Es ist ein Buch mit deftigen und ungeschönt beschriebenen Details, aber eigentlich geht es um unglückliche Menschen und um die Zartheit der Seelen, die niemand beschützt, erst recht nicht die Polizei. Darum, dass Maria sich so sehr um ihre Karriere kümmert, dass ihre Kinder zur Kinderfrau zärtlicher und inniger sind als zu ihr und sie sich eingestehen muss: Sie „war ihren Kindern eine Fremde geworden.“ Auch ihrem Mann, der sie von oben herab und mit aller Analysekraft eines Psychoanalytikers abkanzelt, denn Mitgefühl, Empathie oder gar Liebe sind ihm schon längst abhanden gekommen. Er hat andere Ticks, so schätzt er es, wenn die Zeitung, die er am Frühstückstisch liest, noch „unberührt“ ist.

 

Diese ganze Rotzigkeit, die Maria an den Tag legt, ihre Sprüche über ihre Kollegen („diese Männer hatten Demut zu lernen“), ihr Blick auf Beziehungen („Maria mag Frauen, die ihre Männchen nach der Paarung fressen“), all diese Attitüde verdeckt nur ihren tiefen Wunsch danach, geliebt zu werden. Aber da sie das verlernt hat, muss sie automatisch an den Falschen geraten, an den Staatsanwalt.

Jung, stark und betrunken

Deswegen bricht im Roman immer wieder eine andere Wirklichkeit in die Ermittlungen ein und drängt sich vor: Maria selbst. Ihre Schmerzen, wenn sie ein totes Kind sieht: „Sohn einer Mutter, dachte Maria“. Deswegen denkt sie, als sie in einem Mietshaus ein paar Treppen hochrennt, an ihren Mann und ihr längst gestorbenes Verhältnis: „Hannes, siehst du das denn nicht. Ich bin jung und stark und schön.“ Und deswegen kommt sie zu dem Schluss, „dass Liebe Schmerz war, mehr als alles andere“ und dass „Männer und Frauen einander nur in betrunkenem Zustand ertragen.“

Natürlich behindert das die Ermittlungen erheblich. Weder ist Maria auf die Verhöre gründlich vorbereitet, weil sie die Nacht durchgevögelt hat statt die Akten zu studieren, noch ist sie oft bei der Sache, sondern gedanklich und gefühlsmäßig bei der letzten Nacht. Auch ihre Polizeitruppe würde besser arbeiten, wenn sie ein eingespieltes und gut gelauntes Team wären.

Denn man merkt doch sehr bald, dass es in diesem recht schmalen Band eigentlich gar nicht um den Fall geht. Es geht um die vierzigjährige Maria Rosenblatt, und so heißt das Buch auch passenderweise. Sie ist eine Karrierefrau, seit vielen Jahren so unglücklich und so in ihrem Unglück eingerichtet, dass sie es nicht einmal gemerkt hat. Sie nimmt sich die Männer, am liebsten untergebene, wie es ihr passt, behandelt alle anderen wie ihre Dienstboten. Und als sie anfängt zu lieben, wechselt sie die Rollen, wird ganz hingebungsvolle Geliebte, wird ihm fast hörig, bis am Schluss... (nein, das wird natürlich nicht verraten).

Sie turtelt mit ihm sogar während der Arbeitszeit, lässt sich von ihm ablenken und bekommt weiche Knie, wenn sie nur seine Stimme am Telefon hört. Dabei hat sie noch am Anfang gesagt: „Er gefällt mir, aber ich traue ihm nicht.“ Nein, sie ist hin und weg.

Rotzigkeit und Vögelei

Es ist ein Buch mit deftigen und ungeschönt beschriebenen Details, aber eigentlich geht es um unglückliche Menschen und um die Zartheit der Seelen, die niemand beschützt, erst recht nicht die Polizei. Darum, dass Maria sich so sehr um ihre Karriere kümmert, dass ihre Kinder zur Kinderfrau zärtlicher und inniger sind als zu ihr und sie sich eingestehen muss: Sie „war ihren Kindern eine Fremde geworden.“ Auch ihrem Mann, der sie von oben herab und mit aller Analysekraft eines Psychoanalytikers abkanzelt, denn Mitgefühl, Empathie oder gar Liebe sind ihm schon längst abhanden gekommen. Er hat andere Ticks, so schätzt er es, wenn die Zeitung, die er am Frühstückstisch liest, noch „unberührt“ ist.

Diese ganze Rotzigkeit, die Maria an den Tag legt, ihre Sprüche über ihre Kollegen („diese Männer hatten Demut zu lernen“), ihr Blick auf Beziehungen („Maria mag Frauen, die ihre Männchen nach der Paarung fressen“), all diese Attitüde verdeckt nur ihren tiefen Wunsch danach, geliebt zu werden. Aber da sie das verlernt hat, muss sie automatisch an den Falschen geraten, an den Staatsanwalt.

Jung, stark und betrunken

Deswegen bricht im Roman immer wieder eine andere Wirklichkeit in die Ermittlungen ein und drängt sich vor: Maria selbst. Ihre Schmerzen, wenn sie ein totes Kind sieht: „Sohn einer Mutter, dachte Maria“. Deswegen denkt sie, als sie in einem Mietshaus ein paar Treppen hochrennt, an ihren Mann und ihr längst gestorbenes Verhältnis: „Hannes, siehst du das denn nicht. Ich bin jung und stark und schön.“ Und deswegen kommt sie zu dem Schluss, „dass Liebe Schmerz war, mehr als alles andere“ und dass „Männer und Frauen einander nur in betrunkenem Zustand ertragen.“

Natürlich behindert das die Ermittlungen erheblich. Weder ist Maria auf die Verhöre gründlich vorbereitet, weil sie die Nacht durchgevögelt hat statt die Akten zu studieren, noch ist sie oft bei der Sache, sondern gedanklich und gefühlsmäßig bei der letzten Nacht. Auch ihre Polizeitruppe würde besser arbeiten, wenn sie ein eingespieltes und gut gelauntes Team wären.

Mal was anderes als der Mainstream

So ist der vermeintliche Kriminalroman eigentlich eine Studie über das Unglück der Menschen und die Lieblosigkeit in Beziehungen, ganz aus der Perspektive einer Frau geschrieben, die darunter leidet, aber leider keine Einsicht in die Mechanismen hat. Schade, dass einige stilistische Ungeschicklichkeiten und manchmal umständliche Sätze den Lesefluss doch erheblich stören. Warum fast nur indirekte Rede benutzt wird, erschließt sich z.B. nicht. Dafür gibt es poetische, manchmal böse Vergleiche, wenn der schmutzige Schnee Falten wirft wie Orangenhaut. Insgesamt ist das Buch aber sehr lesenswert, eine intelligente Trouvaille in dem eintönigen Mainstream, der als Krimi auf den Markt geworfen wird.

Corinna T. Sievers: „Maria Rosenblatt“. Roman. Edition Nautilus, Hamburg 2013. 144 Seiten, 16 Euro.Auch als E-Book, 9,99 Euro.