Für den Zukunftspreis des Bundespräsidenten sind auch in diesem Jahr wieder Forscher aus Baden-Württemberg nominiert. Wissenschaftler der Firmen Bosch und Trumpf bearbeiten kleinste Bauteile mit superkurzen Laserblitzen.

Stuttgart - Der Blitz ist unvorstellbar kurz: gerade einmal sechs Pikosekunden leuchtet der Laserstrahl auf. Eine Pikosekunde ist der Billionste Teil, also der Millionste Teil eines Millionstel Teils einer Sekunde. Manche dieser hochmodernen Ultrakurzpulslaser produzieren sogar noch kürzere Lichtblitze, die im Femtosekundenbereich liegen – also im Bereich von Billiardstel Sekunden. Diese ultrakurzen Lichtpulse schaffen es, viele Materialien schlagartig so zu erhitzen, dass sie gar nicht lange schmelzen, sondern gleich verdampfen: Metall etwa wird in der industriellen Fertigung, bei der ein Lichtpuls weniger als zehn Pikosekunden lang ist, auf rund 6000 Grad aufgeheizt. Dabei verdampft es, und zwar so gezielt und sauber, dass die Ränder extrem glatt sind, weil keine Schmelzkanten entstehen. Dieser sogenannte „kalte“ Materialabtrag funktioniert so gut, dass man mit einem solchen Laser sogar auf einem Streichholzkopf Strukturen herstellen kann, ohne dass dieser entflammt.

 

Die Entwicklung solcher äußerst präzise steuerbaren Laser hat jetzt einem Wissenschaftlerteam unter der Führung von Bosch eine der drei Nominierungen für den Deutschen Zukunftspreis eingetragen. Stefan Nolte, inzwischen Professor für Experimental- und Laserphysik an der Uni Jena, legte mit seinen wissenschaftlichen Arbeiten über Kurzpulslaser und ultraschnelle Optik die Grundlagen. Jens König von Bosch in Schwieberdingen und Dirk Sutter , der heute Leiter der Ultrakurzpuls-Forschung bei Trumpf Laser in Schramberg ist, übernahmen mit ihren Kollegen die Weiterentwicklung bis hin zum Routineeinsatz in der industriellen Fertigung.

Extrem feine Düsen sind das Ziel

Eines der bekanntesten Einsatzgebiete für die Superlaser ist die Fertigung extrem feiner Düsen für die Benzineinspritzung im Motor. Um ein Bohrloch mit einem Durchmesser von 0,1 bis 0,25 Millimeter zu bohren zu bohren, sind mehrere 100 000 Pulse nötig. Das dabei verdampfte Material wird abgesaugt, zurück bleiben extrem präzise Löcher. Somit kann der Kraftstoff sehr gezielt eingespritzt werden – was bis zu 20 Prozent weniger Spritverbrauch und damit weniger Emissionen bedeutet. Eine deutliche Ölersparnis bringt es auch, wenn ein solcher Laser die Düse für einen Ölbrenner bohrt: die sogenannte Dralldüse sorgt dafür, das die äußerst fein zerstäubten Öltröpfchen auf ihrem Weg in den Brennraum einen Drall bekommen. So füllt ein feiner Ölnebel den Kessel besser aus, worauf das Öl fast so leicht wie Gas verbrennt.

Doch die Anwendungsmöglichkeiten gehen weit über die Benzin- und Öleinspritzung hinaus. Schließlich kann man mit diesen Lasern nicht nur Metall bohren und bearbeiten, sondern auch so harte Materialien wie Diamant oder gehärtetes Glas, wie es auf Handydisplays zum Einsatz kommt. Äußerst präzise und oft kostengünstiger als mit herkömmlichen Methoden bearbeiten lassen sich auch Verbundwerkstoffe etwa aus Carbonfasern. Oder temperaturempfindliche Legierungen, die ein Formgedächtnis haben, wie beispielsweise Nitinol. Diese Nickel-Titan-Mischung wird unter anderem in Stents verwendet, feinen Gerüsten, die in verengte Blutgefäße eingesetzt werden und diese offen halten sollen. Allein bei Bosch werden bis zum Ende des Jahres rund 30 Millionen Bauteile mit Hilfe dieser Technologie an Kunden ausgeliefert. Für die Jury waren solche Möglichkeiten überzeugende Argumente, das Ultrakurzpulslaser-Team zu nominieren.

Die weiteren Nominierten

In vielen Haushalt werden abends schon die LED-Lampen angeknipst, die an der Ludwig Maximilians-Universität München zusammen mit dem Unternehmen Philips in Aachen entwickelt wurden. Sie sind umweltfreundlich, energiesparend – und geben dank eines neuartigen Leuchtstoffes ein angenehmes warmes Licht. „Die Produkte sind bereits weltweit auf dem Markt“, erläuterte Teamsprecher Wolfgang Schnick vom Lehrstuhl für Anorganische Festkörperchemie an der LMU. Die Energieersparnis sei enorm. Bis zu 16 Prozent des weltweiten Stromverbrauchs könnten eingespart werden. Würden alle Lampen durch die LEDs ersetzt, könnten in Deutschland alle Atomkraftwerke abgeschaltet werden. „Ich denke, dass wir wirklich einen hervorragenden Beitrag zur Energiewende leisten.“

Ebenfalls mit einer neuartigen Lasertechnik hat das Unternehmen Coherent Lasersystems in Göttingen die Herstellung von hochauflösenden Displays und Fernsehern revolutioniert. Mit gepulstem ultravioletten Licht lassen sich großflächig die nötigen dünnen Schichten aus kristallinem Polysilizium herstellen. „Wir schmelzen mit unserem gepulsten Laser die Siliziumschicht an“, erläuterte Rainer Pätzel von Coherent Lasersystems. „In der Abkühlphase wird daraus eine geordnete Kristallstruktur.“ Diese Schichten sind etwa die Voraussetzung für gestochen scharfe Displaybilder mit extrem hoher Pixeldichte. Die Nachfrage nach Smartphones wächst kontinuierlich. In drei Jahren werden weltweit etwa zwei Milliarden Menschen eine solche Mischung aus Mobiltelefon und tragbarem Minicomputer besitzen. Der Erfolg der Geräte basiert vor allem auf ihren Display, das hoch auflösende Fotos und Animationen möglich macht. Zudem macht ein gutes Touch-Display die Handhabung einfach.

Dass dieses Jahr Licht im Mittelpunkt der Nominierungen für den Zukunftspreis stehe, habe sich die Jury nicht vorgenommen. Es sei aber auch kein Zufall: In vielen Bereichen würden mechanische Technologien von optischen verdrängt, sagte der Vorsitzende der Jury, Ferdi Schüth. (dpa/vz)