Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)
Nico Hofmann Foto: dpa
Muss man sich als Geschichtenerzähler und Produzent entscheiden, ob man für den deutschen, den europäischen oder den Weltmarkt erzählt?
Nein. Die Formel heißt: je stärker und authentischer das Produkt auf dem nationalen Markt ist, desto stärker verkauft es sich in die Welt. Alle großen Formate sind immer ganz eigene Entwicklungen der einzelnen Länder gewesen. Das gilt für das dänische „Borgen“ oder das italienische „Gomorrha“, das man im Original fast nicht versteht, weil alle Dialekt sprechen.
Das heißt, Sie hatten eine deutsche Zielgruppe im Auge?
Ja natürlich. Das ist komplett deutsch finanziert. Die Amerikaner waren begeistert, weil wir englische Drehbücher hatten und ihnen Ausschnitte auf der Messe in Cannes gezeigt haben. Sundance TV hat zugegriffen, weil es um ein Weltthema geht.
Die Amerikaner sind ja auch Protagonisten in dieser Geschichte.
Genau. Der neue Spielberg spielt auf der Glienicker Brücke. Deutsche Geschichte zieht auch in Amerika. Aber Deutschland war durch die Trennung ja immer Schmelztiegel internationaler Entwicklungen.
„Deutschland 83“ ist ein deutscher Stoff und war für deutsches Publikum gedacht. Irgendwas muss trotzdem anders gewesen sein – jenseits des Stoffes?
Das ist ganz klar die Machart. Das Programm ist von Anna Winger, einer Amerikanerin, geschrieben. Damit hat es einen anderen Zungenschlag und eine andere Lust auf Unterhaltung. Die Amerikaner haben das im Blut. Und dann hat da natürlich eine sehr junge Garde gespielt. Wir haben gerade einen Generationswechsel bei den Schauspielern und in der Regie. Die 25- bis 40-Jährigen übernehmen gerade den Markt. Viele von ihnen kommen übrigens von der Filmakademie.
Sie haben in Ludwigsburg früh auf das Thema Fernsehen gesetzt.
Ich habe früh betont, dass Fernsehen auch im nationalen Serienmarkt Bedeutung hat und weit über den Kinofilm hinausgeht. Alle bedeutenden Regisseure wenden sich gerade dem Fernsehen zu, weil es das spannendere offenere Medium wird.
Aber „Deutschland 83“ ist auch für Sie noch mal eine Veränderung, weil es als Serie auf dem amerikanischen Markt funktioniert.
Ja. Vor allem öffnet das Türen. Die Amerikaner reden mit uns jetzt auf Augenhöhe und haben einen ganz anderen Verhandlungsmodus. Wir drehen jetzt bei der Ufa-Fiction ein Volumen von mehr als 50 Millionen Euro im Umsatz im Event-Produkt-Bereich in den kommenden zwölf Monaten. Das hat es noch nie gegeben und ist eine gigantische Markterweiterung, auch für die Arbeitsplatzsituation. Wir produzieren ja weiterhin in Deutschland, und es sind eben auch viele meiner Studenten, die Karriere machen. Darauf bin ich enorm stolz.
Dann haben Sie wohl keine Lust mehr, zu Ihren Wurzel zurückzukehren und einen Stoff als Regisseur umzusetzen?
Sie ahnen es. Ich habe die Zeit nicht mehr dafür und auch nicht mehr die Geduld. Ich genieße es sehr, dass wir pro Jahr 30 bis 40 Projekte voranschieben. Das befriedigt mich mehr als die Regiearbeit, wo ich maximal zwei, drei Projekte im Jahr realisieren kann.

Person
Nico Hofmann (Jahrgang 1959) ist in Heidelberg geboren und in Mannheim aufgewachsen. Er hat beim „Mannheimer Morgen“ volontiert und dann an der Münchner Hochschule für Fernsehen und Film studiert. Sein erster Film „Der Krieg meinesVaters“ thematisiert bereits die deutsche Vergangenheit. Er entwickelte mehrere TV-Serien wie etwa „Schulz & Schulz“ mit Götz George.