100 000 Dollar für virtuelle Güter

 

In anderen Ländern, vor allem in Asien, bezahlen schon fast die Hälfte aller Internet- und Mobile-Spieler. Für die Entwickler besonders interessant sind die sogenannten „Whales“ (deutsch: Wale). Gilt laut Brancheninsidern in Deutschland bereits der als Wal, der 100 Euro im Monat für virtuelle Güter ausgibt, so können dies in Dubai durchaus 15 000 Dollar und in China bis zu 100 000 Dollar im Monat sein. „In Asien hat Gaming sozial eine ganz andere Wertigkeit als in Europa“, sagt Wissenschaftler Quandt.

In der Hoffnung, möglichst viele Wale zu fangen, tummeln sich mittlerweile allein im Mobile-Bereich geschätzt rund 180 000 Entwicklerfirmen weltweit. „Aktuell versuchen viele Firmen, die zuvor in ihrem Markt entwickelt haben, in den mobilen Markt vorzudringen“, sagt Andre Potgeter von Gameforge. Dies schaffe ein extrem wettbewerbsorientiertes Umfeld. „Die Qualität des Produkts alleine reicht hier aber nicht aus“, sagt Forscher Quandt. Denn wer im App-Store oder bei Google Play nicht prominent erscheint oder empfohlen wird, geht in der Masse des Angebots schnell unter.

Dies begünstigt finanzstarke Hersteller wie Activision oder Electronic Arts (EA), die sich im Kampf um die Casual Gamer alles andere als geschlagen geben. Sie setzen beliebte Marken wie „Splinter Cell“, „Skylanders“ oder „Fifa“ inzwischen auch auf dem Touchscreen um und versuchen mit groß angelegten Werbeaktionen viele Nutzer anzulocken. Peter Moore, leitender Geschäftsführer des Branchengiganten EA, erzählte kürzlich dem US-Technologiemagazin „Wired“, dass EA vor fünf Jahren noch an 67 Spielen für Konsolen und PCs werkelte. Heute seien es noch 14. „41 Spiele entwickeln wir derzeit für Social, Mobile und Free-to-play“, so Moore.

„Angry Birds“ ist das Maß aller Dinge

Klaas Kersting vergleicht die Situation auf dem Markt für Computerspiele mit einer vierspurigen Straße. „Auf der langsamen Spur rechts fahren die alten Hersteller, die den physikalischen Handel beliefern“, sagt der Gründer und Chef des Karlsruher Spieleentwicklers Flaregames. „Links davon kommen die Online-Firmen, auf der Spur daneben Social-Games-Anbieter. Ganz links ist die Spur für Mobile Games – und von Spur zu Spur erhöht sich das Tempo“, sagt Kersting. Und damit – um die Metapher zu verlassen – der Innovationsdruck. Flaregames hat sich auf mobile Spiele spezialisiert und seit Mai bereits vier Titel auf den Markt beziehungsweise in die App-Stores gebracht. Vor Weihnachten sollen noch zwei weitere Spiele folgen.

Die Nachfrage scheint vorhanden: So spricht die niederländische Marktforschung Newzoo, die auf Spiele spezialisiert ist, von einem 15-prozentigen Nutzerwachstum bei mobilen Spielen in Europa zwischen März 2011 und 2012. Insgesamt 70 Millionen Menschen in Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Holland und Belgien spielten im März laut Newzoo auf Handys, Smartphones, Tablets und dem iPod Touch. 100 Millionen Menschen waren es in den USA (plus 35 Prozent gegenüber dem Vorjahr). Die Beratungsfirma Pricewaterhouse-Coopers (PwC) erwartet, dass Online und Mobile Games die Branche, die in Deutschland 2011 knapp zwei Milliarden Euro umsetzte, bald dominieren könnten. Während etwa der PC-Spiele-Markt schrumpft, soll der neue Zweig jährlich im zweistelligen Bereich wachsen. Weltweit geht PwC hier von einem Anstieg der Erlöse von derzeit 55,5 Milliarden auf 82 Milliarden Dollar im Jahr 2015 aus. Für Deutschland prognostizieren die Berater auch „starke Zuwächse“, vor allem für die Umsätze im mobilen Segment.

Spiele-App kostet im Schnitt 1,89 Euro

Doch woher kommen diese Umsätze? Seit je sind die Preise für Spiele-Apps niedrig, Tendenz fallend. Laut einer Prognose des Bundesverbands Interaktive Unterhaltungssoftware wird sich der Durchschnittspreis in diesem Jahr auf 1,89 Euro verringern (2011: 2,20 Euro). Um Umsätze zu generieren, setzen viele Hersteller auf das Modell Free-to-play. Dies bedeutet, dass das Spiel an sich kostenlos ist. Geld fließt stattdessen hauptsächlich durch den Verkauf virtueller Güter innerhalb des Spiels. Damit kommt der Nutzer schneller voran und kann bessere Waffen oder andere Gegenstände erlangen als seine weniger oder gar nicht zahlenden Mitspieler.

„Free-to-play ist das fairste Geschäftsmodell“, sagt Entwickler Kersting, dessen Unternehmen nur noch solche Titel entwickelt. Der Kunde bekomme das Produkt gratis und zahle nur, wenn er so zufrieden sei, so dass er weiterspielen möchte. „Man kauft niemals die Katze im Sack, sondern ist immer in der Lage, eine informierte Kaufentscheidung zu treffen“, sagt Kersting. Dennoch ist bislang nur ein geringer Teil der Nutzer bereit zu bezahlen. „Allgemein kann man sagen, dass rund 90 Prozent der Nutzer tatsächlich völlig kostenlos spielen“, sagt Andre Potgeter, Mobile-Chef von Gameforge, einem der größten Spielehersteller in Europa. Die Marktforscher von Newzoo gehen davon aus, dass in Europa bereits ein Viertel aller Spieler bezahlen. Eines ist in jedem Fall klar: die Tendenz zeigt deutlich nach oben. So prognostiziert PwC, dass sich die Zahl der zahlenden Spieler in Deutschland – online wie mobil – in fünf Jahren verdoppelt haben wird.

In Asien werden enorme Summen bezahlt

100 000 Dollar für virtuelle Güter

In anderen Ländern, vor allem in Asien, bezahlen schon fast die Hälfte aller Internet- und Mobile-Spieler. Für die Entwickler besonders interessant sind die sogenannten „Whales“ (deutsch: Wale). Gilt laut Brancheninsidern in Deutschland bereits der als Wal, der 100 Euro im Monat für virtuelle Güter ausgibt, so können dies in Dubai durchaus 15 000 Dollar und in China bis zu 100 000 Dollar im Monat sein. „In Asien hat Gaming sozial eine ganz andere Wertigkeit als in Europa“, sagt Wissenschaftler Quandt.

In der Hoffnung, möglichst viele Wale zu fangen, tummeln sich mittlerweile allein im Mobile-Bereich geschätzt rund 180 000 Entwicklerfirmen weltweit. „Aktuell versuchen viele Firmen, die zuvor in ihrem Markt entwickelt haben, in den mobilen Markt vorzudringen“, sagt Andre Potgeter von Gameforge. Dies schaffe ein extrem wettbewerbsorientiertes Umfeld. „Die Qualität des Produkts alleine reicht hier aber nicht aus“, sagt Forscher Quandt. Denn wer im App-Store oder bei Google Play nicht prominent erscheint oder empfohlen wird, geht in der Masse des Angebots schnell unter.

Dies begünstigt finanzstarke Hersteller wie Activision oder Electronic Arts (EA), die sich im Kampf um die Casual Gamer alles andere als geschlagen geben. Sie setzen beliebte Marken wie „Splinter Cell“, „Skylanders“ oder „Fifa“ inzwischen auch auf dem Touchscreen um und versuchen mit groß angelegten Werbeaktionen viele Nutzer anzulocken. Peter Moore, leitender Geschäftsführer des Branchengiganten EA, erzählte kürzlich dem US-Technologiemagazin „Wired“, dass EA vor fünf Jahren noch an 67 Spielen für Konsolen und PCs werkelte. Heute seien es noch 14. „41 Spiele entwickeln wir derzeit für Social, Mobile und Free-to-play“, so Moore.

„Angry Birds“ ist das Maß aller Dinge

Kleine Spieleschmieden, die kaum Geld für Werbung besitzen, werden entweder von den Großen geschluckt oder müssen auf den „Angry Birds“-Effekt hoffen. Das Spiel, bei dem grob gesagt Vögel auf Schweine geschleudert werden, ist mit weit über einer Milliarde Downloads der wohl größte Branchenerfolg. Das Produkt des finnischen Entwicklers Rovio kann sich daher als eine der wenigen Spiele-Apps hauptsächlich über Werbung finanzieren. Sechs Millionen Dollar Umsatz macht Rovio auf diesem Weg pro Monat. Ebenfalls aus Finnland kommt die App-Entwicklerfirma Supercell, die laut „New York Times“ mit nur zwei Free-to-play-Spielen am Tag 500 000 Dollar umsetzt.

Solche Erfolge sind jedoch nur wenigen vergönnt, Experten prognostizieren daher eine Marktbereinigung. „Ich vermute, dass auch einige größere Anbieter verschwinden werden“, sagt Forscher Quandt. Dies zeigen die Beispiele des renommierten Hamburger Entwicklers Bigpoint, der jüngst ankündigte, 120 Mitarbeiter zu entlassen und sein Studio in San Francisco zu schließen oder des einst hochgejubelten Online-Spieleherstellers Zynga („Farmville“), dessen Aktienkurs seit Börsengang mehr als 70 Prozent verloren hat. „Letztlich sind Geld und Aufmerksamkeit der Nutzer endlich“, sagt Quandt.

Ob das Branchenheil allein im Bereich Free-to-play liegt, ist offen. EA-Chef Moore hatte im Frühjahr mit der Prognose aufhorchen lassen, dass bald jedes Spiel nach diesem Prinzip funktionieren werde. Andre Potgeter von Gameforge formuliert es anders: „Qualitative, hochwertige Produkte zu einem entsprechenden Preis werden immer einen Markt besitzen.“ Jedoch werde dieser Absatzmarkt kleiner, und dadurch werde es für viele Firmen riskanter, auf dieses Geschäftsmodell zu setzen.