Und noch ein weiterer Kaufgrund: Auch abends um sieben Uhr gibt es beim Discounter noch die volle Auswahl, wohingegen beim Bäcker um die Ecke die Regale oft schon sehr leer sind.
Das ist ein ganz schwieriges Thema. Einerseits wollen Sie den Kunden natürlich möglichst über die ganzen Öffnungszeiten hinweg eine große Auswahl bieten. Andererseits lässt sich Brot eben nicht gut aufbewahren. Was am Abend nicht verkauft wird, landet deshalb häufig im Müll. Man kann den Kunden diese Problematik nur erklären. Meiner Erfahrung nach reagieren die meisten dann auch sehr verständnisvoll und kaufen eine Alternative. Schließlich wollen derzeit ja viele Leute möglichst nachhaltig leben.
Menschen im Ausland schütteln den Kopf darüber, dass viele Deutsche inzwischen nicht mehr auf die traditionelle Bäckereiware stehen, sondern ihr Brot im Supermarkt kaufen. Sie sind neidisch auf das Handwerk, die Vielfalt und die Qualität hierzulande.
Ja, genau deshalb gehen inzwischen auch ganz viele junge Kollegen zum Arbeiten ins Ausland. Dort haben sie ein Ansehen wie hierzulande der französische Sternekoch und sind unglaublich gefragt. Hierzulande fehlt diese Wertschätzung oft. Aber zumindest nach ihrem Sommerurlaub merken viele Leute ja doch, wie sehr sie ihr gutes deutsches Brot vermisst haben. Es wäre natürlich schön, wenn dieses Bewusstsein für gute Backwaren auch im Alltag wieder wächst.
Sie sind seit Kurzem der jüngste Brotsommelier Deutschlands. Hilft Ihnen dieser Titel dabei?
Ja, durchaus. Als Bäcker weiß man zwar viel über die Herstellung von Backwaren, lernt aber wenig darüber, wie man dieses Wissen an seine Kunden weitergeben kann. Deshalb essen wir zwar jeden Tag Brot, haben aber nicht gelernt, auf die unterschiedlichen Aromen darin zu achten. Und anders als beim Wein machen wir uns bislang auch kaum Gedanken, welche Brotsorte wozu am besten passt. Als Brotsommelier will ich genau das ändern. Das gelingt über Seminare mit Verkostungen oder über eine entsprechende Beratung beim Verkauf.
Sie empfinden Ihren Beruf als den schönsten der Welt. Viele junge Leute teilen diese Auffassung nicht. Wie alle Handwerksberufe fehlt es auch in den Bäckereien an Nachwuchs. Woran liegt das?
Für das aktuelle Ausbildungsjahr sieht es bei den Bäckern zwar ganz gut aus, aber klar, das frühe Aufstehen schreckt junge Leute inzwischen schon davon ab, Bäcker zu werden. Dabei gewöhnt man sich wirklich daran, und es hat auch Vorteile: Im Sommer liegen meine Jungs um halb zwölf mittags im Freibad.