Anreise
Aus Süddeutschland je nach Ausgangspunkt über die Autobahn A 81 oder A 7 in Richtung Würzburg, dann weiter auf der A 71 bis Erfurt. Zugverbindung über Frankfurt und Fulda ( www.bahn.de ).

 

Unterkunft
Feines Privathotel im Herzen der Stadt: Hotel Zumnorde, DZ 95 bis 130 Euro, www.hotel-zumnorde.de

Mitten im Zentrum von Erfurt kann man in der Stille eines Klosters übernachten: Evangelisches Augustinerkloster zu Erfurt, DZ ab 84 Euro, www.augustinerkloster.de

Essen
Speisen mit Blick über den Domplatz: Glashütte Petersberg, www.glashuette-petersberg.de

Hier speiste schon Papst Benedikt: Zum Güldenen Rade, www.zum-gueldenen-rade.de

„Willy Brandt ans Fenster“

Im Dreißigjährigen Krieg wurden die Anbauflächen des Färberwaids verwüstet, gleichzeitig setzte sich das Blau der Indigopflanze aus Asien als Textilfärbemittel durch. „Erfurt wurde ein frühes Opfer der Globalisierung“, sagt Sabine Hahnel. In der neueren Geschichte sorgte Erfurt am 18. März 1970 für Schlagzeilen. Auf dem Bahnhofsvorplatz harrten, von der Volkspolizei zusammengedrängt und von der Stasi überwacht, hier Tausende Menschen stundenlang aus und forderten in Sprechchören, was heute in Leuchtbuchstaben über dem ehemaligen Hotel Erfurter Hof steht: „Willy Brandt ans Fenster“. Der deutsche Bundeskanzler, eingeladen vom DDR-Ministerpräsidenten Willi Stoph, zögerte lange, bevor er ans Erkerfenster trat und der jubelnden Menge zuwinkte. Heute, da der Bahnhofsvorplatz längst den Namen des damaligen Bundeskanzlers trägt, empfängt genau unter dem historischen Erker die Touristeninformation die Besucher. Direkt daneben serviert das Bistro „Willy B.“ neben Köstritzer und Wernesgrüner auch bayrisches Weißbier und beweist damit, dass hier vieles zusammengewachsen ist, was zusammengehört. Drei Steinwürfe entfernt blickt aus einem Erker ein anderer deutscher Kanzler hinunter auf die Menge.

Streng und eisern schweift sein Blick über den Anger, die Haupteinkaufsstraße. Stiege Otto von Bismarck, der 1850 als Mitglied des Erfurter Unionsparlaments in diesem Haus wohnte und sich hier „die politischen Sporen verdiente“, heute von seinem Sockel hinab zum neobarocken Angerbrunnen, er würde bei einem Rundumblick ein Gebäudeensemble wahrnehmen, das sich allenfalls ein Architekturfotograf mit überbordender Fantasie auf seinem Computerbildschirm montiert haben könnte. Unüberseh- und unüberhörbar ist da der steinerne Bartholomäusturm aus dem 15. Jahrhundert mit seinem 60-teiligen Glockenspiel, das 1979 zum 30. Jahrestag der Gründung der DDR erstmals erklang. Schräg gegenüber steht das Haus Dacheröden, ein Renaissancebau, in dem Goethe ein und aus ging, Friedrich Schiller sich verlobte und Wilhelm von Humboldt heiratete.

Alliierte Bomber machten um die Stadt meist einen Bogen

Doch damit nicht genug. Zwischen Gebäuden des Bürgerbarocks, der Gotik, des Jugendstils und der Neuen Sachlichkeit des ehemaligen Kaufhauses Germania ist in der Ferne sogar ein aufgehübschter Plattenbau zu erkennen. Erfurt, das sich rühmt, mit der fast 1000 Jahre alten Synagoge, der Krämerbrücke, dem Dom, der Severi-Kirche oder dem Augustinerkloster den wohl am besten erhaltenen mittelalterlichen Stadtkern Deutschlands zu haben, hat als eine Art Freiluftmuseum für Architekturliebhaber weit mehr zu bieten. Hier ist, liebevoll restauriert, zusammengewachsen, was eigentlich nicht zusammengehört, aber in seiner bunten Mischung doch zusammenpasst. Es gibt Gründe, warum im Lauf der Jahrhunderte diese vielgestaltige Stadtlandschaft entstehen konnte und erhalten blieb. Auf den Reichtum des Mittelalters folgte der Absturz. „Armut konserviert“, sagen die Denkmalschützer gern. Und es brauchte Glück. Wie zum Beispiel im Zweiten Weltkrieg, als die alliierten Bomber um die Stadt meist einen Bogen machten und nur geringe Schäden verursachten. Manchmal half auch der Mut.

Als in den 1980er Jahren im Norden der Altstadt das Andreasviertel abgerissen werden sollte, erlebte die DDR die Macht lokaler Bürgerinitiativen. So konnte sich in Erfurt die sozialistische Einheitsarchitektur nur in der Peripherie manifestieren. Entlang des Juri-Gagarin-Rings, der den Verlauf der Stadtmauer nachzeichnet, entstanden ein paar Plattenbauten. Wie der Versuch einer beschützenden oder beherrschenden Wagenburg.

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Infos zu Erfurt

Anreise
Aus Süddeutschland je nach Ausgangspunkt über die Autobahn A 81 oder A 7 in Richtung Würzburg, dann weiter auf der A 71 bis Erfurt. Zugverbindung über Frankfurt und Fulda ( www.bahn.de ).

Unterkunft
Feines Privathotel im Herzen der Stadt: Hotel Zumnorde, DZ 95 bis 130 Euro, www.hotel-zumnorde.de

Mitten im Zentrum von Erfurt kann man in der Stille eines Klosters übernachten: Evangelisches Augustinerkloster zu Erfurt, DZ ab 84 Euro, www.augustinerkloster.de

Essen
Speisen mit Blick über den Domplatz: Glashütte Petersberg, www.glashuette-petersberg.de

Hier speiste schon Papst Benedikt: Zum Güldenen Rade, www.zum-gueldenen-rade.de

Das jüdische Erbe
Die Alte Synagoge Erfurt geht etwa auf das Jahr 1100 zurück. Nach einem Pestpogrom 1349 wurde sie als Scheune, später als Restaurant mit Tanzsaal genutzt und entging so der Zerstörung während der Nazizeit. Erst 1993 wurde das Gebäude als Synagoge wiedererkannt. Inzwischen gibt es eine Initiative, das Bauwerk als eine der ältesten mittelalterlichen Synagogen zum Weltkulturerbe erklären zu lassen. Gezeigt wird dort ein 1998 beim Bau einer Tiefgarage entdeckter Judenschatz, der wohl 1349 hastig vergraben wurde. Er umfasst etwa 3000 Silbermünzen, 14 silberne Barren und über 700 Goldschmiedearbeiten, darunter einen seltenen jüdischen Hochzeitsring.

Veranstaltungen
Erfurter Weihnachtsmarkt vom 25. November bis 22. Dezember 2014 auf dem Domplatz und in Teilen der Fußgängerzone.

Anlässlich des 500. Geburtstags von Lucas Cranach d. J. beteiligt sich Erfurt 2015 an der Ausstellungsreihe „Wege zu Cranach“ und zeigt im Angermuseum und im Dom Werke des Künstlers und seines Vaters.

Allgemeine Informationen
Erfurt-Tourismus, Telefon 03 61 / 6 64 00, www.erfurt-tourismus.de , www.thueringenentdecken.de