Als Kompensation für den Regierungsumzug nach Berlin ist der frühere Regierungssitz Bonn zur deutschen UN-Stadt erklärt worden. Ein neues Kongresszentrum soll das dokumentieren. Nun ist man endlich am Ziel.

Bonn - Bonn ist seit dem Umzug von Parlament und Regierung nach Berlin die deutsche UN-Stadt. Nun hat die ehemalige Hauptstadt endlich auch ein Kongresszentrum, das den Wünschen der Vereinten Nationen entspricht. In einer Woche wird der Erweiterungsbau am alten Bundestag feierlich eröffnet, der Konferenzen bis zu 5000 Teilnehmern aufnehmen kann. UN-Generalsekretär Ban Ki -Moon wird dazu anreisen. Wenn er zusammen mit Außenminister Frank Walter Steinmeier und dem Bonner Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch das symbolische Band durchschneidet, dann hat das Gebäude schon die ersten Veranstaltungen hinter sich. Das Klimasekretariat der Vereinten Nationen kann dort endlich seine Treffen zur Vorbereitung der internationalen Klimakonferenzen durchführen.

 

Ein dunkles Raumschiff im Ex-Regierungsviertel

Von außen sieht der Neubau aus wie ein riesiges Tarnkappen-Raumschiff, das im ehemaligen Regierungsviertel gelandet ist – schwarz, kantig und spiegelglatt. Flach duckt es sich zwischen dem ehemaligen Plenarsaal und einem neuen Kongresshotel, das noch nicht fertig ist. Dunkle Fensterflächen halten neugierige Blicke ab. Ganz das Gegenteil vom Plenarsaal gegenüber, der fast nur aus Glas besteht – Sinnbild für eine transparente Demokratie. Ein Tunnel verbindet beide Bauten. Innen sieht es freundlicher aus. Diamant heißt das kantig gebrochene Glasdach über dem Foyer. Bei der Generalprobe mit 3000 Bediensteten der Stadtverwaltung war es darunter zu heiß. Die Geothermieanlage musste justiert und eine zweite Kältemaschine aktiviert werden. Sonst wurde das Gebäude überwiegend gelobt. Konferenz- und Sicherheitstechnik sind auf dem neuesten Stand, was der UN wichtig ist.

Der Betrieb kann also anlaufen – fast sieben Jahre später und viele Millionen Euro teurer als geplant. Das Kongresszentrum gehört zu den Ausgleichsprojekten, die der Bund für den Umzug von Parlament und Regierung mit finanziert. Die Stadt Bonn wollte dafür nur das Grundstück beisteuern und suchte einen privaten Investor für das ambitionierte Projekt. 2004 wurde er gefunden. Es ist ein Koreaner, heißt Man Ki Kim und hat in den USA die Firma SMI Hyundai Corporation LLC gegründet. Vom Namen Hyundai lassen sich die Verantwortlichen der Stadtverwaltung beeindrucken. Bei der Vertragsunterzeichnung nennt ihn die damalige Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann einen „Glücksfall“. Daraus wird ein Unglücksfall. Ende 2008 soll das Kongresszentrum fertig sein und, wie Dieckmann hofft, weltweit eines der schönsten werden. 139 Millionen Euro werden für das Zentrum mit Hotel veranschlagt. Die Parlamentarische Gesellschaft muss weichen, alte Bäume werden gefällt,

Eine Pleite und andere Merkwürdigkeiten

Deutschlands berühmtester Kiosk gegenüber dem Bundestag wird vorsichtig weggehoben. Er soll später wieder im Bundesviertel stehen. 2006 wird der Grundstein gelegt. Aber im Oktober 2009 meldet der Investor Insolvenz an. Er ist nicht finanzkräftig, denn die Firma gehört nicht zum Weltkonzern Hyundai, sondern ist eine private Gründung von Kim. Er kann die versprochene Eigenleistung nicht beibringen, hat das Grundstück verpfändet und sich Geld zu horrenden Zinsen geliehen. Die Stadt muss übernehmen und immer mehr Geld zuschießen.

136 Millionen Euro waren beim Konkurs verbaut. Seither mussten weitere 85 Millionen bezahlt werden. Bund und Land sind mit 45 Millionen beteiligt. Die endgültigen Kosten sind noch nicht bekannt. Investor Kim ist wegen Betrugs zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt und nach Südkorea abgeschoben; die Staatsanwaltschaft hat den ehemaligen Stadtdirektor und die Projektleiterin der Stadt wegen Betrugs angeklagt. Die Sparkasse Köln-Bonn klagt gegen die Stadt wegen einer Bürgschaft für Kim auf Rückzahlung eines 82 Millionen-Kredits. Der Insolvenzverwalter will Schadenersatz von der Stadt und die Stadt vom Insolvenzverwalter auch. Am Ende wird Bonn wohl 100 Millionen Euro zahlen müssen – Geld, das die Stadt nicht hat.