Gelassener sind auch die Gigliesi, die Bewohner der kleinen toskanischen Insel. Noch am Sonntag haben sie zusammen mit ein paar tausend Tagestouristen unmittelbar vor dem Wrack gebadet, ein schwimmendes Trampolin ist da im Meer installiert, daneben schwimmt eine quietschbunte Hüpf- und Rutschburg. Mittelmeer, Strand, Sommer aufs Allerbeste, wenngleich vor einmalig schräger Kulisse. An diesem Montag indes bleiben die Bade- und Fototouristen ausgesperrt, aus Sicherheitsgründen ist der Fährverkehr mit dem Festland während der Hebung der Costa Concordia unterbrochen: Das Wrack liegt ja genau neben der Hafeneinfahrt. „Die schaffen es“, sagen beinahe alle, die man auf der Hafenmole oder der -promenade nach ihrer Meinung zur Schiffsbergung fragt. Im September waren sie noch entschieden zurückhaltender. „Eine Woche noch“, sagt eine Oma zu ihrem Enkelchen beim üblichen Morgenspaziergang, „dann haben wir unsere Ruhe“. Ist sie da so sicher? „Na ja, entweder sie kriegen die Costa Concordia abgeschleppt, oder die Hebung geht schief, dann versinkt sie im Meer. Auf jeden Fall ist sie weg.“ Zwei alte Gigliesi auf der Mole meinen: „So schrecklich das Wrack da anzusehen ist, wir werden es auch vermissen. Das gehört mittlerweile zu unserem Hafenpanorama, und vor allem abends war das so schön: immer hell erleuchtet, immer kleine Barken mit Arbeitern und Material hin- und herfahrend, so wie Glühwürmchen durch die Luft fliegen . . .“

 

Die letzte Reise ist 370 Kilometer lang und dauert fünf Tage

Um zwei Meter wollen sie die Costa Concordia an diesem Montag anheben – nur ein erster, kleiner Schritt, glücklich geschafft ist er am frühen Nachmittag. Und sofort haben sie das nun tatsächlich wieder bewegliche Wrack 30 Meter von der Küste weggezogen, um endlich genügend Platz zu haben, die letzten Schwimmreifen-Container auf der vorher versunkenen Landseite in die endgültige Position zu bringen. In sechs oder sieben weiteren Tagen dann soll das einstige Traumschiff um weitere zwölf Meter aus dem Meer aufsteigen, Deck für Deck. Das sind jedenfalls die Planungen des Bergungsteams um Nick Sloane und Franco Porcellacchia (60), den Ingenieur der Reederei Costa, der das Schiff seinerzeit auch entworfen hat.

Voraussichtlich am Montag kommender Woche bekommen dann die Schlepper zu tun. Fünf Tage lang wird die 370 Kilometer lange letzte Reise nach Genua dauern. Sie wird, wenn alles so eintritt wie vorgesehen, auch ein Triumph sein für Nick Sloane selbst. Der 53-jährige Ingenieur, der schon für diesen Montag die beigen Container seines Regieraums ganz oben, auf dem allerhöchsten Deck der Costa Concordia platziert hat, will die ganze Fahrt über dort oben bleiben. Es ist sein Wrack, das will er reiten bis zuletzt. Und wo schläft er? In der Kabine des Unglückskapitäns Francesco Schettino vielleicht? Da lacht Sloane hell auf: „Nein, die ist zerstört.“