Für nationalistische Gruppierungen hatte ein Russlanddeutscher geworben – allerdings unter dem Namen seiner Landsmannschaft. Diese zog vor Gericht und gewann nun den Prozess.

Familie/Bildung/Soziales: Viola Volland (vv)

Stuttgart - Die Landsmannschaft der Deutschen aus Russland hat sich erfolgreich dagegen gewehrt, dass ein ehemaliges Mitglied unter ihrem Namen im Internet und über soziale Netzwerke Werbung für prorussische Gruppierungen gemacht hat. Der Verband hat seine Klage auf Schadenersatzanspruch vor dem Amtsgericht Vaihingen/Enz gewonnen. Beklagt waren das ehemalige Mitglied und das Dienstleistungsunternehmen, bei dem der Mann Geschäftsführer ist.

 

Das Amtsgericht Vaihingen/Enz hat sein Urteil in dieser Woche schriftlich verschickt. Demnach werden die Beklagten verurteilt, 1973,90 Euro zuzüglich Zinsen an die Landsmannschaft zu zahlen, auch die Kosten des Rechtsstreits müssen sie tragen.

Wie berichtet, wurden im Sommer 2015 über einen falschen Internet- und Facebookauftritt unter anderen die prorussische, von der Landsmannschaft als nationalistisch eingestufte Deutsch-Russische Bruderschaft sowie prorussische Motorradclubs beworben und die Systema Security Center Akademie, eine Kampfsportschule, bei der man unter anderem im Umgang mit Waffen und Messern unterrichtet werden kann. Die Domain der problematischen Internetseite war auf das Dienstleistungsunternehmen des Beklagten angemeldet gewesen.

Bei den knapp 2000 Euro handelt es sich um die Anwaltskosten für die Abmahnung, die bei der Landsmannschaft entstanden waren, basierend auf einem Gegenstandswert von 100 000 Euro. Die Beklagtenseite hatte den Betrag als zu hoch abgelehnt, das Gericht sah dies anders: Die Höhe der Anwaltskosten sei angemessen. Die Landsmannschaft stehe besonders in der Öffentlichkeit. „Das Interesse der Klägerin dahingehend, dass sie in der Öffentlichkeit lediglich mit eigenen und nicht mit ihr untergeschobenen Inhalten, denen sie ablehnend gegenüber steht, in Verbindung gebracht wird, ist daher als besonders hoch einzustufen“, schreibt der Richter in seiner Urteilsbegründung, die dieser Zeitung vorliegt.

Der Forderung im vollen Umfang entsprochen

Bei der Landsmannschaft mit Sitz in Stuttgart war man laut dem stellvertretenden Bundesvorsitzenden Ernst Strohmaier immer optimistisch, was den Prozessausgang angeht. „Es ist aber natürlich wichtig für uns gewesen, diesen Prozess zu gewinnen“, sagt Strohmaier. Er hofft, dass sich auch andere Vereine daran ein Beispiel nehmen und ihre „Loyalität der Gesellschaft gegenüber“ zeigen, indem sie ihre Prinzipien verteidigten. Als Beispiel nennt Strohmaier explizit türkischsprachige Vereine.

Besonders für Vereine wie die Landsmannschaft der Deutschen aus Russland sei es wichtig, die freiheitlich-demokratischen Grundprinzipien nicht nur in der Satzung eingetragen zu haben, sondern sie auch zu leben. „Wir konnten diesmal und werden auch in der Zukunft imstande sein, die Angriffe gegen unsere Grundprinzipien abzuwenden“, betont Strohmaier.

Der Start des Verfahrens hatte sich verzögert. Nachdem der Richter, der auch für Presseanfragen am Amtsgericht zuständig ist, dieser Zeitung vor Prozessbeginn gesagt hatte, er werde sicherlich viele Fragen stellen, hatte der Beklagte einen Befangenheitsantrag gestellt. Dieser wurde abgelehnt. Statt im April wurde im Oktober verhandelt. Den Forderungen der Klägerseite wurde nun in vollem Umfang entsprochen. Gegen die Entscheidung ist Berufung möglich.