Der insolvente Gebäudespezialist Imtech Deutschland, der auch für den Hauptstadtflughafen BER arbeitet, soll möglichst als Ganzes verkauft werden. Es gibt bereits mehr als 40 Kaufanfragen.

Stuttgart - Reinhold Schmid-Sperber ist zuversichtlich. Bis Ende Oktober will seine Kieler Anwaltskanzlei Reimer Rechtsanwälte einen Käufer für den insolventen Gebäudetechnikspezialisten Imtech Deutschland gefunden haben. 40 bis 50 ernst zunehmende Anfragen für das Unternehmen, einzelne Teile oder Standorte gebe es schon, berichtet Schmid-Sperber, der Partner des vorläufigen Insolvenzverwalters Peter-Alexander Borchardt ist und derzeit als dessen Statthalter im Südwesten fungiert. Als verantwortlicher Insolvenzverwalter hat er beispielsweise die Pleite der MS Deutschland betreut.

 

Am Montag hatte der Gläubigerausschuss die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young mit dem Verkaufsprozess beauftragt. Diese stelle alle für eine Beurteilung von Imtech notwendigen Daten zusammen. Interessenten erhalten dann – nach Unterzeichnung einer Verschwiegenheitsverpflichtung – Einblick in die Daten, die via Cloud zur Verfügung gestellt werden.

Imtech soll als Ganzes verkauft werden

Priorität sei, Imtech Deutschland als Ganzes zu verkaufen, so Schmid-Sperber. Er räumt dem Unternehmen sehr gute Chancen ein, da sein Angebot am Markt gefragt sei und gerade zur Realisierung von Großprojekten für große Auftraggeber wie beispielsweise die Automobilindustrie eine bundesweite Präsenz wie die von Imtech nötig sei. In Gesprächen mit gewichtigen Imtech-Kunden zeige sich ihm und seinen Kollegen zudem, dass das Knowhow der Imtech-Mitarbeiter sehr geschätzt werde. Darauf führe er auch zurück, dass das Unternehmen trotz der Affären der letzten Jahre immer noch einen fachlich außerordentlich guten Ruf hat. Umso wichtiger sei es, nun zügig einen Käufer zu finden und der Belegschaft zu zeigen, dass es bei Imtech eine Zukunft für sie gebe.

Derweil prüfen die Insolvenzverwalter die Fortführung der gut 950 bestehenden Aufträge. Für 450 Baustellen ist die Freigabe der Gelder bereits erteilt. Bei ihnen wird eine Fertigstellung bis zum Jahresende erwartet. Darunter beispielsweise der Berliner Flughafen BER und die Kölner Oper. Über die restlichen rund 500 Projekte soll zeitnah entschieden werden. Rund zwei Drittel seines Jahresumsatzes von 800 Millionen Euro macht Imtech mit Projektgeschäft – also mit Neu- und Umbauten. Der Rest entfällt auf das – laut Schmid-Sperber lukrative – Wartungsgeschäft.

1000 Mitarbeiter im Südwesten

Baden-Württemberg ist seinen Angaben zufolge mit rund 1000 Mitarbeitern größter Standort von Imtech Deutschland. 450 Beschäftigte arbeiten in Stuttgart-Weilimdorf, 400 in Aalen, weitere unter anderem in Friedrichshafen, Mannheim, Karlsruhe und Lahr. Wichtige Aufträge im Umfang von siebenstelligen Millionenbeträgen hat das Unternehmen im Südwesten beispielsweise von BASF, von Bosch, der Universität Tübingen und dem Stuttgarter Marienhospital. All diese Projekte sind bereits vom vorläufigen Insolvenzverwalter freigegeben. Insgesamt beschäftigt Imtech Deutschland, Tochter der niederländischen Royal Imtech mit Sitz in Gouda, etwa 4000 Menschen.

Imtech Deutschland hatte am 6. August Insolvenz angemeldet, nachdem eine zugesagte Zahlung der Mutter über gut 20 Millionen Euro nicht eingegangen war. Royal Imtech hat am 11. August seinerseits Insolvenz angemeldet. Es deute vieles darauf hin, dass Imtech Deutschland strukturelle Probleme habe, so Schmid-Sperber. Beispielsweise belasteten hohe Mietkosten für überdimensionierte Immobilien den Konzern. Zudem leiste sich das Unternehmen intensive Sponsoringaktivitäten. Die Korruptionsvorwürfe, derentwegen seit zwei Jahren ermittelt wird, seien ein schwerer Schlag gewesen. Seither aber sei das Management auf allen Ebenen ausgetauscht und erhebliche Ressourcen in die Aufarbeitung und Vermeidung solcher Vorfälle gesteckt worden. Einen Zusammenhang der Insolvenz sehe er nicht.