Mehrere Tausend Demonstranten besuchen am Samstagnachmittag die Kundgebung gegen Rechtsextremismus auf dem Marktplatz – darunter auch viele junge Stuttgarter. Wir haben nachgefragt, was sie aktuell auf die Straße treibt.

Stadtkind: Laura Müller-Sixer (six)

Es ist 14 Uhr. Am heutigen Samstagnachmittag, den 24. Februar, hat ein breites Bündnis aus Gruppierungen dazu aufgerufen, „die Rechte Welle zu brechen“. Darunter unter anderem der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg, das Antifaschistische Aktionsbündnis Stuttgart und Region, die Partei Die Linke, Gewerkschaften sowie Flüchtlings-Hilfe-Organisationen.

 

Hintergrund sind die Enthüllungen des Recherchenetzwerks Correctiv zum „Potsdamer Treffen“ mit bekannt gewordenen Gesprächen zwischen Politikern, einschlägigen Neonazis und Unternehmern über ihre Pläne zur Vertreibung von Millionen Menschen mit Zuwanderungsgeschichte.

„Ich will Präsenz zeigen“

Ein Beitrag mit Nachdruck. Auch für Sarah (28) und Lars (30). In den vergangenen Monaten besuchten die beiden in Stuttgart verschiedene Demos. „Diese Videos und Aussagen zu sehen, über die Pläne, Menschen abzuschieben – das ist nicht das, was wir wollen“, so Sarah, die in der Krebsforschung arbeitet. „Demonstrieren ist ja auch kein Aufwand, hat dafür aber eine große Strahlkraft nach außen“, ergänzt sie. Markus stimmt zu: „Ich finde fast schon, dass es meine Pflicht ist, hinter meiner Meinung zu stehen. Ich bin eigentlich nicht die lauteste Person, aber ich will Präsenz zeigen.“

Der Gymnasiallehrer für Biologie und Sport hebt hervor, wie wichtig die Demokratiebildung ist. Und damit könne man nicht früh genug anfangen. „Meine Schwester kommt später noch mit Mann und Kind. Ich finde generell, dass extrem viele Familien da sind. Super cool, dass schon die Kleinsten mit dabei sind“, so Sarah.

Auch heute sind viele Familien mit Kleinkindern auf dem Marktplatz zu finden, die selbst gebastelte Schilder in die Luft halten – zum Beispiel „Nazis hören scheiß Musik.“

Mutter Alexandra (41) aus Stuttgart wünscht sich eine friedliche Zukunft für ihre Kinder im Alter von drei und sechs Jahren. Deswegen gehen auch sie oft als Familie zusammen demonstrieren.

„Ich bin laut, weil es meine Großeltern nicht waren“

Die selbstbetitelte „Schilderbastelgruppe“ Marc (30), Michael (30) und Pamela (30) protestieren heute zusammen mit ihren Freunden gegen den Rechtsruck in der Gesellschaft. „Ich will ein Zeichen setzen dagegen“, sagt Pamela. Auf ihrem Schild steht: „Braune Soße nur auf Spätzle!“ Durch die aktuelle Präsenz in den Medien sei die Dringlichkeit gegen Rechts auf die Straße zu gehen noch einmal deutlicher geworden.

Caro (19) und Sina (19) machen sich vor allem Sorgen um ihre Mitmenschen. „Wir bekommen das natürlich auch mit, dass die AfD immer mehr Anhänger bekommt und politisch normalisiert wird. Das wollen wir nicht hinnehmen, sondern aktiv dagegen anstehen.“

Lucy (23), die mit einer größeren Gruppe heute zur Demonstration gekommen ist, hat vor, sich in Zukunft vermehrt politisch zu engagieren. „Ich fange gerade an, bei Aktionen mitzumachen und auf Demos zu gehen.“ Neben ihr steht eine Schulklasse mit mehreren jüngeren Menschen zwischen zehn und zwölf Jahren. Sie haben sich Regenbogen-Flaggen umgehangen und singen im Chor einen Song der Band Die Ärzte: „Es ist nicht deine Schuld, dass die Welt ist, wie sie ist. Es wäre nur deine Schuld, wenn sie so bleibt.“

Berno (29) sagt: „Ich bin laut, weil es meine Großeltern nicht waren.“ Der Social Media-Redakteur habe sogar einmal das Gespräch mit seiner bereits verstorbenen Großmutter gesucht. „Ich wollte wissen, wie das war damals im zweiten Weltkrieg.“ Für ihn steht fest: „Die Geschichte darf sich nicht wiederholen!“