Die Katholiken haben ihren Beschluss überraschend revidiert.

Klima & Nachhaltigkeit: Judith A. Sägesser (ana)

Stuttgart-Degerloch - Der katholische Kindergarten in Hoffeld ist wohl bald Geschichte. In seiner Sitzung vergangene Woche hat der Kirchengemeinderat von Mariä Himmelfahrt beschlossen, den Standort an der Sprollstraße aufzugeben. Stattdessen wird die Gemeinde städtische Zuschüsse für einen Ausbau an der Reutlinger Straße beantragen. Dort unterhalten die Katholiken ebenfalls bereits einen Kindergarten.

 

Der Gang der Dinge ist insofern überraschend, als dass der Kirchengemeinderat seinen ursprünglichen Beschluss damit über den Haufen wirft. Im Jahr 2009 hatte das Gremium entschieden, den Degerlocher Kindergarten aufzulösen und den in Hoffeld auszubauen. Der Grund: „In Hoffeld hätten es die Kinder schöner“, sagt Michael Pope, der zweite Vorsitzende des Kirchengemeinderats. Der Kindergarten liegt direkt an Wiesen und Feldern.

Furcht vor einem Mehr an Elterntaxis

Die Gebäude an beiden Standorte sind marode. Aus finanziellen Gründen kann die katholische Kirchengemeinde einen Neubau allerdings nur entweder in Hoffeld oder in Degerloch stemmen.

Gegen die Ausbaupläne für Hoffeld war ein Proteststurm unter den Nachbarn der Einrichtung entbrannt. Besonders delikat: Auch zwei Lokalpolitikerinnen, die an der Sprollstraße wohnen, hatten sich gegen die Absichten der Kirche gewandt. Schnell kam in Degerloch der Verdacht auf, dass die beiden ihr politisches Mandat für persönliche Interessen nutzen könnten.

Die Hoffelder Anwohner fürchteten sich vor allem vor einem Mehr an Elterntaxis. Sie kritisierten zudem, dass die Kirche mit der Entscheidung für Hoffeld ihr Angebot an Kindergartenplätzen reduzieren würde. Derzeit unterhält die Gemeinde Mariä Himmelfahrt drei Gruppen in Degerloch und zwei in Hoffeld. Würde in Hoffeld neu gebaut werden, gäbe es fortan nur noch vier Gruppen, mehr ließe das Baurecht nicht zu. In Degerloch wären hingegen weiterhin fünf Gruppen möglich.

„Der Protest hat uns die Entscheidung leichter gemacht“

Dieses Argument war für die Kirche nicht von der Hand zu weisen. „Zentral für unsere Entscheidung zugunsten der Reutlinger Straße ist der Wunsch, auf die nach wie vor starke Nachfrage nach Kitaplätzen gerade auch in katholischen Einrichtungen nicht mit einer Verkleinerung des Angebots zu reagieren“, sagt Michael Pope. Die Gemeinde wolle „ein verlässlicher und qualitätsorientierter Partner bleiben“.

Die schlechte Stimmung seitens der Hoffelder Anwohner sei indessen nicht ausschlaggebend dafür gewesen, dass die Gemeinde ihren Beschluss von 2009 nun revidiert habe. Wobei Michael Pope einräumt, dass der Protest „uns die Entscheidung leichter gemacht hat“, wie er sagt. Die Gemeinde geht davon aus, mit der neuen Marschrichtung „bei den Haushaltsentscheidungen bessere Karten zu haben“. So steht es in dem Brief an die Gemeinde. Sowohl das katholische Stadtdekanat wie auch die Stadt Stuttgart hatten signalisiert, dass ein Ausbau am Degerlocher Standort zukunftsträchtiger wäre.

Der Konflikt zwischen der Kirchengemeinde und den Anwohnern der Hoffelder Sprollstraße hatte im vergangenen Sommer weite Kreise gezogen. Sogar ein Fernsehteam des Südwestrundfunks war vor Ort und hat die Beweggründe für den Widerstand in einer Reportage beleuchtet. Und die Bezirksvorsteherin Brigitte Kunath-Scheffold erachtete es als notwendig, zwischen beiden Seiten zu vermitteln. Für den 15. April 2013 wollte sie zu einem runden Tisch ins Rathaus einladen. Dieser Termin hat sich nun erledigt.