Die Chefin des Landeselternbeirats hört auf - und ist völlig frustriert. "Die Regierung nimmt die Realität in den Schulen nicht zur Kenntnis", klagt Christiane Staab.

Stuttgart - Die Werkrealschule war der Super-Gau für den Landeselternbeirat", sagt Christiane Staab. Das Gremium machte Verbesserungsvorschläge ohne Ende, "keiner hat Gehör gefunden, alle Bedenken wurden weggewischt". Das hat die Vorsitzende des Landeselternbeirats (LEB) nicht verschmerzt. "Im LEB herrschte Frustration ohne Ende", am Montag hat sie ihren Rücktritt angekündigt. Staab stellt ihre Position ebenso zur Verfügung wie ihre Stellvertreterin Sylvia Wiegert. Beide bleiben aber Mitglied des Landeselternbeirats, der als Beratungsgremium des Kultusministeriums fungiert. Am 24. März soll ein neuer Vorstand gewählt werden. Zuvor wollen die 29 Mitglieder des Gremiums in Klausur gehen und beraten, wie sie mehr Gehör bei der Politik finden können.

In den fünf Jahren, seit Staab das Gremium anführt, ist das nach Meinung der Vorsitzenden nicht gut gelungen. Viele Stellungnahmen hat der LEB abgegeben, wenig ist von Kultusminister Helmut Rau (CDU) beherzigt worden. Die Grundschulempfehlung, die der LEB kategorisch ablehnt, sorgt gerade in den nächsten Wochen wieder in vielen Elternhäusern für Verdruss, die Lehrerversorgung lässt laut Staab nach wie vor zu wünschen übrig. Die Karlsruher Anwältin, die für die CDU im Gemeinderat sitzt, vermisst außerdem "verbindliche Fort- und Weiterbildungen", die Personalpolitik sei generell mangelhaft.

Das Fass zum Überlaufen brachte wie Staab selbst sagte, nicht Rau, sondern der Finanzminister Willi Stächele. Als Stächele jüngst anführte, die Lehrer-Schüler Relation im Land sei mit 16 Schülern pro Lehrer schon jetzt gut, und langfristig müsse der Schülerschwund Auswirkungen auf die Anzahl der Lehrerstellen haben, da platzte Staab der Kragen. "Die Regierung nimmt die Realität in den Schulen nicht zur Kenntnis", sagte die 41-jährige Mutter von vier Kindern gegenüber der Stuttgarter Zeitung. "Fünf Jahre haben wir versucht dafür ein Bewusstsein zu schaffen".

Jetzt resümiert Staab, "es fehlt die Einsicht und es ist kein Bewusstsein für die Probleme des Bildungsbereichs da". Die CDU-Fraktion sei auch nicht besser als die Regierung sagt die CDU-Frau. "An vielen Stellen fehlt die Offenheit, Probleme anzusprechen. Die Fraktion hat die vergangenen 30 Jahre schlichtweg verpennt". Die Fraktion verharre in den 50er und 60er Jahren, und verkenne die Problematik von Migranten oder die Notwendigkeit echter Ganztagsschulen. Kultusminister Helmut Rau zeigte sich überrascht vom dem Rückzug. In der vergangenen Woche habe es ein "sehr offenes und ausführliches Gespräch" mit Staab und Wiegert gegeben. Der LEB sei "als Beratungsgremium sehr ernst genommen worden", allerdings habe man nicht allen Wünschen des Gremiums entsprechen können, erklärte Rau. Volker Schebesta, der schulpolitische Sprecher der Landtags-CDU, findet, die Fraktion habe für moderne Elemente im Schulsystem gesorgt und verweist auf Bildungsstandards und die Werkrealschule.

Der Rücktritt ist Wasser auf die Mühlen der Opposition und der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Die GEW-Landesvorsitzende Doro Moritz beklagt, die Landesregierung mache Bildungspolitik gegen die Interessen von Eltern, Lehrern und Schülern. Der Rücktritt von Staab sei eine verständliche Reaktion darauf. Moritz bedauerte den Rücktritt Staabs und sagte gleichzeitig, "mit dieser Bildungspolitik gewinnen CDU und FDP keine Landtagswahl".

Renate Rastätter, die Schulexpertin der Grünen, sieht in dem Rückzug "einen saftigen Denkzettel für die verfehlte Bildungspolitik der Regierung". Staab würdigte sie als "Expertin, die authentisch und glaubwürdig, hartnäckig und konsequent die Interessen der Kinder und Eltern vertreten hat". Rau müsse sich jetzt die Frage stellen, wie lange er noch Bildungspolitik gegen die Eltern machen wolle.

"Wenn sich die Vorsitzende des Landeselternbeirats verhöhnt fühlt, zeigt das, dass die Regierung den Willen der Elternvertreter vollständig ignoriert", kritisiert der SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel. Die SPD erneuerte ihre Forderung an den künftigen Ministerpräsidenten Stefan Mappus, Rau als Kultusminister zu entlassen.