Die EU-Kommission will durch den Ausbau des Cloud Computing zusätzliche Wachstumsimpulse setzen. Den Bürgern soll die Angst vor der neuen Technik genommen werden.

Brüssel - Es ist ein wolkiger Tag in Brüssel“, hat der Sprecher der EU-Kommissarin Neelie Kroes am gestrigen Donnerstag verkündet, was in zweierlei Hinsicht zutreffend war: Zum einen ließ das Wetter zu wünschen übrig, zum anderen will sich die europäische Politik nun ernsthaft dem Phänomen der Datenspeicherung und Datennutzung im Internet annehmen, das gerne als Datenwolke bezeichnet wird.

 

Im „Cloud Computing“, wie der englische Fachbegriff heißt, sehen die Niederländerin Kroes und ihre Experten große Wachstumschancen. Würden die richtigen politischen Maßnahmen ergriffen, stiege die jährliche Wirtschaftsleistung um etwa ein Prozent oder umgerechnet 160 Milliarden Euro; bis Ende des Jahrzehnts könnten 2,5 Millionen Arbeitsplätze entstehen. Diesen Zahlen liegen die Annahmen zugrunde, dass Unternehmen zwischen zehn und 20 Prozent der für die Informationstechnik anfallenden Kosten einsparen können, wie erste Umfragen nahelegen. Sie müssten etwa nicht mehr auf jedem Rechner einzeln Sicherheitsprotokolle oder Software installieren. Erste Ergebnisse eines Forschungsprojekts namens „Eurocloud“ deuten zudem darauf hin, dass der Energieverbrauch solcher vernetzter Systeme um bis zu 90 Prozent gesenkt werden kann.

Der eigentliche Wachstumsschub käme jedoch daher, dass im Laufe der Zeit immer mehr Daten in die Wolke ausgelagert würden, was wiederum zur Erfindung neuer profitabler Anwendungen führen könnte. „Diese Strategie zielt also darauf ab, eine neue Industrie aufzubauen und im Wettbewerb mit den USA besser zu bestehen“, heißt es in einem Papier der EU-Kommission. Die Union soll weltweit der erste Akteur sein, der koordiniert vorangeht und dadurch im Vorteil ist. Bisher greifen die US-Konzerne Amazon, Google oder Microsoft einen Großteil des Marktes ab.

Dem im Wege stehen bisher die Verbraucher. Die empfänden das Konzept der Datenwolke, wenn sie überhaupt wüssten, worum es sich dabei handele, als „zu kompliziert und zu unsicher“, wie Kroes sagte. Erklärtes Ziel der EU-Kommission ist daher, die Scheu der Bürger vor der neuen Technik zu überwinden. Das soll zum Beispiel durch die Verabschiedung eines europaweit einheitlichen Datenschutzrechtes geschehen, dass von Brüssel freilich bereits vorgeschlagen worden ist, technische Feinheiten zum Cloud Computing aber bereits berücksichtigt.

Standardisierung und Zertifizierung bilden den Kern der Strategie: Noch vor Jahresende sollen Branchenvertreter beim EU-Normeninstitut für den Telekomsektor in Paris (ETSI) zusammenkommen und einen Prozess ins Laufen bringen, an dessen Ende Kriterien für eine vertrauenswürdige Wolke stehen: Was passiert mit Daten, wenn ein Anbieter bankrott geht? Ermöglichen die verwendeten Formate einen problemlosen Wechsel zu anderen Anbietern?

Solche Fragen könnte auch ein Mustervertrag zwischen Kunde und Anbieter klären. Daran soll eine Expertengruppe arbeiten, der auch Beamte aus den Mitgliedstaaten angehören. Die öffentliche Hand, die für rund 20 Prozent der jährlichen IT-Ausgaben verantwortlich zeichnet, soll Treiber der neuen Technik werden. „Im öffentlichen Sektor steckt ein großes Potenzial, die IT-Ausgaben durch Cloud-Services zu senken und gleichzeitig Angebote für die Bürger zu verbessern“, so Bernhard Rohleder vom Verband Bitkom. Laut EU-Kommission ist auch Deutschland interessiert, den Zuschlag für ein entsprechendes Pilotprojekt zu erhalten.

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