Die deutschen U-16-Fußballer verlieren in Stuttgart gegen Frankreich mit 0:2. Das ist nicht weiter schlimm, denn bei sämtlichen internationalen Nachwuchsturnieren dieses Jahres sind deutsche Mannschaften am Start – das hat es noch nie gegeben.

Stuttgart - Hansi Flick hat früh aufstehen müssen, morgens um drei Uhr klingelte in Bulgarien sein Wecker. Am Abend vorher war der DFB-Sportdirektor Zeuge geworden, wie die deutsche U 17 durch einen 1:0-Sieg gegen Russland das EM-Endspiel erreichte. Dann hat er sich in den Flieger gesetzt, um am nächsten Vormittag in Stuttgart nach dem Rechten zu schauen. Unrasiert zwar, aber pünktlich.

 

Ziel der Reise ist diesmal das traditionelle jährliche Schülerländerspiel gegen Frankreich, das erstmals in der Mercedes-Benz-Arena stattfindet. Die deutsche U 16 verliert zwar mit 0:2, doch sorgen fast 30 000 kreischende Kinder und Jugendliche auf der Tribüne immerhin für einen sehr stimmungsvollen Rahmen. Es wären sogar viel mehr gewesen, hätten wegen des Bahnstreiks nicht tausende von Schülern zu Hause bleiben müssen.

Es läuft gut für Hansi Flick und den deutschen Fußballnachwuchs, seit der 50-Jährige nach dem WM-Triumph von Rio de Janeiro die Seiten gewechselt hat. Assistent des Bundestrainers Joachim Löw war er acht Jahre lang – nun kümmert er sich als DFB-Sportdirektor darum, dass künftige Weltmeister aus den U-Teams hervorkommen. Die erste Zwischenbilanz nach neun Monaten lässt sich sehen: Bei sämtlichen internationalen Nachwuchsturnieren dieses Jahres sind deutsche Mannschaften am Start – das hat es noch nie gegeben.

Auf die EM der U-17-Junioren in Bulgarien folgen in den nächsten Wochen und Monaten die U-20-WM in Neuseeland, die U-21-EM in Tschechien, die U-19-EM in Griechenland und schließlich die U-17-WM in Chile. „Das ist ein Riesenerfolg und eine tolle Bestätigung für den DFB und die gesamte Bundesliga“, sagt Flick.

Davie Selke darf in Leipzig bleiben

Ein enger Austausch mit den Vereinen lag dem Sportdirektor besonders am Herzen, seit er im vergangenen September seinen neuen Job in der Frankfurter Verbandszentrale antrat: „Dort werden die Talente schließlich im Wesentlichen ausgebildet.“ Mit Verständnis reagierte Flick daher zuletzt auf den Wunsch der Bremer Sturmhoffnung Davie Selke (20), der aufgrund seines Acht-Millionen-Euro-Transfers zu RB Leipzig an keinem Nachwuchsturnier teilnehmen will. „Er wechselt den Verein, die zweite Liga beginnt früher, er soll sich von Beginn an in Leipzig integrieren“, sagt Flick. Solche Ausnahmefälle werde es je nach individueller Situation immer wieder geben, grundsätzlich allerdings gelte, „dass wir immer die besten Spieler eines jeden Jahrgangs dabei haben wollen“.

Davie Selke ist gleichzeitig ein gutes Beispiel dafür, wie sehr junge Spieler von internationalen Erfolgen profitieren können. Als Torschützenkönig führte der gebürtige Schorndorfer im vergangenen Sommer die U 19 in Ungarn zum EM-Titel – und avancierte anschließend auch in Bremen zum Torjäger. „Ohne das Selbstvertrauen des EM-Titels wäre er nicht so schnell so gut geworden“, meint Flick.

Hinter dem Stuttgarter Timo Werner (19) dagegen, der vor Selke der Stammstürmer war, auf das Turnier aber verzichten musste, liegt ein Jahr der Stagnation. Bei der nächsten U-19-EM im Juli wird der Stürmer aber dabei sein; auch der VfB-Innenverteidiger Timo Baumgartl (19) steht im erweiterten 30-Mann-Kader, den der Trainer Marcus Sorg nominiert hat. Antonio Rüdiger (22) wiederum wird wohl im Aufgebot für die U-21-EM in der zweiten Junihälfte stehen, das Horst Hrubesch am nächsten Dienstag benennt.

Mit dem stärksten Aufgebot

Anders als bei der EM 2013, als die U 21 in der Vorrunde scheiterte, sollen in Tschechien in Absprache mit Joachim Löw die besten Spieler an den Start gehen – neben Rüdiger Leute wie Kevin Volland (22) oder Max Meyer (19), die allesamt auch schon im A-Team dabei waren. „Mir ist lieber, sie spielen ein Turnier mit internationalem Vergleich, als dass sie bei uns womöglich 90 Minuten auf der Bank sitzen“, sagt Löw.

Das ist ganz im Sinne von Hansi Flick, der Stuttgart nach dem Schülerländerspiel schnell wieder verlässt. Am Freitag geht es zurück nach Bulgarien, zum EM-Endspiel gegen Frankreich (19 Uhr/Eurosport). Sein Wecker wird wieder sehr früh klingeln.