Die vom Rechnungshof angeregten Sparpläne für die fünf Einrichtungen sind vom Tisch. Ganz im Gegenteil werden die Landesmittel nun sogar erhöht. Jetzt sollen Kompetenzzentren errichtet und eine Exzellenzinitiative gestartet werden.

Kultur: Jan Ulrich Welke (juw)

Stuttgart - Als sich am Sonntag viele Menschen im Land an Braten und „Tatort“ delektierten, dürften drei Damen und drei Herren ebenfalls sehr zufrieden gewesen sein. Die Kunstministerin Theresia Bauer bat nachmittags zu Tisch und konnte dabei den beiden Rektorinnen und den drei Rektoren der fünf Musikhochschulen in Baden-Württemberg verkünden, dass sie mitnichten bittere Kürzungspillen zu schlucken bekämen, sondern umgekehrt sogar ein paar süße Stückchen hinzu.

 

Der im Juli 2013 publik gewordene Vorschlag des Rechnungshofs, dass die fünf Hochschulen einen Einsparbetrag von fünf Millionen zu erbringen hätten, sei mithin Makulatur. Die daraus abgeleitete Forderung aus einem Eckpunktepapier, das eine Expertenkommission für ihr Ministerium erstellt hatte, ebenfalls. Vielmehr bekämen die Musikhochschulen sogar mehr Geld. Und das hat vier Gründe: Zum einen sollen die fünf Häuser beim Hochschulförderungsprogramm „Perspektive 2020“, das allen Hochschulen in Baden-Württemberg bis zum Beginn des neuen Jahrzehnts jährliche Etaterhöhungen um drei Prozent zubilligt, nun ebenfalls mit berücksichtigt werden. Zum zweiten wird das Land die Hälfte der Kosten beisteuern, die durch eine um zwanzig Prozent erhöhte Vergütung der Lehrbeauftragten und des akademischen Mittelbaus entstehen. Zum dritten will das Land fünf zusätzliche Professorenstellen einrichten. Viertens soll die Zahl der Studierenden an den fünf Häusern (die derzeit bei über dreitausend liegt) wieder auf die Marke von insgesamt 2650 zurückgeführt werden, die bei der letzten großen Strukturreform 1998 festgelegt wurde und die eine weitaus bessere Betreuung jedes Einzelnen gewährt.

Der Öffentlichkeit unterbreitete die Ministerin diese frohe Kunde dann tags darauf, am Montag in der Stuttgarter Musikhochschule beim Abschlussplenum der fünf Zukunftskonferenzen, die seit Februar dieses Jahres an den Musikhochschulen durchgeführt worden sind. Die Rechnungshofvorschläge „wären der garantierte Weg ins Mittelmaß gewesen“, so Bauer, die Landesregierung indes habe „den Handlungsbedarf klar erkannt“ für die Musikhochschulen, „denen es an allen Ecken und Enden fehlt“. Im Gegenzug haben sie und ihr Staatssekretär Jürgen Walter sich mit den fünf Mitgliedern der Hochschulrektorenkonferenz nun auf fünf weitere Säulen des Vorgehens – siehe nebenstehende Infobox – verständigt.

Insgesamt werden durch die jährlich dreiprozentigen Etatsteigerungen rund 28Millionen Euro mehr für die Musikhochschulen zur Verfügung stehen. Davon werden jedoch nur 11,5 Millionen direkt in Personalmehrkosten fließen, die restlichen 16,5 Millionen sollen gezielten Strukturveränderungen an den Standorten vorbehalten sein. „Der Leitgedanke ist die Exzellenz“, so Bauer, die allerdings auch einräumte: „Ich sehe die Herausforderungen und weiß, dass sie sehr ambitioniert sind.“ In den kommenden drei Monaten möchte Bauer nun zu konkreten Entscheidungen kommen, erste Mittel sollen fließen, nachdem der Landtag den kommenden Doppelhaushalt verabschiedet hat.

„Die Debatte wurde ergebnisoffen geführt“, lobte Rudolf Meister, der Präsident der Mannheimer Musikhochschule und scheidende Vorsitzende der Rektorenkonferenz, die fünf Symposien und die Gespräche seines Gremiums mit der Ministeriumsspitze. Er stellte aber heraus, dass „der Gesprächsbedarf über das Vollangebot noch nicht abgeschlossen“ sei. Erste Ideen existierten bereits, so wolle sich Freiburg auf die Bereiche Kirchenmusik und Forschung spezialisieren, Mannheim auf das Dirigieren. Und Hauptfächer blieben überall wohl nur erhalten, wenn sie nicht nur mit Lehrbeauftragten geführt würden.

Hartmut Höll, der Rektor in Karlsruhe, zeigte sich ebenfalls „zufrieden über die Gespräche“ und äußerte seine Hoffnung, „dass das gute Klima anhält“. Er sieht jedoch noch „sehr schwierige Einzelgespräche“ kommen und glaubt nicht, dass eine finanzielle Besserstellung der Lehrbeauftragten deren „prekäre Arbeitsverhältnisse rundum abschaffen“ werde.

Der Freiburger Rektor Rüdiger Nolte erinnerte an den „kommunikativen Scherbenhaufen“, vor dem die Musikhochschulleitungen nach Bekanntwerden der Pläne standen und der darin gipfelte, dass sich zwei von ihnen zwischenzeitlich ganz aus der Rektorenkonferenz verabschiedet hatten. „Wir hätten uns vor einem Jahr nicht vorstellen können, dass der Reformwille so groß ist“, sagte er über das überwundene Beharrungsvermögen. Elisabeth Gutjahr, die Rektorin der Musikhochschule Trossingen, bemühte das Bild einer „kleinen Erschütterung, die bisweilen gut ist, weil sie zeigt, was hält und was das Fundament ist“. Und am klangvollsten bilanzierte die Stuttgarter Rektorin Regula Rapp, weswegen Kürzungen an den Hochschulen ein Irrweg gewesen wären: „Wenn die Gesellschaft uns braucht, dann darf die Kunst auch die Gesellschaft brauchen.“