Zwölf Jahre mussten die Fans auf den dritten Teil des Rollenspiels Diablo warten. Die Erwartungen sind entsprechend groß.

Stuttgart - „Warum hätten die Prüfungstermine nicht alle vor dem 15. Mai sein können?, fragt „Ironguard“ verzweifelt im offiziellen Diabolo-Forum. „Rakanishu“, im wirklichen Leben Berufsschüler, lässt sich von so etwas nicht aus der Ruhe bringen. Er kündigte vergangene Woche schon an: „Hole mir am Montag einen gelben Zettel vom Arzt, weil ich am Dienstag und Mittwoch krank sein werde. Donnerstag ist Feiertag und Freitag ist Brückentag.“

 

Auch wenn ihm einige daraufhin „Suchtverhalten“ vorwerfen: Für die meisten Fans ist Rakanishus Position absolut nachvollziehbar. Auf der Kölner Gamescom nahmen sie gar mehrstündige Wartezeiten in Kauf, um für eine Viertelstunde in das Spiel hineinschnuppern zu können. Noch viel länger, nämlich mehr als ein Jahrzehnt, mussten sie auf den dritten Teil warten. Nun ist es endlich so weit. Analysten gehen davon aus, dass sich „Diablo 3“ bis zu vier Millionen Mal verkaufen wird.

Das ist eine Menge für ein Spiel, das im Grunde nur daraus besteht, durch digitale Landschaften zu stürmen und auf alles zu klicken, was sich bewegt. Durchschnittlich 120 Mal betätigt ein Diablo-Spieler pro Minute die Maustaste. Der Zubehörhersteller Steel-Series bringt deshalb eigens eine Diablo 3-Maus mit einer garantierten Lebensdauer von zehn Millionen Klicks auf den Markt. Außer dem Kaufpreis investieren Spieler vor allem eines: Lebenszeit. Mit scheinbar unerschütterlicher Ausdauer klicken sie sich durch zigtausende von Skeletten, Zombies, Hexer und Dämonen.

Spielfiguren mit Gold aufwerten

Laut Erfinder Max Schaefer geht es bei Diablo primär „um einen Typen, der Monster umhaut und dabei Beutestücke findet“. Mit Gegenständen und Goldstücken können die Spielfiguren aufgewertet werden, um sie für noch größere Taten zu wappnen. In „Diablo 3“ gibt es erstmals ein Auktionshaus, in dem man nicht mehr benötigte Waffen und Rüstungen zu digitalem Gold machen kann. Oder zu echtem Geld. Denn wer zu wenig Zeit hat oder die Geduld nicht aufbringt, kann sich Zauberschwerter und goldene Rüstungen auch per Kreditkarte von anderen Spielern kaufen. Hersteller Blizzard verdient dabei stets mit. Für jeden verkauften Gegenstand wird eine geringe Transaktionsgebühr fällig.

Solche und andere Neuerungen werden in den Foren weltweit hitzig diskutiert. Denn Diablo-Spieler sind Traditionalisten, die mit großer Sorge auf jede Veränderung schauen. Ist die Grafik nicht doch etwas zu bunt ausgefallen? Hat Blizzard der bei nahezu allen Genres zu beobachtenden Anbiederung an den Massengeschmack widerstanden? Und vor allem: Ist „Diablo 3“ immer noch herausfordernd genug, um auch Hardcore-Spieler für Jahre an den Bildschirm zu fesseln?

Hopp oder Top

Es geht um Hopp oder Top, Zwischentöne lässt die Hingabe der Fangemeinde kaum zu. „Ich erwarte ein Meisterwerk – alles andere wäre eine Überraschung“, sagt etwa Felix Schütz, Diablo-Experte der Fachzeitschrift „PC Games“, die zum Start ein 100 Seiten starkes Sonderheft veröffentlicht. Falls die Prognose eintrifft, wird auch die Kritik daran, dass man zum Spielen selbst als Einzelkämpfer eine ununterbrochene Internet-Verbindung benötigt, schnell verstummen.

Das Geheimnis von Diablo ist, dass hinter der oberflächlich betrachtet stupiden Spielmechanik ein ebenso ausgeklügeltes wie höchst anspruchsvolles Rollenspielkonzept steckt, das nahezu unendlich viele Spielweisen und Strategien zulässt. Gleichzeitig werden die Spieler mit neuen, immer besseren Gegenständen und mächtigeren Fähigkeiten bei der Stange gehalten. Ehe man weiß, wie einem geschieht, findet man sich im Sog des „Nur noch einen Level weiter“ wieder, das Stunden auf magische Weise wie Minuten erscheinen lässt. Insofern trägt das Spiel den Namen des Herrn der Finsternis zu recht: es ist ein durch und durch diabolisches Spielvergnügen.