Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Gleichwohl spricht sich auch der Liberale dafür aus, den Kreis der sicheren Herkunftsländer auf dem Balkan zu erweitern, um mehr Asylbewerber rascher in ihre Heimat zurückzuführen. In diesen Kreis könne man einige Länder auf dem Westbalkan aufnehmen. Dass die Regierungschefs von Baden-Württemberg und Bayern dies ähnlich sehen, bestätigt Lindner: „Wenn es diese Gemeinsamkeit zwischen Kretschmann, Seehofer und dem FDP-Vorsitzenden gibt, muss es aus Sachgründen berechtigt sein.“ Eine seriöse Prüfung der Asylanträge binnen weniger Wochen sei möglich: „Wenn es sichere Drittländer sind, kann man schnell prüfen.“ Kritisch sieht Lindner die Weigerung einzelner Länder wie Ungarn, neue Flüchtlinge aufzunehmen. „Da kann es keine Rosinenpickerei geben.“ Der Bundesregierung empfiehlt er daher ein robustes Auftreten, auch die EU-Kommission müsse eingreifen. Es könne nicht sein, dass einzelne Staaten gerne Strukturfondsmittel in Anspruch nehmen, um sich bei gemeinsamen Lasten aus der Verantwortung zu verabschieden. „Es muss wieder eine gemeinschaftliche europäische Idee geben, dass jeder seinen Anteil leistet und seine Verantwortung trägt.“

 

„Ausscheiden Griechenlands ist vertretbar“

Griechenland hat der FDP-Parteichef schon abgehakt: Noch im Mai habe er die Position vertreten, das Land in der Eurozone zu halten, wenn es einen nachhaltigen Reformkurs einleite. Diesen Kurs sehe er jetzt aber nicht. Er glaubt nicht, dass das geplante Programm umgesetzt wird – und selbst wenn es umgesetzt werde, könne es nicht mehr sinnvoll sein. „Ein Ausscheiden Griechenlands scheint mir daher vertretbar zu sein“, sagt Lindner. Athen müsste sich aber nicht aus der EU verabschieden. „Wir brauchen eine Änderung des Vertragsrechts, dass ein Staat, der die Währungszone verlässt, nicht unbedingt die EU verlassen muss.“ Es gebe auch EU-Mitglieder, die den Euro nicht hätten. „Aber der volkswirtschaftliche Reifegrad Griechenlands passt nicht zum Euro – eigentlich hätten sie nie in die Eurozone aufgenommen werden dürfen.“ Dieses Defizit werde jetzt mit schwersten Verlusten beim Vertrauen in die gemeinsamen Regeln zu kompensieren versucht.

Der Plan B von Finanzminister Wolfgang Schäuble für einen befristeten Grexit sei zu spät gekommen und nicht einheitlich in der Bundesregierung vertreten worden. Über Monate habe sie gesagt, von einem Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone würde keine Gefahr für die Stabilität Europas ausgehen – dies wäre die rechtliche Voraussetzung für Mittel aus dem europäischen Stabilitätsmechanismus. „Jetzt beantragt die Bundesregierung im Parlament, dass ein neues Programm verhandelt werden soll – da wird das Recht gebeugt“, sagt Lindner. Den Gang nach Karlsruhe schließt er nicht aus: „Wenn später ein Paket gebilligt wird, ist das eine Option“, sagt er. „Das muss man aber in formeller und materieller Hinsicht sauber prüfen.“