Der Gründer der Drogeriekette DM Götz Werner und der grüne OB Boris Palmer suchen nach Rezepten gegen die Armut. Der eine setzt auf das bedingungslose Grundeinkommen, der andere auf höhere Steuern.

Stuttgart - Boris Palmer ist erst 40, zählt zur Nachwuchsreserve der Grünen und spürt doch schon die Gebrechen des Alters. Die Knie täten weh, der Magen bereite Probleme und am Hals trage er schon wieder ein Tape, weil er ihn sonst kaum drehen könne. Das verrät der grüne OB Tübingens, als er bei dem von der Körber-Stiftung initiierten Generationendialog mit Götz Werner diskutiert. Der Gründer der Drogeriemarktkette DM sitzt vis-à-vis, ist zwar fast dreißig Jahre älter, aber er sprüht vor Energie und schüttelt ein wenig den Kopf über Palmer. Für solche Zipperlein sei der noch zu jung, meint Werner und haut seinen nächsten Spruch raus. Eigentlich heiße es, wenn einem mit 50 noch nichts weht tut, dann sei man tot. „Ich bin fast 69. Das macht richtig Spaß.“

 

„Der Mensch ist ein Tätigkeitswesen.“

Der Unternehmer, der ein Imperium mit 1300 Filialen aufgebaut hat, schlüpft an diesem Montagabend im Stuttgarter Alten Schloss mühelos in mehrere Rollen. Er gibt mit kessen Kommentaren den Unterhalter, belehrt wie ein Professor über wirtschaftliche Zusammenhänge und wirbt wie ein Prediger für seine Idee des bedingungslosen Grundeinkommens. Danach bekäme jeder – ob Greis, ob Kind, ob arbeitslos oder beschäftigt – zum Beispiel 1000 Euro vom Staat. Das brächte nach Werners Auffassung das Ende von zwei großen Skandalen: der Kinderarmut und der Altersarmut. Bedenken, dass viele Zeitgenossen das Geld einstreichen und sich auf die faule Haut legen, wischt er ebenso vom Tisch wie Zweifel an der Finanzierbarkeit der Sache: „Wir müssen uns von unseren Vorurteilen befreien. Der Mensch ist ein Tätigkeitswesen.“

Zweifel an Weltverbesserungsentwürfen

Boris Palmer bringt dem Vorschlag zwar Sympathie entgegen, so idealistisch sieht er die Welt aber nicht. Vertreter seiner, der mittleren Generationen, seien weniger in der Lage, sich Weltverbesserungsentwürfen hinzugeben. Sie müssten das Machbare und die gesellschaftliche Akzeptanz im Blick haben. Wenn ein Parteitag dieses Grundeinkommen beschließen würde, „schreiben alle Zeitungen: Jetzt spinnen die Grünen“. Palmer setzt lieber auf höhere Erbschaftssteuern und die Einführung der Vermögenssteuer. Das würde 30 Milliarden einbringen, um Leistungen zu finanzieren und Schulden abzubauen. Von einer Vermögensteuer hält der vermögende Werner aber nichts: Politiker kämen oft mit Ladenhütern, meint er und zeigt doch für Palmer Verständnis: „Ich wäre nicht gerne Politiker“, sagt er. „Ich wäre gerne DM-Chef“, entgegnet Palmer. Zumindest hier sind sich beide einig.