3000 Kilometer von der Heimat entfernt soll endlich wieder ein überzeugender Sieg her. So ein wenig bleibt der Trip der Weltmeister nach Georgien ein Abenteuer. Badstuber und Bellarabi müssen zu Hause bleiben.

Tiflis - Weiter Flug, Zeitumstellung, unbekannter Gegner - an der klaren Ansage von Manager Oliver Bierhoff änderten aber auch die kniffligen Umstände bei der Pflichtaufgabe in Georgien nichts. „Wir können uns keine Fehler mehr erlauben“, sagte der einstige DFB-Kapitän vor dem etwas mehr als vierstündigen Flug am Freitag von Frankfurt/Main ins 3000 Kilometer entfernte Tiflis.

 

In Vorderasien muss die derzeit um Form und Struktur ringende Fußball-Nationalmannschaft im EM-Qualifikationsmatch unbedingt drei Punkte einsammeln, um auf dem Weg zur Endrunde 2016 nicht noch mehr ins Schlingern zu geraten. „Da gibt es keine Panik. Die Mannschaft weiß, worum es in Georgien geht“, versicherte Assistenzcoach Thomas Schneider kämpferisch. Sein Chef Joachim Löw versicherte: „Wir sind selbstbewusst, werden Georgien aber nicht unterschätzen.“

Noch vor dem Aufbruch zum 900. Länderspiel der DFB-Historie reduzierte sich Löws Aufgebot auf 21 Spieler. Bayern-Verteidiger Holger Badstuber reiste wegen muskulärer Problemen nach München zurück. „Eine reine Vorsichtmaßnahme“, versuchte Schneider zu beruhigen. Den Leverkusener Karim Bellarabi zwang eine starke Erkältung zum Verzicht auf den Georgien-Trip. „Da wollen wir verantwortungsbewusst mit der Situation umgehen“, erläuterte Schneider die besondere Vorsicht bei Badstuber, der nach zwei Kreuzbandrissen erst in der Bundesliga-Hinrunde einen Muskelsehnenriss am linken Oberschenkel erlitten hatte und operiert werden musste.

Weltmeister Deutschland steht am Sonntag (18.00 Uhr MESZ/RTL) in der mit 54 549 Zuschauer ausverkauften „Boris Paichadze Dinamo Arena“ unter Druck. In Gruppe D liegt das Löw-Team mit sieben Punkten nach vier von zehn Spielen lediglich auf Platz drei hinter Spitzenreiter Polen (10 Zähler) und den punktgleich Iren. Für die angestrebte direkte Qualifikation für die Europameisterschaft 2016 in Frankreich ist mindestens Rang zwei notwendig.

„Wir werden uns keinen Fehltritt leisten, wir sind selbstbewusst genug“, sagte Schneider. „Wenn wir seriös bleiben und unsere Qualitäten einbringen, dann werden wir in Georgien als Sieger den Platz verlassen“, beruhigte der Bundestrainer ebenfalls die Fans.

Vor allem die sechs Weltmeister, die beim holprigen 2:2-Test gegen Australien noch geschont wurden, sollen in Tiflis für den qualitativen Unterschied sorgen. Manuel Neuer, der am Freitag seinen 29. Geburtstag feierte, steht wieder im Tor. „Manuel ist auf jeden Fall wieder fit“, kündigte Löw an. Bastian Schweinsteiger soll als Mittelfeld-Organisator für Stabilität sorgen. Dazu kehren Thomas Müller, mit vier Toren bester Torschütze in der Qualifikation, Jérôme Boateng, Mats Hummels und Toni Kroos in die Startelf zurück. „Es gab keine Probleme. Wir gehen davon aus, dass Bastian spielt“, sagte Löw zum geplanten DFB-Comeback von Kapitän Schweinsteiger.

Die taktische Ausrichtung soll bis zur Partie in Transkaukasien eine geheime Kommandosache bleiben. „Ob man auf Altbewährtes zurückgreift oder Neues probiert, wird man sehen. Wir wollen uns nicht in die Karten schauen lassen“, bemerkte Schneider zu Formation und System.

Auch das Abschlusstraining am Samstag in der 1,2-Millionen-Stadt Tiflis wird Löw nur kurz öffnen für die Medien. Chefscout Urs Siegenthaler hat sich vor Ort das jüngste 2:0 von Georgien, in der Weltrangliste nur auf Rang 126 geführt, gegen Malta angeschaut und analysiert. „Alle werden gut vorbereitet sein“, betonte Schneider.

An der aufgeregten öffentlichen Diskussion über das Experiment Dreierkette will sich die Sportliche Leitung bis zum Anpfiff nicht beteiligen. „Vielleicht spielen wir mit Dreierkette, vielleicht ohne. Wir haben auf jeden Fall das Spielermaterial, auch dort mit Dreierkette agieren zu können“, sagte Löws Vertrauter Schneider.

Einiges spricht aber auch dafür, dass der Bundestrainer seine Elf mit einem bewährten Vierer-Abwehrverbund in die „heiße Schlacht“ schickt, die Lukas Podolski erwartet. Dann könnte der Länderspiel-Frischling Jonas Hector wie schon gegen Australien mit dabei sein. „Mal schauen, was der Trainer sich überlegt. Es wäre natürlich schön“, sagte der 24 Jahre alte Kölner. Einige Varianten gibt es für die Besetzung der Positionen neben Schweinsteiger. „Es wird für den Trainer schwer, Entscheidungen zu treffen“, bemerkte Bierhoff. Toni Kroos, Sami Khedira, Ilkay Gündogan und Christoph Kramer stehen bereit.

Die letzten Erfahrungen von einem deutschen Auftritt in Georgien stammen aus dem Jahr 1995. Auf den Tag genau vor 20 Jahren siegte das DFB-Team in Tiflis durch zwei Tore von Jürgen Klinsmann mit 2:0. „Jeder Angriff wird von den Zuschauern mit Euphorie unterstützt werden“, vermutet Schneider: „Darauf müssen wir uns einstellen.“