Das Paar hat sich in Bayreuth beim Tanzen kennengelernt. Von einem Tag auf den anderen sind die beiden nach Stuttgart gezogen, weil der die Arbeit war.

Zuffenhausen - Wenn Eheleute in diesen Wochen ganz Besondere, mehr als ein halbes Jahrhundert übergreifende Hochzeitsjubiläen feiern, fällt es nun wieder stärker auf: Zusammengefunden hatten sie einst in der Folge kriegsbedingter „Völkerwanderungen“. So war Johannes Bortlik, Jahrgang 1934, einst vor der heranrückenden Roten Armee aus Wroclaw, dem einstigen Breslau, geflohen und in Bayreuth gelandet. Und dort hatte er die junge Lina kennengelernt, mit der ihn nun schon 60 Ehejahre verbinden.

 

Ein stolzes Jubiläum und ein schöner Anlass, ein wenig in Erinnerungen zu schwelgen. Etwa wie das Paar sich kennengelernt hatte: „Beim Tanzen auf der Kirchweih“, sagt Lina Bortlik, „er hat eine flotte Sohle aufs Parkett gelegt!“ „Sie aber auch!“, erwidert der Jubelbräutigam das Kompliment und ergänzt: „Es gab ja nichts Anderes um sich zu treffen als den Tanz.“ Eine Halbe Bier für 30 Pfennige, für die ganze Zeit: „Die haben wir zusammen getrunken. Gegessen hat man zuhause.“

Der VW-Bus war unsere Hochzeitskutsche

Von einem Tag auf den anderen ging es dann nach Stuttgart. Der Onkel hatte für den Landmaschinenschlosser bei Fahrzeugbau Haller in Cannstatt eine neue Arbeit gefunden: „Am Freitag habe ich noch bei der alten Firma gearbeitet, am Samstag sind wir umgezogen, am Montag habe ich bei Haller angefangen“, erzählt Johannes Bortlik, der seinem ersten schwäbischen Arbeitgeber noch immer dankbar ist: „Er hat die Baugenossenschaft Zuffenhausen unterstützt, so haben wir hier eine Wohnung bekommen und eine neue Heimat gefunden.“

Geheiratet aber wurde 1955 noch in der fränkischen Heimat der Braut: „Der VW-Bus war unsere Hochzeitskutsche“, lacht Lina Bortlik. Der „Hochzeitssaal“: „Im Elternhaus wurden zwei Zimmer ausgeräumt“, erzählt sie, „aber früher ist man sowieso mehr zusammengerückt“, fügt der Ehemann hinzu. Ein „schönes Fest“ war es sowieso: „Eine Doppelhochzeit mit meiner Schwester. Meine Mutter hat schwäbisch gedacht“, sagt Lina Bortlik.

Zwei Töchter haben sie großgezogen, zwei Enkel sind ihnen auch beim Fest eine besondere Freude. Freude hatten sie aber auch bei den Gartenfreunden Neuwirtshaus: „Das war auch eine schöne Gemeinschaft“, betont Lina Bortlik, „den Sommer haben wir im Garten verbracht.“

Wir haben aufeinander Rücksicht genommen

Was aber ist das „Geheimnis“ einer so langen Ehegemeinschaft? „Wir haben viel miteinander gesprochen“, sagt der Ehemann, „und aufeinander Rücksicht genommen“ die Ehefrau, worauf Johannes Bortlik meint: „Jung gefreit, nie bereut! So war das früher, so ist das bei uns. Heute kennen sich die Leute zehn Jahre, heiraten dann und sind nach zwei Jahren wieder geschieden“.

Was sich die beiden zum Fest wünschen? Unisono antworten sie: „Dass wir gesund bleiben und noch ein paar schöne Jahre zusammen haben.“