht viel bleiben außer einem guten Gefühl fürs Publikum. Erwartungen erfüllt? Chris de Burgh stand drauf und Chris de Burgh war drin.