Was will Guido Wolf? Erst sagt der Spitzenkandidat der CDU, er behalte sich vor, im Herbst den Landesvorsitz zu übernehmen. Dann behauptet er wieder das Gegenteil. Die Geschichte einer Verirrung.

Ohne Not hat CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf eine neue Personaldebatte in seiner Partei angezettelt – rudert inzwischen aber wieder zurück. Es bleibe bei der Doppelspitze im Südwesten.

 

Was war geschehen? In einem Interview mit der Deutschen Presseagentur hatte Wolf die Frage, ob er im Herbst bei der regulären Neuwahl des Landesvorstands als Parteichef kandidieren werde, als offen erklärt. „Wir nehmen uns für Entscheidungen Zeit, und wir treffen Entscheidungen wenn sie anstehen.“ Ähnlich hatte sich Wolf schon nach seinem Erfolg gegen Landesparteichef Thomas Strobl bei der Mitgliederbefragung zur Spitzenkandidatur Anfang Dezember geäußert. Der 53-Jährige schwankte lange, ob er neben dem Fraktionsvorsitz auch den CDU-Landesvorsitz beanspruchen sollte. Strobl bot ihm den Posten an, der Wechsel hätte auf dem Ulmer Landesparteitag am vergangenen Wochenende vollzogen werden können. Doch Wolf schreckte – anders als beim Fraktionsvorsitz – zurück. Vermutlich, weil er frustrierte Abweichler bei seiner offiziellen Kür zum Spitzenkandidaten befürchtete.

Übung im Interpretieren

Am 8. Januar publizierten die beiden Kombattanten eine Erklärung, die folgendermaßen anhob: „Guido Wolf als Spitzenkandidat und Thomas Strobl als Landesvorsitzender wollen gemeinsam in die Landtagswahl gehen und sie für die CDU gewinnen.“ Das konnte nur bedeuten, dass sich Strobl bei den regulären Vorstandswahlen auf einem Parteitag im Herbst zur Wiederwahl stellt. Dann wäre er für weitere zwei Jahre und über die Landtagswahl hinaus im Amt.

Diese Aussicht mag Wolf dazu getrieben haben, die Übereinkunft mit Strobl zu relativieren. Darin besitzt er eine gewisse Erfahrung. Anfang April 2014 hatte er bei einer Fraktionsklausur in Ulm schon einmal ein gemeinsames, jedoch interpretationsfähiges Papier veröffentlicht. Damals mit Peter Hauk, dem Chef der Landtagsfraktion. Hauk wollte die Übereinkunft so verstanden wissen, dass er bei einer Wahl Wolfs zum Spitzenkandidaten weiterhin Fraktionschef bleibe. Wolf interpretierte sie anders – und setzte sich durch. Am vergangenen Dienstag ließ er sich zum neuen Fraktionschef wählen. Hauk blieb nicht viel mehr, als laut mit den Zähnen zu knirschen. „Die Sache war hässlich“, kommentierte ein führender Christdemokrat.

Doppelspitze und Doppelfehler

Sollte Parteichef Thomas Strobl nun das selbe Schicksal widerfahren? Damit hätte Wolf den Bogen überspannt, befanden nicht wenige Parteiinsider, denen sich eine Szene auf dem Landesparteitag am Wochenende in Ulm eingebrannt hatte: Dort beschwor Wolf in seiner Rede sehr bewegt die Geschlossenheit der Partei. Über lange Sekunden wandte er sich vom Rednerpult ab und blickte dem am Vorstandstisch sitzenden Strobl tief in die Augen. Damit schien die CDU-Doppelspitze besiegelt.

Doch statt der Doppelspitze folgte ein Doppelfehler. Am Dienstag kürte die Fraktion ihren Kandidaten für das Amt des Landtagspräsidenten. Das Rennen machte der – menschlich weithin geschätzte – Abgeordnete Wilfried Klenk, nicht aber die frühere Staatssekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch. Danach befragt, ob diese Entscheidung zu dem von Parteichef Thomas Strobl initiierten Projekt „Frauen im Fokus“ passe, antwortete Wolf – sachlich zutreffend – dabei handle es sich um ein Projekt der Landespartei, nicht der Fraktion. Die Frauen-Union konterte, die Fraktion habe die „historische Chance“ verpasst, erstmals in der Landesgeschichte eine Frau an die Parlamentsspitze zu befördern.

In Sachen Parteivorsitz ließ Wolf am Freitag in einer erneuten Volte wissen: „Es war und ist mein Wunsch, dass Thomas Strobl Landesvorsitzender bleibt. Dieser Wunsch ist nicht befristet.“