Goldener Oktober – von wegen: Warmes Sonnenlicht im roten Laub gab es 2015 in Stuttgart eher selten. Und an acht Tagen schien die Sonne sogar keine einzige Minute.

Stuttgart - Ein sanfter und milder Wind bläst den Nebel weg und lässt die leuchtend roten Blätter rascheln. Der Himmel spannt sich blau über die Stadt, keine Wolke hindert die Sonne – und die Wirte in der City stellen am Mittag rasch noch mal die Tische raus. Herrlich, so muss er sein, der „Goldene Oktober“. Jeden Tag dem nasskalten Herbst ein Schnippchen schlagen, in der dünnen Jacke mit einem Espresso in der Hand in der Mittagszeit in die Sonne blinzeln. Wunderbar, wie gut es das Wetter mit uns meint.

 

Dummerweise ist jetzt November, der „Goldene Oktober“ also ein paar Tage zu spät dran. Das soll natürlich trotzdem Recht sein, dem eigentlich für dieses Wetter zuständigen Monat muss aber ein sehr bescheidenes Zeugnis ausgestellt werden. Ein kleines bisschen zu kühl war er, und ein erhebliches Defizit an Sonne und Regen zeichnete den Oktober 2015 auch noch aus.

Die Sonne macht sich rar

An der Wetterstation Schnarrenberg wurden 75,4 Sonnenstunden gezählt, das sind deutlich weniger als die Referenzzahl eines durchschnittlichen Oktobers, die man zwischen 1961 und 1990 ermittelt hat. Demnach hätte es im langjährigen Mittel 121,5 Stunden Sonnenschein in Stuttgart geben sollen. Schuld am dunklen Monat war laut Klaus Riedl vom Deutschen Wetterdienst in Stuttgart ein sogenanntes Höhentief, „das tagelang über uns gelegen und für starke Bewölkung gesorgt hat“, wie der Meteorologe erklärt.

Dieses Höhentief führte dazu, dass zwischen dem 12. und dem 20. Oktober die Sonne in Stuttgart insgesamt nur knapp drei Stunden schien, an vier Tagen sogar überhaupt nicht. Das ist natürlich schlecht fürs Gemüt, taugte aber wenigstens als Ausrede, dass man gegen das Depri-Wetter schon Wochen vor Weihnachten kartonweise Dominosteine essen muss (wahlweise andere Süßigkeiten). Insgesamt waren nach Klaus Riedl seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1951 nur vier Oktober noch trüber als der 2015.

Nur drei Liter Regen 1969

Und zu trocken war es auch: Gerade mal 22,4 Liter Regen wurden am Schnarrenberg gemessen, 40,6 Liter wären normal gewesen. Somit setzte der Oktober einen Trend des Jahres 2015 fort, das bisher insgesamt deutlich zu trocken ist. Außer im Januar und im August fiel in allen Monaten zu wenig Regen. Und seit dem 25. Oktober hat es bis heute so gut wie überhaupt nicht mehr geregnet. Lediglich am 28. gab es einen Spritzer Wasser von oben. Aber auch da fielen nur bescheidene 0,1 Liter auf den Quadratmeter. Das ist nicht mal ein Achtetele, also so gut wie nichts. In der Stuttgarter Wetterhistorie finden sich aber noch erheblich trockenere Oktober. „1969 fielen gerade mal drei Liter Regen am Schnarrenberg“, weiß Klaus Riedl.

In Sachen Temperatur war der Oktober dagegen ein unauffälliger Geselle. Gegenüber der langjährigen Durchschnittstemperatur von exakt zehn Grad, war es mit 9,6 Grad ein klein wenig kühler, an 14 Tagen wurde leichter Bodenfrost gemessen. An der Wetterstation am Flughafen war es dagegen im Durchschnitt sogar 0,2 Grad wärmer als das auf den Fildern geltende Monatsmittel von neun Grad. Diese Abweichungen sind aber weit geringer als jene bei Sonnenschein und Regen. Der bisher kälteste Oktober war übrigens 2003 mit nur 7,7 Grad im Schnitt.

Kaltluft Ende November in Sicht

2003 – genau das war das Jahr mit der Rekordhitze im Juli und August. Auch der Sommer 2015 hat einige Rekorde aufgestellt; dass jetzt aber auch wie 2003 ein kalter Frühwinter kommt, ist nach Riedl im Moment nicht mehr als Kaffesatzleserei. Seriös könne man dazu jetzt im Herbst noch gar nichts sagen.

Und so ein kleines bisschen spekulieren? Das geht schon: Da sich im Moment nördlich des 75 Breitengrads viel Kaltluft hinter einer markanten Luftmassengrenze sammelt, würde Riedl ein Kälteeinbruch Ende November zumindest nicht verwundern. Mehr Spekulation gibt es aber nicht, da hält sich der Meteorologe lieber an harte Fakten – und die sind im Moment nur in der Rückschau klar. Der Oktober war zu trocken und zu trüb. Zum Glück gibt es Dominosteine.