Die Berliner Band Culcha Candela hat vor ihrem Konzert für Partylaune in der Flüchtlingsunterkunft auf den Fildern gesorgt.

Stuttgart - Einem winzigen Kommentar auf Facebook ist es zu verdanken, dass an diesem Tag im Möhringer Flüchtlingsheim die Beats bis auf die Straße zu hören sind. Und drinnen: tanzende Kids, filmende Eltern, rappende Bewohner und ein paar Stars aus Berlin. Vor ihrem Konzert am Donnerstagabend im LKA Longhorn hat die Berliner Band Culcha Candela der Unterkunft auf den Fildern einen Besuch abgestattet. Den Kommentar auf der Facebook-Seite der Band hat Elke Abdullah hinterlassen, die sich im Heim um Traumatisierte kümmert. Ob die Band nicht Lust hätte vorbeizukommen? Hat sie, kam prompt nach nur einer Stunde als Antwort zurück – und in der Unterkunft in Möhringen starteten die Vorbereitungen. „Ich bin von Tür zu Tür gegangen“, sagt Abdullahi. Denn natürlich kannte kaum einer der rund 200 Bewohner an der Lautlinger Straße die Band aus Berlin, die hierzulande mit ihrer Gute-Laune-Mischung aus Hip-Hop, Reggae und Latin Hallen füllt.

 

Abdullahi arbeitet für das Projekt Omid, ein persisches Wort, das übersetzt Hoffnung bedeutet. Ins Leben gerufen wurde dieses vom Caritasverband Stuttgart, um traumatisierten Flüchtlingen psychosoziale Betreuung anzubieten. Es sind schwere Schicksale, denen Abdullahi täglich begegnet, mit der Einladung von Culcha Candela hat sie vielen aber einen unbeschwerten Tag geschenkt. Der Besuch hat sich in der Unterkunft schnell herumgesprochen. Aus einem kleinen Snack ist ein großes interkulturelles Buffet geworden mit Spezialitäten aus Afghanistan, Nigeria oder vom Balkan. Die Bewohner merken an diesem Donnerstag schnell, dass sich eine recht bekannte Band für sie Zeit nimmt. Zu ihnen gesellen sich Teams vom Fernsehen und Radio, die ebenfalls auf den Besuch warten.

Culcha Candela ist eine multikulturelle Band

Als die Bandmitglieder ankommen, werden Selfies geknipst, die Bewohner abgeklatscht und Gespräche geführt. Vor allem die Jungs scharen sich um die vier Berliner, erzählen woher sie kommen und wie sie es nach Deutschland geschafft haben. Auch Culcha Candela besteht aus einer multikulturellen Besetzung, die Bandmitglieder haben ihre Wurzeln etwa in Polen oder Uganda. Mit ihrer Aktion „Bock auf Bunt“ setzen sie sich aktiv für Flüchtlinge ein. Ein Euro pro verkauftem Konzertticket ihrer aktuellen Tour geht an Pro Asyl. „Wir haben zwar alle einen deutschen Pass, sind aber teilweise in anderen Ländern geboren. Das Thema liegt uns schon immer sehr am Herzen“, sagt Mateo Jaschik, der in Breslau geboren und Mitte der Achtziger mit seiner Mutter nach Berlin gezogen ist. Auf Facebook bezieht die Band klar Stellung gegen ausländerfeindliche Kommentatoren und behandelt auch in ihren Texten Rassismus, Nationalismus und Sexismus. Die Hochachtung und der Respekt, sagt Jaschik, gelte allen Helfern und Ehrenamtlichen, die sich für Flüchtlinge engagieren.

Gestärkt vom interkulturellen Buffet drehen die Jungs aus der Hauptstadt schließlich die Regler hoch, rufen „Are you ready to Party?“ – und im kleinen Raum im Erdgeschoss des Möhringer Flüchtlingsheims wird gesprungen und getanzt. Eigentlich sollten außerdem zehn Konzerttickets für die besten Tänzer verlost werden. Beeindruckt vom Einsatz der Bewohner, sagt Matteo aber irgendwann: „Ach komm, wir machen zwanzig.“