Mal fehlt der Wagen mit den längst reservierten Sitzplätzen, mal klemmt eine Tür, mal hat der Zug kein behindertengerechtes WC – in die Jahre gekommene Intercity-Züge sorgen auch in Baden-Württemberg immer wieder für Verdruss.

Stuttgart - Die Bahn kommuniziert sehr viele Fakten zum Zugverkehr. Wer sich auf der offiziellen Homepage durchklickt, kann durchaus erkennen, wie es so läuft auf der Schiene. Da nehmen Bahnexperten in diesen Tagen zur Kenntnis, dass die meisten ICE-3-Züge der Typen 403 und 406 einsatzbereit sind. Das lässt sich daran erkennen, dass alle ICE-Züge, die mit zwei Einheiten im Fahrplan stehen, auch so verkehren. Dazu wird der eben erst mit viel Verspätung vom Eisenbahnbundesamt zugelassene neue ICE Typ 407 weitere Entlastung bringen.

 

Das sind erfreuliche Nachrichten. Wer noch genauer hinschaut, entdeckt freilich auch viele Mängel, die zum Verdruss von Reisenden führen und zu einem sprunghaften Anstieg der Beschwerden. Das betrifft vor allem Intercity-Züge. Die sind oft 30 und mehr Jahre alt und zunehmend unzuverlässig. Oft moniert wird die Bewirtschaftung in diesen Zügen, die fehlt nämlich nicht selten. So gibt es auf der Linie Karlsruhe–Stuttgart–Nürnberg keinen Speisewagen mehr, auch der Mann mit dem Kiosk auf Rädern wurde abgeschafft. Hinzu kommen kurzfristige Ausfälle von Bistrowagen oder Speisewagen. Von ihnen werden die Langversionen nach den Zugentgleisungen in Stuttgart im Jahr 2012 nicht mehr auf allen Strecken eingesetzt, was zu zusätzlichen Engpässen führt.

Kein Bistrowagen

Diese Ausfälle werden von der Bahn erst am Tag der Zugfahrt bekannt gegeben. Das führt dazu, dass Reisende oft erst am Bahnsteig durch das weiße Laufband über dem Bahnsteig davon erfahren. Dann bleibt ihnen meist keine Zeit mehr, um sich noch mit einem Vesper einzudecken. So fehlte wegen des fehlenden Bordbistros am 27. Dezember 2013 beim IC 1216 auf der langen Strecke von Oberbayern über Stuttgart, Köln bis nach Berlin jede Möglichkeit Hunger und Durst zu stillen. Zusätzlich war in diesem Zug die Reservierungsanzeige ausgefallen. Die „technische Störung am Zug“ führte bis Köln zu einer Verspätung von 50 Minuten.

Reservierungsanzeigen fehlen häufig. Das ist besonders lästig. Kunden mit Platzkarten finden ihre Sitze oft schon besetzt und Kunden ohne Reservierung wissen nicht, wo sie Platz nehmen dürfen. Als Grund für die Ausfälle nennen Experten ein vorsintflutliches Diskettensystem zur Einspeisung der Daten, das zunehmend Ermüdungserscheinungen aufweise. So konnte am 30. Dezember 2013 beim ICE um 15.26 Uhr nach Kiel die Reservierungsanzeige in Stuttgart erst nach 15.20 Uhr eingespielt werden. Da saßen schon viele Fahrgäste ohne Platzkarte auf nicht angezeigten reservierten Plätzen.

Immer wieder fallen Türen aus

Hinter der lapidaren Begründung „Technische Störung am Zug“ verbergen sich bei den in die Jahre gekommenen Waggons auch Türen, die sich nicht mehr wie vorgeschrieben öffnen oder schließen lassen. Bis eine defekte Tür verriegelt und entsprechend mit Warnhinweisen versehen ist, vergehen ohne Weiteres zehn bis 15 Minuten. Die sogenannte Fahrgastwechselzeit in den Bahnhöfen verlängert sich, weil den Reisenden weniger Türen zum Ein- und Ausstieg zur Verfügung stehen und mancher Fußweg an den Wagen entlang des Zuges größer wird.

In den Sommermonaten kommt es vor, dass Waggons wegen einer defekten Klimaanlage komplett gesperrt werden. Um bei den Sommermonaten zu bleiben – der Intercity bietet die einzige Möglichkeit, durch ganz Deutschland Fahrräder auf reservierten Stellplätzen mitzunehmen. Wenn dieser Wagen dann ausfällt, entfällt die Möglichkeit der Zweiradmitnahme komplett. So geschehen am Stichtag 27. Dezember 2013 beim IC 2224 zwischen Köln und Kiel. Zugegeben, das mag im Dezember nur wenige Reisende betroffen haben, im Sommer kann so ein Wagenausfall ganze Urlaubspläne durcheinanderbringen.

Ganze Waggons werden abgekoppelt

Auch normale Wagen ohne Stellplätze fehlen kurzfristig in manchen Zügen aufgrund technischer Störungen. So stehen mitunter keine Plätze der 1. Klasse zur Verfügung oder ein ganzer Waggon mit Reservierungen fehlt, was in den anderen Wagen erhebliche Irritationen auslöst, bis die Zugbegleiter Reisenden andere Plätze zugewiesen haben, sofern die zur Verfügung stehen. „Technische Störungen“ betreffen manchmal auch die Steuerwagen der alten IC-Züge, wenn auf sie umgeschaltet wird – zum Beispiel bei der Ausfahrt eines Zuges im Stuttgarter Kopfbahnhof. Bis eine Ersatzlokomotive angekoppelt ist, vergeht oft eine Stunde, die danach als Verspätung angezeigt werden muss. Auch verkehren einige IC-Züge ganz ohne Steuerwagen, dann ist in jedem Kopfbahnhof ein zeitraubender Lokwechsel fällig.

Ein weiteres Stichwort betrifft Menschen mit eingeschränkter Mobilität. Dabei geht es bei Weitem nicht nur um Rollstuhlfahrer oder Gehbehinderte, sondern um viele ältere Leute oder auch Frauen und Männer, die mit Kleinkindern auf Reisen gehen. Für sie alle bietet ein behindertengerechtes WC mehr Platz und mehr Komfort. Im Zuge der Reservierung lässt sich diese Hilfe erkennen. Wenn Menschen, die darauf angewiesen sind, dann lesen müssen, zwischen Stuttgart Hbf und Dortmund „kein behindertengerechtes WC in Wagen 271“, kann das die Freude an der Reise stark trüben. Zwar heißt es weiter: „Bitte wenden Sie sich bzzgl. eventuell erforderlicher Umbuchungen an unsere Mobilitätszentrale.“ Die Mitarbeiter des Serviceteams wissen auch oft Rat. Doch obwohl der Fehler klar bei der Bahn zu suchen ist, sind diese Nummern gebührenpflichtig. Immerhin wurden sie jetzt von zeitabhängigen Gebühren auf einen Festpreistarif umgestellt. Die wurde auch fällig, als Reisende am 27. Dezember 2013 im Falle des IC 2224 Hamburg–Harburg–Kiel auf den Satz „Zug fährt ohne rollstuhlgerechten Wagen 5“ reagieren mussten.

250 Millionen Euro für die Modernisierung

Die Pannen der alten Züge werden von der Bahn durchaus zugegeben. Bis Ende 2014 werden 770 Intercity-Wagen umgebaut bis zum ICE-Komfort, wofür das Unternehmen 250 Millionen Euro ausgeben möchte. Auf diese Weise modernisiert soll das IC-Wagenmaterial bis zum Jahr 2023 gerüstet sein. Für eine Restaurierung hat die Bahn auch allen Grund: Lange blieb den Kunden nur das Auto als Alternative, jetzt rollen als neue Konkurrenten viele moderne Fernbusse über die Autobahnen – mit Bordverpflegung, Toiletten, Wlan und funktionierenden Türen.