Der Eindruck mangelnder Koordination mag auch der Akustik der Stiftskirche geschuldet sein, die sich zumal für Zuhörer im rechten Mittelschiff als ziemlich tückisch erweist. Ein einziges Klangpaneel hinter dem Chor aufzustellen reicht in diesem Raum einfach nicht aus. Für mildernde Umstände sorgt immerhin die Platzierung des Chorsoprans rechts vor den Bässen – dadurch erhalten die gemeinsam von der dynamisch prominenteren linken Position aus agierenden Mittelstimmen mehr Gewicht. Und überhaupt hört man, dass mit diesen Sängern viel gearbeitet worden ist. Manche Vokalfärbung mag noch nicht einheitlich sein, manche Phrase nicht vollständig homogenisiert – aber was Hans-Christoph Rademann zumal in den sehr individuell durchgestalteten Chorälen gelingt, ist beeindruckend.

 
Von Erdenschwere befreit

Von Erdenschwere befreit

Die dynamische Zurücknahme in den Schlusszeilen von „Petrus, der nicht denkt zurück“ und „Ach, großer König“, die Verlangsamung der Schlusszeile von „Christus, der uns selig macht“, der variable Umgang mit Zeilenenden, feine Abtönungen der Phrasen, dazu das bewusste Innehalten vor dem zentralen Choral „Durch dein Gefängnis, Gottes Sohn“: Das ist exzellent gedacht und ausgeführt. Die Idee, den Chor bei der Bassarie „Mein teurer Heiland, lass dich fragen“ sitzen zu lassen und seine Einwürfe auf ein dynamisches Mindestmaß zu reduzieren, hat etwas Zwingendes, weil sie das Stück von Erdenschwere befreit.

Zugegeben: Manches hätte man lieber in einem filigranen, obertonreicheren Klanggewand mit historischen Instrumenten gehört. Dann wäre auch die Balance stimmiger gewesen, die immer wieder zuungunsten der Orchesterstreicher ausfällt, und bei großen Chorsätzen hätten die Instrumente nicht dieses Klangmorastige gehabt, das ihnen nun bei Tuttipassagen in der Stiftskirche gelegentlich anhaftet. Es ist aber Feuer und Lust da – und immer wieder große Kunst.

Werner Güra als Evangelist ist eine Bank: klar, bestimmt, empathisch und selbst in der Höhe von ungefährdeter Stimmschönheit. Unter den guten Solisten ragt die Sopranistin Viola Blache („Zerfließe, mein Herze“) heraus. Und als nicht der„Engelein“-Choral, sondern „Christe, du Lamm Gottes“ das Stück beschließt, sind die Zuhörer genau so, wie Bach, Rademann und die Kunst sie haben wollen: irritiert, berührt, begeistert.

Der Eindruck mangelnder Koordination mag auch der Akustik der Stiftskirche geschuldet sein, die sich zumal für Zuhörer im rechten Mittelschiff als ziemlich tückisch erweist. Ein einziges Klangpaneel hinter dem Chor aufzustellen reicht in diesem Raum einfach nicht aus. Für mildernde Umstände sorgt immerhin die Platzierung des Chorsoprans rechts vor den Bässen – dadurch erhalten die gemeinsam von der dynamisch prominenteren linken Position aus agierenden Mittelstimmen mehr Gewicht. Und überhaupt hört man, dass mit diesen Sängern viel gearbeitet worden ist. Manche Vokalfärbung mag noch nicht einheitlich sein, manche Phrase nicht vollständig homogenisiert – aber was Hans-Christoph Rademann zumal in den sehr individuell durchgestalteten Chorälen gelingt, ist beeindruckend.

Von Erdenschwere befreit

Von Erdenschwere befreit

Die dynamische Zurücknahme in den Schlusszeilen von „Petrus, der nicht denkt zurück“ und „Ach, großer König“, die Verlangsamung der Schlusszeile von „Christus, der uns selig macht“, der variable Umgang mit Zeilenenden, feine Abtönungen der Phrasen, dazu das bewusste Innehalten vor dem zentralen Choral „Durch dein Gefängnis, Gottes Sohn“: Das ist exzellent gedacht und ausgeführt. Die Idee, den Chor bei der Bassarie „Mein teurer Heiland, lass dich fragen“ sitzen zu lassen und seine Einwürfe auf ein dynamisches Mindestmaß zu reduzieren, hat etwas Zwingendes, weil sie das Stück von Erdenschwere befreit.

Zugegeben: Manches hätte man lieber in einem filigranen, obertonreicheren Klanggewand mit historischen Instrumenten gehört. Dann wäre auch die Balance stimmiger gewesen, die immer wieder zuungunsten der Orchesterstreicher ausfällt, und bei großen Chorsätzen hätten die Instrumente nicht dieses Klangmorastige gehabt, das ihnen nun bei Tuttipassagen in der Stiftskirche gelegentlich anhaftet. Es ist aber Feuer und Lust da – und immer wieder große Kunst.

Werner Güra als Evangelist ist eine Bank: klar, bestimmt, empathisch und selbst in der Höhe von ungefährdeter Stimmschönheit. Unter den guten Solisten ragt die Sopranistin Viola Blache („Zerfließe, mein Herze“) heraus. Und als nicht der„Engelein“-Choral, sondern „Christe, du Lamm Gottes“ das Stück beschließt, sind die Zuhörer genau so, wie Bach, Rademann und die Kunst sie haben wollen: irritiert, berührt, begeistert.