Mercedes-Benz will künftig Autos in Brasilien produzieren. Gegenwärtig werden Standorte geprüft. Im zweiten Halbjahr soll eine Entscheidung fallen. Welche Modelle in Brasilien gebaut werden, ist bisher nicht festgelegt.

Stuttgart - Mercedes-Benz will in Brasilien wieder Pkw produzieren und sucht nach einem Standort für eine Fabrik. Gute Chancen hat offenbar der Bundesstaat Santa Catarina in Südbrasilien, wo Erzrivale BMW gerade ein Werk für eine Jahresproduktion von 30 000 Autos baut. Die Pressestelle von Mercedes Benz do Brasil bestätigte, dass „mit einigen Bundesstaaten“ Brasiliens Gespräche geführt worden seien, etwa mit São Paulo und Minas Gerais, wo Mercedes bereits Lastwagen produziert. Die Firma wolle weltweit die Pkw-Produktion erweitern, „und Brasilien ist eines der Länder, das im Hinblick darauf untersucht wird“. Die Entscheidung falle im zweiten Halbjahr. Welche Modelle in Brasilien gebaut werden, sei bisher nicht festgelegt: „Wir sind noch am Anfang unserer Studien“, teilte Mercedes do Brasil mit.

 

Paulo Bornhausen, der Wirtschaftsminister von Santa Catarina, sagte der Presse, Mercedes-Abgesandte hätten sich bereits zwölf mögliche Standorte angesehen, die alle im Norden des Staates lägen, im Umkreis der Stadt Joinville, die sich wegen ihrer zahlreichen Metall verarbeitenden Betriebe als „Manchester Santa Catarinas“ bezeichnet. „Wir sind nicht die Favoriten, aber wir liegen gut im Rennen“, sagte Bornhausen. Der Gouverneur von Santa Catarina, Raimundo Colombo, fliegt nächste Woche nach Deutschland – zuerst nach München und anschließend nach Stuttgart.

Das von deutschen Einwanderern geprägte Joinville hat 530 000 Einwohner und sieht sich als „Verlängerung“ der kleinen Nachbargemeinde Araquari, wie Joinvilles Bürgermeister Udo Döhler kürzlich sagte. In dieser Kleinstadt mit 23 000 Einwohnern investiert BMW gerade 200 Millionen Euro. Die Fertigung soll im September 2014 beginnen, rund 1000 Arbeitsplätze werden entstehen. Die Erweiterung der Produktion dürfte Investitionen von weiteren 200 Millionen Euro erfordern. Und selbstverständlich strahlt so ein Vorhaben auf die Nachbarn aus, allen voran das gut entwickelte Joinville.

A-Klasse bereitete in Brasilien von Anfang an Probleme

Die Bayern wollen mit lokal produzierten Autos auf dem brasilianischen Markt, dem viertgrößten der Welt, präsent sein, weil gerade im gehobenen Segment hohe Zuwächse vorhergesagt werden. 2012 wurden in Brasilien 45 000 importierte Autos der Premiumklasse verkauft. Die Beraterfirma Pricewaterhouse-Coopers schätzt, dass das Marktvolumen dieser Klasse bis 2017 auf 150 000 Stück jährlich steigen wird. Neben Mercedes erwägen deshalb auch Audi, Land Rover und Volvo, in Brasilien eine Fertigung zu beginnen.

Befördert werden diese Überlegungen durch hohe Importsteuern. Umgekehrt kommt Brasilien Investoren entgegen, die eine eigene Produktion aufbauen. Dazu hat das Land ein Regelwerk aufgestellt, das eine hohe Fertigungstiefe in Brasilien sicherstellen und Anreize für niedrigen Spritverbrauch geben soll. Über die Details dieser Regelungen wurde lange gestritten, was die Entscheidung vieler Autohersteller über neue Werke in Brasilien verzögert hat. Aber nun hat BMW die Nase vorne, und solange die Konkurrenten aus der Luxusklasse nicht mit eigenen Fertigungen in Brasilien nachziehen, werden die Bayern ihre Autos zu unschlagbaren Preisen auf dem dortigen Markt anbieten können. Was natürlich bedeutet, dass ihre Investition Druck auf die Konkurrenz ausübt, es BMW nachzumachen.

Daimler hatte schon früher einmal den Norden von Santa Catarina als Standort für ein Werk ins Auge gefasst: 1995, als die Stuttgarter die Produktion der Mercedes A-Klasse in Brasilien beginnen wollten. Die Entscheidung fiel damals jedoch für Juiz de Fora nördlich von Rio de Janeiro, das mit einem erschlossenen Industriegebiet, guten Verkehrsverbindungen und üppigen Steuervorteilen das Rennen machte. Allerdings bereitete die A-Klasse in Brasilien praktisch von Anfang an Probleme. Der Wagen war für diesen Markt extrem teuer, und seine Form fand wenige Freunde. Die Produktion wurde 1999 begonnen und sechs Jahre später eingestellt. Gerüchte über die Schließung und den Verkauf des Werkes endeten erst, als es für die Lkw-Produktion umgerüstet wurde und damit die Kapazitäten der Nutzfahrzeug-Fertigung in São Bernardo do Campo bei São Paulo erweiterte.