Teilweise prallen in der Gemeinde Welten aufeinander – wie beim Bürgerentscheid zum Bäderprojekt im Dezember, bei dem die Alt- und Neubürger unterschiedlicher Auffassung waren. Auch der seit 2003 amtierende und 2011 wiedergewählte Bürgermeister Mai wirkt etwas hilflos angesichts der anstehenden Herausforderungen. Doch in seiner zweiten Amtsperiode steht ein Projekt kurz vor der Umsetzung. Am Westrand des Ortes wird gerade ein Einkaufsmarkt gebaut, „ein Vollsortimenter mit 1550 Quadratmetern“. Gleich daneben entstehe ein Drogeriemarkt mit 700 Quadratmetern, schwärmt er. All das gab es bisher nicht in Bad Herrenalb, auch wegen der Widerstände des örtlichen Handels. Dass Bad Herrenalb „von älteren Menschen als Altersruhesitz gewählt werde, spreche für die Stadt“, sagt der Bürgermeister. Es gebe gute kulturelle Angebote, großzügige Grünanlagen, 150 Kilometer ausgebaute Wanderwege. Dazu betreutes Wohnen und auch Pflegehilfen – vieles davon allerdings ehrenamtlich, das muss er einräumen. Bis 2017, sagt er, wolle sich die Stadt runderneuern: der Rathausvorplatz soll neu gestaltet und barrierefrei werden, an der Ortsdurchfahrt würden neue Übergänge geschaffen. „Wir wollen bestehende Mängel im Zuge der Gartenschau aufarbeiten“, verspricht Mai. Eine „gesunde Altersmischung“ gebe es nur, wenn der Ort selbst attraktiv erscheint, sagt er.

 

2011 zählte Bad Herrenalb rund 2500 abhängig Beschäftigte, fast 150 mehr als 2003 zu Beginn seiner Amtszeit. Allerdings ist die Zahl der Arbeitsplätze am Ort in diesem Zeitraum um fast 200 gesunken. Unter den 2500 Erwerbspersonen sind fast 1400 Auspendler. Ihnen stehen rund 500 Einpendler gegenüber, vorwiegend im Tourismus. Von der Vision, die vor rund 15 Jahren in einer Studienarbeit publiziert wurde, ist Bad Herrenalb weit entfernt. Der Autor hatte darin ein alttestamentarisches Zitat modifiziert: Es sollen hinfort wieder sitzen auf den Plätzen Bad Herrenalbs alte Männer und Frauen; jeder mit seinem Stock in der Hand von hohem Alter, und die Plätze der Stadt sollen voll sein von Knaben und Mädchen, die dort spielen.“

Der Trend geht auch in Bad Herrenalb zum Kurzzeittourismus

Seit 1954 ist das als ehemaliges Klosterdorf bekannte Bad Herrenalb ein anerkannter heilklimatischer Kurort. Im Jahr 1971 wurde in 600 Meter Tiefe eine Thermalquelle erbohrt – kurz darauf wurde die Stadt mit dem Titel „Bad“ ausgezeichnet. Herrenalb zählt heute etwa 7400 Einwohner. Seit Anfang der 1970er Jahre betreibt die Stadt das Thermalbad „Siebentäler Therme“. Noch in den 70er und 80er Jahren zählte man in Bad Herrenalb jährlich rund 800 000 Übernachtungen. Doch auch hier geht der Trend zum Kurzzeittourismus. Die Statistik für 2011 wies noch 202 170 Übernachtungen aus. Damit lag die Stadt aber immer noch über der Statistik von Bad Wildbad (163 029) und Bad Liebenzell (150 172), ebenfalls im Kreis Calw. Herrenalb ist damit vergleichbar mit Kurstädten wie Bad Bellingen, Bad Schönborn oder Bad Rappenau. Die Gesamtverschuldung der Stadt liegt bei etwa 16 Millionen Euro. Das Baugebiet „Am Rennberg“, das sich als Fehlinvestition erwies, könnte diese Last um weitere etwa fünf Millionen Euro erhöhen. Das Haushaltsvolumen insgesamt liegt bei knapp 27 Millionen Euro im Jahr. Jährlich fallen in Bad Herrenalb außerdem etwa 800 000 Euro Defizitausgleich für die „Siebentäler Therme“ an. Die Pro-Kopf-Verschuldung der Kommune liegt bei 2162 Euro. Auch die „kleine Gartenschau“, die im Jahr 2017 stattfinden soll, wird die Stadt mit weiteren zwei Millionen Euro belasten.